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Editorial

Schwerpunkt

Open-Access

Astrid Séville  /  Julian Müller

»Die deutsche Streitkultur, das ist ja auch so eine Art Weltkulturerbe« Vom »Habeckisieren«, »Söderieren« und politischem Sprechen generell

Im Interview dieser Ausgabe unterhalten sich Katharina Rahlf und Volker Best von INDES mit Astrid Séville und Julian Müller über die Bedeutung von Sprache in der Politik. Anhand von aktuellen Beispielen der politischen Kommunikation zeigen sie Veränderungen und Trends im politischen Umgang mit Sprache auf.

Vazrik Bazil

Macht und Trost Über politisches Redenschreiben

Mit der Analyse des rhetorischen Seiltanzes zwischen den mythisch-kraftvollen Worten Zukunft und Fortschritt und der Scheu vor Floskeln beleuchtet Vazrik Bazil die Rede als (politisches) Macht- und Orientierungsinstrument – und als Wagnis, das die Möglichkeit des Missverstehens stets riskieren muss. So geht er der Frage nach einer guten Rede sowie nach guten Redner:innen auf den Grund und wie diese Beurteilung durch Erwartungen und Status beeinflusst wird.

Christopher Degelmann

Politik der Gerüchte und Gerüchte der Politik Hörensagen, Ruf und öffentliche Meinung in der attischen Demokratie

Was für eine Rolle spielten Gerüchte in der politischen Willensbildung der attischen Demokratie? Christopher Degelmann beleuchtet den Einsatz von Halbwahrheiten und Gerüchten auf den politischen Bühnen der griechischen Polis und vergleicht den antiken Umgang mit den aktuellen Debatten um Fake-News. Denn der Tratsch der Athener bietet uns auch eine andere Perspektive auf unsere Situation.

Fabian Schäfer

Konnektiver Zynismus Wie grenzüberschreitender Humor in den sozialen Medien die Demokratie stabilisiert[1]

Wir leben in einem Zeitalter des Zynismus – so lautet Fabian Schäfers Gegenwartsdiagnose. Welche Rolle dabei Soziale Medien spielen, wieso aus grenzüberschreitendem Humor eine Gefährdung der Demokratie erwachsen kann und warum gerade politische Zyniker:innen, die sich der herrschenden Ordnung widersetzen, ein äußeres Moralsystem brauchen, erläutert der Autor in seinem Beitrag über „konnektiven Zynismus“.

Christoph Driessen

Sprache als Spaltpilz Szenen flämisch-wallonischer Zerrüttung

Warum eine Autofahrt entlang der belgischen Sprachgrenze ob des französisch-niederländischen Sprachenwirrwarrs surrealen Charakter hat, schildert Christoph Driessen. Der Autor spürt den weit zurückreichenden Wurzeln des belgischen Sprachenstreits nach und rekapituliert die Geschichte eines häufig missverstandenen Landes, die in die heute Selbstisolierung der beiden Sprachgemeinschaften – der französischsprachigen Wallonen und der niederländischsprachigen Flamen – mündet.

Volker Best

I wish I was special, you´re so f***ing special Politische Kommunikation qua Pausenmusik beim CDU-Parteitag?

Parteitage sind professionell durchchoreografierte Veranstaltungen, bei denen wenig dem Zufall überlassen bleibt. In Zeiten des permanent campaigning kann ein gut organisierter Parteitag als Lackmustest für die Regierungsfähigkeit gelten. Auch Musik ist Kommunikation und die Texte der Musikstücke beim CDU-Bundesparteitag 2022 in Hannover erlauben Rückschlüsse auf die Situation der Partei. Sie zeigen: Der in 16 Merkel-Jahren weichgespülten Programmatik sollen in der Opposition wieder markante Akzente verpasst werden.

Perspektiven

Thorsten Hasche

Nach der liberalen Hegemonie? Konturen einer dilemmatischen Weltordnung

Thorsten Hasche entwirft eine kritische Zeitdiagnose und entfaltet die Krise der liberal-westlichen Hegemonie aus den historischen Konfliktlinien heraus. Was verraten uns die gegenwärtigen, jedoch historisch gewachsenen Konfliktfelder - etwa die Entwicklung des Irans oder der russische Angriffskrieg auf die Ukraine - über alternative Interpretationsmuster und eine mögliche Schließung der Lücke in der Weltordnung?

Charlotte Hüser

Kunst und Moral Der Einfluss von Political Correctness auf das Kunstfeld

Nicht zuletzt auf der documenta fifteen erschien Kunst mit dem Spannungsfeld von Political Correctness und Cancel Culture öffentlich konfrontiert. Charlotte Hüser verdeutlicht diesen Zusammenhang anhand etwaiger Beispiele zu Themenfeldern von Rassismus über Sexualität und Gewalt. Ein Plädoyer gegen die (Selbst)Zensur der Kunst – und für das Aushalten auch von „extremer“ Kunst und das Zulassen von Debatte, Interpretationsvielfalt und Selbstreflexion.