Orte der Transformation? Gemeinschaftliche Wohnprojekte zwischen Widerständigkeit und Vereinnahmung
Sie heißen etwa »Wohnsinn«, »Mehr als Wohnen«, »SchönerHausen« und machen oft mit ihrem Namen bereits deutlich, dass hier Wohnen nicht nur ein Dach über dem Kopf zu haben meint. Gemeinschaftliche Wohnprojekte wie diese hier nur beispielhaft genannten erfahren seit Beginn der 2000er Jahre und noch verstärkter seit den 2010er Jahren wachsendes Interesse. Und zwar sowohl seitens der Bevölkerung als auch von Politik und Verwaltung. In Debatten werden Wohnprojekte häufig mit emanzipatorischen Bewegungen der 1970er und 1980er Jahre und daraus hervorgegangenen Wohnformen assoziiert sowie mit veränderten Lebensvorstellungen begründet. Bisweilen werden sie aber auch hinsichtlich sozialer Herausforderungen programmatisch als gesellschaftlich gewinnbringend propagiert. Welche Ursachenzusammenhänge es dafür gibt, dass Menschen sich zunehmend für diese Wohnform interessieren und sie aktiv (mit)gestalten, wie sich im gemeinschaftlichen Wohnen konkreter Wohnalltag praktisch vollzieht und auch welche Relevanzen sich darin für heutige Lebensgestaltungen zeigen, wurde bislang jedoch wenig erforscht und grundlegend diskutiert. Gerade im Blick auf die konkrete Praxis liegt jedoch ein Schlüssel, um gemeinschaftliches Wohnen in seiner Bedeutung heute, seinem transformativen Potential, aber auch in der Gefahr seiner Instrumentalisierung auszuleuchten sowie kritisch und gewinnbringend weiterzudenken. Nach ersten Annäherungen an das Phänomen möchte ich diese Punkte im Folgenden ausführen. […]
Quelle: INDES. Zeitschrift für Politik und Gesellschaft, H. -2020 | © Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen, 2020