Kunst und Moral Der Einfluss von Political Correctness auf das Kunstfeld

Von Charlotte Hüser

„Kunst muss zu weit gehen, um herauszufinden, wie weit sie gehen darf.“[1] Diese fast 70 Jahre alte Aussage Heinrich Bölls scheint heute umstritten. In der Kunstszene wird vermehrt über die Political Correctness von Kunstwerken und Künstlern diskutiert. Dabei geht es häufig auch um die so genannte Cancel Culture, mit der die neue Art von Kritik an „Nicht-Erwünschtem“ bezeichnet wird. Die Debatte bewegt sich im Spannungsfeld von Macht, Deutungshoheit, Identitätspolitik, Gerechtigkeit, Zensur und der Streitkultur selbst.
Exemplarisch hierfür ist der Eklat auf der documenta fifteen im Sommer 2022. Die internationale Kunstausstellung mit dem interessanten neuen Ansatz einer kollektiven, nicht-eurozentristischen Kuration wurde letztlich komplett vom Antisemitismus-Vorwurf überschattet.

[1] Heinrich Böll, Wuppertaler Rede zur Freiheit der Kunst, in: Melos, H. 33 (1966), S. 393-395.

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Quelle: INDES. Zeitschrift für Politik und Gesellschaft, H.  1-2023 | © Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen, 2023