Vor dem Hintergrund seiner langjährigen soziologischen Erforschung des Phänomens Wohnen beantwortet Walter Siebel in einem ausführlichen Interview die zentralen Fragen, die um die funktionalen, sozialpsychologischen, sozialen und ökonomischen Dimensionen des Wohnens kreisen. Er geht ein auf alte und neue Formen des Wohnens, auf dessen Gestalt im Zeichen des vergangenen und gegenwärtigen gesellschaftlichen Strukturwandels und blickt hierbei auf untrennbar damit verbundene Phänomene wie Mietenexplosion, Reurbanisierung, das Verhältnis von Arbeit und Wohnen, von privater und öffentlicher Sphäre. Schließlich geht es um die Frage: Was eigentlich ist gutes Wohnen?
Adelheid von Saldern widmet sich in ihrem Beitrag den Wohnverhältnissen und mit diesen verbundenen Wohnkulturen der deutschen Klassengesellschaft im Zeitfenster zwischen Wilhelminischem Kaiserreich und dem Ende der Weimarer Republik. Sie arbeitet Differenzen zwischen den unterschiedlichen sozialen Schichten heraus und weist auf Transformationsprozesse hin.
Margaret Haderer geht in ihrem Beitrag auf das wechselseitige Prägeverhältnis von bundesrepublikanischer Wohnungspolitik, ordoliberalen Wirtschaftskonzepten und kulturellen Wertvorstellungen etwa im Bereich von Familien- und Geschlechterkonzepten ein.
Dirk Moldt liefert einen Überblick über die Hausbesetzungen im Ostberlin der Wendejahre, fragt nach deren Spezifika im Kontext einer breiteren Berliner Hausbesetzertradition und zieht nach drei Jahrzehnten ein Resumee der Wohnraumoccupationen.
Ludger Schwarte unterzieht die wesentlich arichtektonisch mitbestimmten gegenwärtigen Formen des Wohnens einer Fundamentalkritik. Die Architektur, so Schwarte, bestimmt, wie wir leben und (re-)produziert Unterdrückungsverhältnisse. Deshalb plädiert er für einen fundamentalen Bruch mit hergebrachten Architekturen und Wohnverhältnissen.
Auf der Grundlage zweier Fallstudien zu zwei Schweizer Großsiedlungen berichtet Eveline Althaus davon, wie Menschen das Wohnen in Hochhäusern erleben und kontrasitiert dies mit verbreiteten Außenansichten.
Sich dem zwar rein quantitativ überschaubaren, aber durch eine starke Symbolik öffentlich durchaus präsenten Phänomen und der konkreten Praxis des gemeinschaftlichen Wohnens zuwendend, interessieren Sylvia Beck die historischen und gegenwärtigen Konstitutionsbedingungen dieses Wohnkontextes sowie die motivationalen Aspekte, sich für eine solche Wohnform zu entscheiden, wobei sie nicht zuletzt auf die inhärenten Defizite solcher zumeist exklusiven wohnemanzipatorischen Bestrebungen hinweist.
Tobias Bernet zeigt die marktregulatorischen Fallstricke des gemeinnützigen Wohnungsbaus auf und benennt angesichts der virulenten Debatte um Sozialisierung von Wohnraum die zentralen Gründe einer keineswegs klaren Positionierung der genossenschaftlichen Wohnungswirtschaft zwischen etablierter gesetzlicher Rahmung zur Festlegung von Miethöhen und neuen, noch unter juristischem Vorbehalt getroffenen Regelungen zur Deckelung der Miete.
Wie es die nationalkonservative, populistische und EU-kritische polnische Partei PiS in der vergangenen Dekade vermochte, sich sukzessive als politisch bestimmende Kraft in Polen zu etablieren, beschreibt Alicja Polakiewicz in ihrem INDES-Beitrag, der eingeht auf die zunehmende Autokratisierung der polnischen Politik, wobei zuletzt die höchst zweifelhafte Justizreform und die Präsidentschaftswahlen den antidemokratischen Trend in der dominanten polnischen Politik nicht nur zu bestätigen scheinen, sondern geradezu eine nächste Eskalationsstufe markieren, die sich vor allem auch abbildet in der enormen EU-Skepsis und Brüssel nur mit stumpfen Sanktionierungsmitteln gegen das nicht EU-konforme Handeln Polens vorgehen kann. Vor allem in der polnischen Zivilgesellschaft aber sieht Polakiewicz eine starke demokratische Kraft in Polen.
Nach Betrachtung des derzeitigen staatlichen Krisenhandelns ist Andreas Kalina skeptisch ob der Rückkehr zum präpandemischen Zustand nicht nur der liberalen Demokratie Deutschlands, sondern auch jener Europas. Gerade in der mittels Notverordnungen regierenden Exekutive sieht den Carl-Schmitt-Moment eines paternalistisch-nationalistisch handelnden Staates, dessen behaupteten temporären Charakter er nicht über den Weg traut. Gleichwohl fragt er sich mit Schumpeter, inwiefern der pandemische Krisenzustand schöpferische Effekte zeitigen könnte. Etwa in der krisenbedingten Notwendigkeit der EU-Staaten, noch stärker miteinander zu kooperieren, sieht er das Potenzial weiterer EU-Integration, die er im Sinne einer liberal-individualistischen, nicht aber kommunitaristischen Gesellschaftsidee verwirklicht sehen will.
Klaus Wettig unternimmt eine Reise durch die Geschichte des SPD-Ortsvereins und die seit langem geführten Debatten um dessen Reformierung. Auf dieser Grundlage und angesichts aktueller Herausforderungen (u.a. Demographie, Digitalisierung) plädiert er für die Durchführung einer Orstvereinsstudie, die es der Partei ermöglichen soll, die Anforderungen an die Basisorganisationseinheit der Sozialdemokratie neu zu bestimmen sowie deren Struktur und Arbeitsweise neu auszurichten.