»Und dann, 1969 im Frankfurter Westend, hat eine Hauseigentümerin ein Haus aus dem 19. Jahrhundert rosa angestrichen. Und das wurde zu einer Ikone. « Ein Gespräch mit Walter Siebel über das Phänomen des Wohnens
Als Heidegger sich mit dem Phänomen Wohnen beschäftigte, fragte er: Was heißt nun Bauen? Daran anlehnend, möchte ich Sie zunächst ganz allgemein fragen: Was heißt nun eigentlich Wohnen?
Im Deutschen taucht das Wort Wohnen im Sinne von sedem habere, einen festen Ort haben, erst im Mittelhochdeutschen auf und ist somit eine ziemlich neue Begrifflichkeit. Wohnen in unserem Sinne, einen festen Ort in der Welt zu haben, beginnt wohl historisch überhaupt erst mit der Sesshaftwerdung der Menschheit, d. h. in Mesopotamien vor ca. 10.000 Jahren und in Nordeuropa erst vor 6000 Jahren. Wohnen als gesonderte Funktion eines Hauses gibt es in der deutschen Sprache erst im 15. Jahrhundert. Und es ist immer anzunehmen, dass eine soziale Tatsache in einer Gesellschaft erst dann existiert, wenn die Sprache dafür auch ein Wort gefunden hat. Übrigens gibt es das Wort Wohnraum, also die Bezeichnung eines Raumes, der nur dem Wohnen dient, in Deutschland erst seit dem 19. Jahrhundert. Diese Vorstellung von Wohnen ist also menschheitsgeschichtlich ein sehr junges Phänomen. Oder grundsätzlicher: Soziologisch lässt sich im Grunde kein ahistorischer und allgemeingültiger Begriff des Wohnens entwickeln. Max Weber hat in seinem Aufsatz zur Objektivität der Wissenschaft von der ewigen Jugendlichkeit der Soziologie geschrieben. Anders als in den Naturwissenschaften ist unser Gegenstand kein stabiler, dem in geduldiger Forschung immer näherzukommen wäre, denn er verändert sich laufend. Deswegen verbietet es sich für die Soziologie, ahistorisch, d. h. unabhängig von einer spezifischen Kultur oder Kulturepoche, gar unabhängig von schichtspezifischer Differenzierung, über Wohnen zu reden. Eine Definition des Wohnens funktioniert also nur in einem spezifischen Bezugssystem. Jenseits dieser kulturellen und epochenspezifischen Differenzierungen bliebe als allgemeiner Begriff von Wohnen lediglich das Merkmal des Schutzes vor den Unbilden der Natur. Und das unterscheidet nun das menschliche Wohnen gerade nicht von der Bärenhöhle. Wir können folglich nur idealtypisierende Begriffe von Wohnen bilden und es hochselektiv als das definieren, was es in einer bestimmten Situation, spezifisch für diese Situation auszeichnet. Hartmut Häußermann und ich haben gemeinsam in unserer »Soziologie des Wohnens« versucht, einen Idealtypus dessen, was Wohnen in unserer heutigen Gesellschaft, sagen wir seit dem 19. Jahrhundert, ausmacht, anhand von vier Fragen zu umreißen: 1. Was geschieht, wenn man wohnt? Das ließe sich als die funktionale Dimension des Wohnens bezeichnen. 2. Welche Bedeutung hat das Wohnen für die Menschen? Dies ist die sozialpsychologische Dimension des Wohnens 3. Wer wohnt in einer Wohnung zusammen? Das wäre die soziale Dimension, mit der Wohnen definierbar würde. 4. Wie verfügt man über die Wohnung? Das ist die ökonomische Dimension. Anhand dieser vier Fragen lässt sich ein moderner Typus des Wohnens, im Gegensatz zum vormodernen Wohnen des »ganzen Hauses«, wie Otto Brunner es beschrieben hat, bestimmen. Das moderne Wohnen ist einmal funktional definiert als ein Gegenüber zur beruflichen Arbeit. Wohnen ist im ersten Sinne ein Ort der Erholung und der Freizeit. Zweitens ist Wohnen ein Gegenüber der Öffentlichkeit. Wohnen ist ein Ort der Körperlichkeit, Intimität und Emotionalität – eben das Zentrum einer privaten Sphäre. In der sozialen Dimension ist, drittens, angelegt, gebunden zu sein an die familiale Lebensweise. Wenn Sie sich das ganze Haus im Mittelalter anschauen, war die Arbeit Grundlage des Zusammenwohnens und nicht etwa Verwandtschaft. Das moderne Wohnen ist charakterisiert durch das Wohnen in der Kleinfamilie. Und schließlich, viertens, ökonomisch, ist Wohnen eine Ware, die auf Märkten in der Regel durch Miete oder Kauf erworben wird. Im normativen Sinne ist das erstrebenswerte Ideal dieser Form des modernen Wohnens das Einfamilienhaus als Eigentum im Vorort einer Stadt.
Wie ist Wohnen von der Wohnung abzugrenzen?
Wie sich Wohnen nun materialisiert, in welchen Grundriss- und Bauformen, ist eine zweite Sache. Das lässt sich an den DIN-Normen des Bauens betrachten, die dem sozialen Wohnungsbau zugrunde liegen. Dort finden Sie genau das materialisiert, was ich soziologisch auszudrücken versucht habe. Die Wohnung ist ein Ort arbeitsfreien Tuns. Der größte Raum nach den DIN-Normen ist das Wohnzimmer, ein Raum, der sich einer klaren Zuordnung, was dort passiert oder passieren soll, entzieht, während alle Arbeitsfunktionen abgedrängt sind in die Küche. Die Grundrisse des Wohnens folgen der Logik, Wohnen zu inszenieren als eine von Verpflichtungen, von Arbeit, auch von den Arbeiten der Hausfrau befreite Form der Freizeit, der Kommunikation, des Sich-Erholens. Das zeigt sich sehr gut in der Hierarchie der Wohnung: Der nach Lage, Ausstattung und Größe privilegierteste Raum ist das Wohnzimmer, die Küche dagegen klein und in unattraktiver Position. Die klassische Familienwohnung hat dann noch Kinderzimmer mit Einzelbetten und elterliches Schlafzimmer, ebenfalls kleiner und in weniger attraktiver Lage. Hinzu kommt die Abgeschlossenheit der Wohnung als ein wesentliches Kriterium, um die private Sphäre zu sichern und vor dem Eindringen von Fremden zu schützen.
Brauchen Menschen eigentlich eine Wohnung?
Unter den heutigen Bedingungen und im materiellen Sinne keineswegs. Ich habe mir mal spaßeshalber überlegt: Ich bräuchte eigentlich nur eine Jahreskarte der Deutschen Bundesbahn. Da habe ich Sitzmöglichkeiten, die in den alten Wagen noch zu einer Liege ausziehbar waren, es gibt einen Speisewagen, eine Toilette und Waschmöglichkeiten, und das Ganze wird auch geheizt. Das heißt, es gibt Schutz vor den Unbilden der Natur und ein Minimum der Versorgung. Obendrein wäre ich nicht an einen Standort gebunden. Nur mit dem Schutz der Privatsphäre würde es etwas hapern. Es gibt keine unbedingte materielle Notwendigkeit, wohl aber eine soziale. Von einem ordentlichen Bürger wird erwartet, eine Wohnung zu haben und eine Adresse, an der er gemeldet und jederzeit erreichbar ist. Die Anerkennung als Gesellschaftsmitglied ist gebunden an eine Wohnung, die den Charakteristika des modernen Wohnens entspricht, die also abgeschlossen ist, Privatsphäre bietet, die Führung eines ordentlichen Haushalts erlaubt usw. Das alles sind Erwartungen, die sich nicht ohne Weiteres abstreifen lassen. So würde die Realisierung der Bahn-Idee wohl eher dazu führen, als etwas fragwürdige Existenz wahrgenommen zu werden. Und es würde wohl auch schwieriger, sein alltägliches Leben zu organisieren. Verglichen mit dem ganzen Haus hat die Wohnung an existenzieller Bedeutung verloren. Das moderne Wohnen sichert in erster Linie eine geschützte Sphäre der Intimität, der Körperlichkeit und der Emotionalität sowie eine Freizeit- und Konsumexistenz. Im Gegensatz zum vormodernen Wohnen ist es weitgehend bereinigt von produktiven Funktionen, und deshalb ist Wohnen heute angewiesen auf eine Stadt mit ihren sozialen und technischen Infrastrukturen, mit ihren Angeboten an Gütern und Dienstleistungen, ob nun privat oder öffentlich organisiert, die ein alltägliches Leben überhaupt erst ermöglichen. Aufgrund der heutzutage geringen minimalen Selbstversorgungsrate bedarf es also mehr als einer Wohnung um zu überleben, nämlich der Einbindung in Märkte und Infrastrukturen als einer wesentlichen Bedingung des modernen Wohnens.
Wie würden Sie Entwicklung und Wandel des Phänomens Wohnen seit der Weimarer Republik und besonders seit 1945 in der Bundesrepublik, auch in Abgrenzung zur DDR, beschreiben? Welche wesentlichen wohnevolutionären Zäsuren setzen Sie?
Erst ein paar Worte zur Abgrenzung gegenüber dem real existierenden Sozialismus. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts erschien August Bebels einflussreiches Werk »Die Frau und der Sozialismus«. Darin fanden sich wirklich revolutionäre Vorstellungen über ein qualitativ gänzlich anderes Wohnen als das bürgerliche. Da wurde Wohnen als minimalisierte Infrastruktur begriffen, und fast alle Wohnfunktionen sollten gesellschaftlich oder genossenschaftlich organisiert werden. Das ist eine radikale Abkehr von der Vorstellung der selbständigen Haushaltsführung durch eine Familie. Dahinter stand das Ziel, durch Vergesellschaftung der Funktionen, die eine Hausfrau normalerweise erfüllen muss, die Frauen aus ihrer repressiven Rolle zu befreien. Und das finden Sie im real existierenden Sozialismus überhaupt nicht. Der DDR-Wohnungsbau war, wie der soziale Wohnungsbau der Bundesrepublik auch, ausgerichtet auf das private, kleinfamiliale, von beruflicher Arbeit entlastete Wohnen. Was die sozialistischen Länder anders gemacht haben, betraf die Verfügung. Wohnen sollte in Form einer sozialen Infrastruktur bereitgestellt, nicht über Markt und Preise reguliert werden. Qualitativ jedoch unterschieden sich die Wohnvorstellungen im Sozialismus kaum von dem kleinbürgerlichen Ideal, das im Westen seit den 1950er und 1960er Jahren vorherrschte. Aber in den 1970er Jahren bereits begannen die Menschen – im wörtlichen und übertragenen Sinne –, aus dieser in wieder differenziertere Wohnformen auszuwandern. Die Fünfziger- und Sechzigerjahre sind gleichsam die Taille einer Entwicklung: früher gab es vor allem entsprechend der Schicht-, Klassen-, aber auch Berufszugehörigkeit sehr unterschiedliche Wohnformen; dann kam es zur Vereinheitlichung auf den Typus des privaten, von Arbeit befreiten, kleinfamilialen Wohnens, der sich in dieser Zeit hierzulande durchsetzte; und jetzt erfolgt wieder eine Ausdifferenzierung – und zwar in allen zu Anfang genannten Dimensionen des Wohnens, mit Ausnahme der ökonomischen: die Verfügung über die Wohnung ist immer noch im Wesentlichen über Miete und Kauf geregelt. Wie lässt sich Wohnen seit der Weimarer Republik entlang der beiden Pole gemeinnützig und marktliberal beschreiben, besonders bezüglich der Verschiebungen und Verlagerungen gesellschaftspolitischer Vorstellungen? Die Weimarer Republik war das goldene Zeitalter des sozialen Wohnungsbaus. Seine Grundlage ist die Weimarer Verfassung, die ein Recht auf Wohnen postulierte. Die Weimarer Republik verfügte über einen sehr erfolgreichen, öffentlich geförderten sozialen Wohnungsbau, im Wesentlichen finanziert über die Hauszinssteuer. Ein Wohnungsbau, der aber den Idealtypus des kleinfamilialen bürgerlichen Wohnens transportierte, nicht die sozialistischen Wohnvorstellungen des 19. Jahrhunderts. Im Nationalsozialismus wurde diese Wohnform überhaupt nicht angezweifelt. Das propagierte Kleinsiedlerhaus blieb weitgehend symbolisch und wurde nur sehr vereinzelt, aber nicht massenhaft umgesetzt. In den Fünfziger- und Sechzigerjahren kam es in der Bundesrepublik erneut zu einer Hochzeit des sozialen Wohnungsbaus – bis 1974 eine SPD-geführte Bundesregierung das Ende der Wohnungsfrage konstatierte und beschloss, den sozialen Wohnungsbau zurückzufahren. Fortan sollte die Versorgung mit Wohnungen wieder dem privaten Markt überantwortet werden, wie es vor dem Ersten Weltkrieg selbstverständlich gewesen war. Die Weimarer Republik war auch eine hohe Zeit der Genossenschaftsgründungen. Diese sind dann im Nationalsozialismus in der Vorläuferin der Neuen Heimat zusammengefasst worden, die in der Bundesrepublik fortgeführt wurde. Im Wesentlichen wurde der Wohnungsbau jener Zeit öffentlich organisiert und subventioniert und von privaten Bauunternehmen durchgeführt. Interessant ist das Beispiel Wien, das eine sehr viel höhere Kontinuität im sozialen Wohnungsbau aufweist. Der berühmte Wiener Gemeindewohnungsbau hat in den zwanziger Jahren auch in der Produktion auf öffentliche Organisation gesetzt und diese Tradition nie unterbrochen, was dazu geführt hat, dass in Wien heute zwei Drittel des Wohnungsbestandes entweder in genossenschaftlicher, gemeinnütziger oder kommunaler Hand sind. Dadurch kann die Stadt Wien den Wachstumsdruck seit der Jahrtausendwende besser bewältigen als Berlin – neben Dresden die einzige Stadt, die ihren kommunalen Wohnungsbau privatisiert hat.
Ein Aspekt, der das soziale und/oder genossenschaftliche Wohnen betrifft, schließt sich unmittelbar an: Auf wen zielte der soziale Wohnungsbau ab? Was ist die Idee sozialen Wohnens? Und wie steht es um dessen Einlösung?
Es ist der Versuch einer Antwort auf die Gerechtigkeitsseite der Wohnungsfrage, die Frage nach der Versorgung der unteren Schichten mit menschenwürdigen Wohnungen, weil der Wohnungsmarkt eine für menschenwürdig gehaltene Wohnung nur zu Preisen zur Verfügung stellt, die ein Großteil der Bevölkerung nicht bezahlen kann. Das genossenschaftliche Wohnen hat dabei mehrere Aspekte: Das eine ist ein beschränktes Kollektiveigentum der Genossen, teilweise auch ihre Beteiligung an der Produktion, und durchaus – das ist im Wiener Gemeindewohnungsbau noch sehr viel ausgeprägter – Versuche, bestimmte Haushaltsfunktionen gemeinschaftlich zu organisieren. Der Wiener Gemeindewohnungsbau hat anfangs auch das Baden und das Waschen der Wäsche und Ähnliches gemeinschaftlich, außerhalb der einzelnen Wohnungen organisiert. Aber das ist im Laufe der Zeit immer stärker zurückgegangen. Genossenschaftliches Wohnen ist also auch – zumindest in Ansätzen – ein anderes Wohnen (teilweise Vergemeinschaftung von Wohnfunktionen), ein anderes Produzieren (teilweise Mobilisierung von Selbsthilfe) und vor allem eine andere Form der Verfügung jenseits von Privateigentum und Markt.
Wenn wir heutige Wohnverhältnisse bewerten wollen, lassen sich – mit Blick auf kulturelle, milieuspezifische und individuelle Unterschiede in Geschmack und Präferenzen – überhaupt allgemeine Kriterien ausmachen, an denen sich »das gute Wohnen« bemisst?
Da kann ich sehr schlicht antworten. Das Erste und Wichtigste: Es muss bezahlbar sein. Zweitens braucht es eine abgeschlossene private Sphäre und, drittens, die Möglichkeit der selbständigen Haushaltsführung, wozu Toilette, Bad und Küche gehören. Viertens braucht es ein Zimmer pro Person. Um 1900 wurde Wohnungsnot statistisch definiert ab sechs Personen pro heizbarem Zimmer; bei uns fängt die statistisch registrierte Wohnungsnot an, wenn mehr Personen als Zimmer in einer Wohnung vorhanden sind. Und dann, das hatten wir schon kurz angesprochen, gibt es den »Vergabehaushalt «, womit gemeint ist, dass der Haushalt, der in einer Wohnung lebt, sein Leben nur organisieren kann auf der Basis des Eingebundenseins in eine außerordentlich komplexe, weitverzweigte technische und soziale Infrastruktur, die z. B. Kanalisation, Wasser- und Energieversorgung, aber auch die sozialen Infrastrukturen: Krankenhäuser, Kitas, Schulen, Kindergärten, Spielplätze usw. umfasst. Dazu gehört auch ein hochdifferenziertes Angebot privat oder öffentlich organisierter Güter und Dienstleistungen für den täglichen und den langfristigen Bedarf. Das heißt, diese Art des Wohnens wäre ohne eine funktionierende Stadt gar nicht denkbar. Und schließlich gehören dazu neben der sozialen und technischen Infrastruktur sowie funktionierenden Versorgungsmärkten auch bestimmte Standards der Umweltqualität im engeren Sinne, also Luftreinheit, keine Lärmbelästigung und Ähnliches. Das sind keine utopischen Kriterien, sondern im allgemeinen Bewusstsein, in Bauvorschriften und Förderrichtlinien festgelegte Ansprüche, die gewährleistet sein müssen, damit heute Wohnen möglich ist.
Wie beobachten Sie gegenwärtig die urbanen Entwicklungstrends – die Rede ist oft von Reurbanisierung – vor dem Hintergrund der hier zentralen Fragen des Wohnens? Was passiert derzeit mit der Stadt?
Mit dem Stichwort der Reurbanisierung sind, schlagwortartig, drei Trends gemeint: Der erste ist die Reurbanisierung der Arbeit. Die Industriegesellschaft hat Arbeit schon allein aus Platzgründen, aber auch aus Gründen der Umweltbelastung, der An- und Auslieferung von Gütern und Waren weitgehend außerhalb des Zusammenhangs der europäischen Stadt organisiert. Es waren harte Konflikte zwischen industrieller Arbeit und Wohnen. Rein physisch: Sie können das VW-Werk, wegen der Raumansprüche, der Umweltbelastung und der damit verbundenen Konflikte, nicht in die Struktur einer europäischen Stadt integrieren. Das ist anders in der Dienstleistungs- und Wissensgesellschaft. Mit diesem Strukturwandel der Gesellschaft entstehen Betriebsgrößen und Arbeitsformen, die sehr viel verträglicher sind mit anderen städtischen Funktionen. Und zudem sind diese auch stärker darauf angewiesen, innerhalb eines urbanen Zusammenhangs verortet zu sein. Das gilt für viele Dienstleistungen, aber auch für die Arbeitsplätze der Wissensgesellschaft, die abhängig sind von einem urbanen, anregenden Milieu und – weil sie stark projektförmig arbeiten – der Nähe zu Kooperationspartnern. Deswegen erleben wir, dass vor allem die Kernstädte zunehmend bevorzugte Orte für die heute expandierenden, anspruchsvollen und vor allem attraktiven Arbeitsplätze sind. Der zweite Trend ist die Reurbanisierung durch Zuwanderung. Zuwanderung ist immer auf die großen Städte gerichtet. Das hat viele Gründe. Ein zentraler betrifft die Arbeitsmärkte. So sind dort die für Zuwanderer zunächst leichter erreichbaren, weil geringere Qualifikationen voraussetzenden Arbeitsplätze in den personenbezogenen Dienstleistungen zu finden. Dann: Die große Stadt ist immer auch ein Ort, an dem Fremde leben, die urbane Lebensweise ist darauf ausgerichtet, das Zusammenleben von Fremden zu erleichtern, vor allem durch Distanz. Das heißt, der Zuwanderer unterliegt nicht so vielen scheelen Blicken, wie er es auf dem Dorfplatz erleben würde. Und dann haben wir noch das Phänomen der Kettenwanderung: Auch die Deutschen sind in den USA erst einmal nach Little Germany gezogen, dahin, wo schon ein Stück Heimat, vertraute Umgebung und Landsleute vorzufinden waren, und das war zunächst in den großen Städten. Zuwanderung stärkt deshalb zunächst die großen Städte. Der dritte Trend ist der Wandel der Frauenrolle. In dem Maße, in dem auch Frauen sich zunehmend über ihre berufliche Arbeit definieren, wächst der Bedarf der Entlastung von Hausarbeit. Neben dem Verzicht auf Kinder – den wir ja auch beobachten – ist einer der wichtigsten Wege, das zu erreichen, das Leben in der modernen Dienstleistungsstadt; die sich beschreiben lässt als eine Form der Vergesellschaftung von Hausarbeit. Alles, was früher innerhalb eines Haushalts erledigt wurde, findet man marktförmig oder staatsförmig organisiert in modernen Städten. Wer über genügend Geld verfügt, etwa einen gut bezahlten Arbeitsplatz in der Wissensökonomie hat, braucht praktisch keine Küche, müsste auch nicht selber putzen, waschen usw. Und, in großer Distanz zu den innerstädtischen Arbeitsmärkten der Wissens- und Dienstleistungsökonomie zu wohnen, kann schnell auch zeitlich wie geldlich zu teuer werden. Der Wandel der Rolle der Frau und flexibilisierte und individualisierte Arbeitszeiten führen also zu vermehrter Nachfrage nach den Innenstädten als Ort von Wohnen und Arbeiten.
Nun stehen verschiedene Wohnformen auch für verschiedene Lebensformen. Laut Rahel Jaeggi ist eine Lebensform »unbewohnbar«, wenn sie den mit ihr selbst gesetzten Zweck nicht mehr erfüllen kann. Halten sie das klassische Einfamilienhaus am Stadtrand – hinsichtlich demographischer und gesellschaftlicher Veränderungen – für ein solches, nicht mehr zeitgemäßes Konzept?
Der Typus des kleinfamilialen Wohnens – so oft und begründet er infrage gestellt wird – verschwindet ganz sicher nicht, auch weiterhin drängen junge Familien mit kleinen Kindern in das Haus mit Garten am Stadtrand. Aber die Dominanz dieses Wohnmodells als – auch im normativen Sinne – idealer Typus des Wohnens im Einfamilienhaus (ein sehr sprechender Name) und im Eigenheim wird verschwinden. Und dafür gibt es gute Gründe: Einmal verliert diese Lebensweise ihre soziale Basis, und zwar absolut und relativ. Relativ, weil die familiale Phase, die Zeit im eigenen Lebenslauf, die man in den klassischen Konstellationen von Eltern und Kindern in einer Wohnung verbringt, relativ zur insgesamt immer längeren Lebenszeit kürzer wird. Auch wird der Zeitraum vom Ende der Kindheit bis zur Gründung einer eigenen Familie und dem Berufseinstieg, die sog. Phase der Postadoleszenz, immer länger. Andererseits wird auch die Phase des leeren Nestes aufgrund der Verlängerung der Lebenszeit immer länger. Und dann haben wir noch das Phänomen der neuen Haushaltstypen: Wohngemeinschaften, Alleinerziehende, unverheiratet zusammenlebende Paare, living apart together (das Getrenntleben in festen Beziehungen), multilokales Wohnen – die Ferienwohnung auf Mallorca, aber auch die Zweitwohnung, wo man arbeitet. All das sind zunehmende Phänomene. Das gilt besonders für das Alleinwohnen, das Single-Dasein. Teilweise sind die Zahlen, die wir dazu haben, ein statistisches Artefakt. Aber 1964 waren fast fünfzig Prozent der deutschen Haushalte solche mit drei oder mehr Personen – die klassische Familie, der Anteil der Singlehaushalte betrug nur 25 Prozent. Im Jahr 2018 hat sich das Verhältnis genau umgekehrt. Nur noch ein knappes Viertel aller Haushalte stellt heute noch den klassischen Familienhaushalt dar. Die soziale Basis des modernen Wohnens verliert aber auch absolut an Bedeutung, denn viele gehen diese familiale Phase gar nicht mehr ein. Auch die ökonomische Basis dieser Lebensform, Stichwort Eigenheim, erodiert, denn Eigentumsbildung im Wohnbereich braucht stetiges Einkommen als Basis für die Kreditwürdigkeit eines Haushalts, weshalb Beamtenhaushalte die höchste Eigentumsquote aufweisen. Angesichts der Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt werden verlässlich über Jahrzehnte kalkulierbare Einkommen seltener. Und schließlich, wir sprachen davon, ändern sich die zeitlichen Strukturen, in denen der eigene Alltag organisiert ist. Das Leben in Suburbia, entfernt vom Arbeitsmarkt, setzt feste Arbeitszeiten mit klarem Anfang und klarem Ende voraus. Wenn sich aber mit der Flexibilisierung der Arbeitswelt die Trennung von Arbeits- und Freizeit zunehmend auflöst, verschwindet auch diese Voraussetzung der klassischen Wohnform.
Das kleinfamiliale Wohnen verliert also seine soziale und ökonomische Basis. Wie verändert sich das Wohnen durch die gesellschaftlichen Veränderungen auf funktionaler Ebene?
Die erwähnte Entgrenzung von Arbeit und Freizeit vollzieht sich auf zeitlicher und räumlicher Ebene – das ist durch Corona nochmal besonders in den Vordergrund gerückt. Wohnen wird (wieder) mehr zum Ort von Arbeit, vor allem von berufsbezogener Arbeit, wozu auch Aus- und Fortbildung zählen. Was bedeutet das für die Zukunft? Die Flächenansprüche an Wohnung dürften sich erweitern, weil Schulkinder wie Erwachsene Arbeitszimmer brauchen. Das bedeutet aber auch die Infragestellung von Wohnung als Ort geschützter Privatsphäre. Die Wohnung wird technisch mit dem Büro verbunden, im Zuge der Durchsetzung von Smart Homes vollgestopft mit intelligenten Haushalts- und Kinderspielgeräten, die riesige Datenmengen aus der Privatsphäre saugen. Fernseher, Computer und andere Geräte haben kleine Augen, Spielgeräte können Gesichter erkennen, Sprache wahrnehmen und all das prinzipiell auch nach außen weiterliefern. In dem Maße, in dem etwa Unternehmen oder Geheimdienste ein Interesse daran haben, geschieht das ja bereits. Die private Sphäre ist heute keineswegs mehr durch Schlösser, Türen und Vorhänge zu sichern.
Was bedeutet das Verschwimmen von Privat und Öffentlich für die sozialpsychologische Konstitution eines Wohnenden?
Man muss die Ambivalenz dieser Entwicklungen betonen. Es gibt zunächst einmal große mögliche Gewinne. Die strikte zeitliche und räumliche Trennung von Arbeit und Freizeit, die Polarisierung des ganzen Alltags ist auch ein festes Korsett, das das Individuum einschnürt. Dem Einzelnen wird die inhaltliche und zeitliche Struktur seines Alltagslebens vorgegeben. Im Pariser Mai gab es den Slogan »Métro, boulot, dodo« (»Pendeln, Malochen, Pennen«) gegen diese fordistische Organisation des Alltags. Die parallelen Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt, im Wohnbereich und im Alltagsverhalten, die angesprochenen Tendenzen der Rückverlagerung von beruflicher Arbeit in die Wohnung und das Verschwimmen der Grenzen von Freizeit und Arbeit können auch als Chance zu einer neuen Einheit des Alltags begriffen werden – und zwar eines selbstbestimmten; das Subjekt entscheidet darüber, wann wo was es tut und lässt. Als Hochschullehrer kann ich diese Einheit des Alltags leben. Ich kann weitgehend darüber bestimmen, was ich mache, wo ich es mache und wann ich es mache. Das ist ein Privileg. Es eröffnet sich also objektiv die Chance einer selbstbestimmten neuen Einheit des Alltags. Im vormodernen bäuerlichen Leben gab es diese Einheit auch, allerdings unter Bedingungen von extremer Knappheit, Armut und nicht beherrschter Natur. Heute bringen die Anforderungen der Berufswelt die Gefahr der Überwältigung, der Kolonialisierung der freien Zeit, auch des Wohnens und des Familienlebens mit sich. Flexibilisierung und Entgrenzung bergen die Gefahr, dass die beruflichen Anforderungen und deren Rationalitätspostulate unentrinnbar werden: selbstbestimmt definierte Arbeit kann auch heißen, immer höheren Standards genügen und immer noch mehr und noch besser arbeiten zu müssen, sodass für verpflichtungsfreies Tun und wirkliche Freizeit kaum Gelegenheiten bleiben. Der Feierabend verschwindet. Der immerhin war dem Arbeiter am Fließband, an dem Henry Ford das T-Modell produzieren ließ, abends und sonntags gewiss. Diese Form der, mit Habermas gesprochen, Kolonialisierung der Lebenswelt durch berufliche Anforderungen, birgt gerade unter Bedingungen prekärer Arbeitsverhältnisse und angesichts der gegebenen Machtverhältnisse zwischen Arbeit und Kapital die Gefahr, dass nicht das Subjekt über diese Einheit des Alltags bestimmt, sondern die berufliche Arbeit die nicht beruflichen Tätigkeiten zunehmend an den Rand drängt und überwältigt. Dies gilt auch für die Ambivalenz sich wandelnder Rollenbilder. Im 19. Jahrhundert beruhte die Rolle der Hausfrau auf ungleicher Verteilung von Arbeitschancen zwischen den Geschlechtern und die des Rentiers auf Herrschaft, mithin auch auf Zwang und Repression. Aber beide galten als anerkannte Existenzmöglichkeiten, die nicht dem Primat beruflicher Rationalität unterworfen waren. Die Orte, Zeiten und Rollen, in denen zumindest die Idee eines Lebens jenseits des Zwangs zur Arbeit bewahrt ist, jene Elemente, die auch immer einen Vorgriff auf etwas Besseres, Selbstbestimmtes enthalten können, werden zunehmend an den Rand gedrängt – und das in einer Situation, in der die Chancen, anders zu leben, objektiv größer geworden sind.
In welchem Entwicklungsverhältnis sehen Sie städtisches und ländliches Wohnen zueinander? Und was prognostizieren Sie für dieses Verhältnis?
Zunächst, im Weltmaßstab haben wir einen ungebrochen hochdynamischen Prozess der Verstädterung. 1950 gab es auf der Welt zweieinhalb Milliarden Menschen und siebzig Prozent davon war Landbevölkerung. Nach einer Prognose der UNO werden 2050, hundert Jahre später, neun Milliarden Menschen auf der Welt leben und siebzig Prozent davon in den Städten. Bei einer Verdrei- bis Vervierfachung der Weltbevölkerung kehrt sich zugleich das Stadt-Land-Verhältnis um, die Dynamik ist atemberaubend. Heruntergebrochen auf die Bundesrepublik ist zu konstatieren, dass die Stadt-Land-Differenz sich historisch stark gewandelt hat. Bedeutete Land im Mittelalter Selbstversorgung im ganzen Haus, feudalistische Herrschaftsstrukturen und nicht marktförmige Ökonomie, hieß Stadtgesellschaft marktförmig organisierte Ökonomie und Frühform demokratischer Selbstverwaltung. In diesem sozial tiefgreifenden Sinne gibt es heute keinen Gegensatz zwischen Stadt und Land. Marktwirtschaft, Demokratie, Bürokratisierung finden Sie überall. Und mit der Industrialisierung der Landwirtschaft und einer Vielzahl mittelständischer Unternehmen, die in ländlich strukturierten Regionen hoch erfolgreich sind, schwinden auch die Unterschiede in der Art und Weise der Arbeit. Womöglich informativer als die Stadt-Land-Differenz ist wohl die quer dazu liegende Unterscheidung zwischen strukturschwachen und prosperierenden Regionen. Es gibt strukturschwache ländliche Regionen mit hoher Abwanderung als Folge und es gibt strukturschwache hochorganisierte Regionen – ein Beispiel ist das Ruhrgebiet. Und es gibt im klassischen Sinne strukturschwache ländliche Regionen, die hochproblematisch sind, vor allem in Randgebieten von Niedersachsen, Bayern, Rheinland-Pfalz und in den östlichen Bundesländern. Seit der Wende gibt es eine massive Land-Stadt- Wanderung, die zugleich für lange Zeit eine massive Wanderung von Ost nach West war. Dies verschärft Probleme in den Abwanderungsgebieten: Es gibt immer weniger Menschen, die immer älter und im Durchschnitt immer weniger qualifiziert und kaufkräftig sind, mit Folgen für die Versorgung mit Infrastruktur, etwa des Gesundheitswesens, der Schulen, des Verkehrs. Dadurch verliert das Land etwa für die Ansiedlung von Arbeitsplätzen an Attraktivität, vor allem auch wegen der hohen sozialen Selektivität bei der Wanderung. Wandern tut, wer wandern kann und wandern will – die jungen, die beweglichen, die bildungsorientierten Menschen, mehr Frauen als Männer – und nur selten kehren diese etwa zurück aus Universitätsstädten. Das wird dazu führen, dass Mitte der 2020er Jahre eine Großzahl der neu zu besetzenden Landarztpraxen vakant bleibt. Wenn Sie sich jetzt einen 30-jährigen Mann, relativ gering qualifiziert, auf einem Dorf mit wenig Beschäftigungsmöglichkeiten und nur wenigen dort verbliebenen Frauen, vorstellen – dann stehen die Chancen auf gesellschaftliche Normalität, nämlich Beruf, Frau und Kinder zu haben, dort viel schlechter. Was bleibt viel übrig, um Selbstbewusstsein zu entwickeln, als der Stolz darauf, Deutscher zu sein? In den ostdeutschen Bundesländern ist das stellenweise in einer bemerkenswerten Zuspitzung zu beobachten.
Sie haben einmal gesagt, mit der Zuwanderung in die Stadt sei immer ein Befreiungsgedanke verbunden. Urbanem Wohnen aber werden nicht nur positive Effekte zugeschrieben. Ist die Entscheidung für die Stadt also nicht vielmehr durch Gelegenheitsstrukturen zu begründen?
Der US-amerikanische Ökonom Richard Florida sagt, dass die hochqualifizierten Arbeitskräfte sogar bereit sind, auf Einkommen zu verzichten, um sich in urbanen Milieus niederlassen zu können, weshalb die Arbeitgeber, die auf diese hochqualifizierten jungen und urban orientierten Arbeitskräfte angewiesen sind, auch jenseits der genannten Gründe gezwungen sind, sich objektiven ökonomischen Faktoren als etwas gewichtiger einzuschätzen als die kulturellen. Bei Migranten ist meist nicht das urbane Milieu, sondern zunächst die Nähe zu dort wohnenden Landsleuten wichtig, das Dorf in der Stadt sozusagen als ein Brückenkopf der eigenen Heimat in der Fremde. Und ich komme noch einmal auf die Emanzipation der Frau zurück: Die ist ohne Stadtmaschine nicht denkbar. Eine Frau, die Kinder hat, kann sich nicht voll auf ihren Beruf konzentrieren, wenn es keine Kita und keine Ganztagsschule gibt; die eben häufiger in den Städten zu finden sind. Zudem gibt es dort billige, meist weibliche, zugewanderte Arbeitskräfte, die ihr die gesamte Haushaltsarbeit abnehmen. Trotzdem spielt das urbane Milieu jenseits dieser handfesten Gründe eine Rolle – ohne Zweifel. Ich halte es nur nicht für dominant.
Und doch bietet städtisches Wohnen auch Möglichkeiten der Selbstinszenierung.
Hartmut Rosa begründet die Attraktivität städtischen Wohnens u. a. mit der
zwanghaften Orientierung, möglichst viel Welt in Reichweite zu bringen. Hiernach
liegt städtischem Leben ein Resonanzversprechen zugrunde, das sich aber
unter den Zwängen ständiger Beschleunigung, Steigerung und Innovierung in
Entfremdung verkehren kann. Auf der anderen Seite steht dem Idealtypus des
jungen dynamischen Berliners der Depravierte gegenüber, dem es nicht um Performanz,
sondern um ökonomische Notwendigkeiten geht. Wie ist diese Auseinanderentwicklung
zu denken?
Ich stimme Hartmut Rosa zu, die Hoffnungen, die viele mit der Umsiedlung in die Stadt – oder vielmehr dem Verbleiben im urbanen Milieu nach dem Studium – verbinden, bleiben aufgrund der Tendenzen, die wir bereits als Gefahr thematisiert haben, oftmals unerfüllt: nämlich die Überwältigung, des an-den-Rand-Drängens durch berufliche Anforderungen, sodass praktisch keine Zeit mehr bleibt, um genießen und erleben zu können, was man sich von der Einbindung in das urbane Milieu versprochen hat. Insofern können Beschleunigung und die Steigerung beruflicher Anforderungen solche Hoffnungen konterkarieren. Wir sollten aber noch grundsätzlicher über Urbanität reden, indem wir ihre Ambivalenz stärker herausarbeiten. Gerade das, was an der Stadt immerzu kritisiert und unter Atomisierung und Entfremdung gefasst wird, ist gleichsam die Voraussetzung für die urbanen Verheißungen. Robert Ezra Park hat einmal geschrieben, in der großen Stadt müsse man nur eine Straße überqueren, um ein neues Leben zu beginnen. In einem Flickenteppich von unterschiedlichen Milieus kann ich also sinnbildlich eine Straßenbreite entfernt neu anfangen. Als Hermännchen in der Heimat-Trilogie von Edgar Reitz nach München zieht, glaubt auch er, hier könne er sich neu in den Städten anzusiedeln. Da ist sicher etwas dran. Wir sprachen ja bereits über die Reurbanisierung von Arbeit. Ich neige nur dazu, die materiellen underfinden, weil ihn dort niemand kenne, der sagt: »Du bist doch …«. Gerade in der Anonymität, der Einsamkeit, der Isolation steckt also auch die ungeheure Chance, nicht an die alte Identität gebunden zu sein, nicht von Nachbarn und Verwandten auf den rechten Pfad zurückgerufen zu werden. Das ermöglicht abweichendes Verhalten und damit immer auch Individuierung. Die andere Seite der Anonymität, der – in Simmels Worten – Blasiertheit, Gleichgültigkeit, Distanziertheit ist also die Abwesenheit sozialer Kontrolle, wie sie im Dorf alltäglich ist. Das ist die negative Voraussetzung für die Chance, anders zu sein und damit eine entscheidende Bedingung der Hoffnungen und Versprechen urbanen Lebens. Die positive Voraussetzung von Individualisierung und Freiheit ist die Fülle von unterschiedlichen Lebenswirklichkeiten, die die Stadt bietet. Wenn ich in einem Milieu genügend Leute meinesgleichen finde, habe ich auch eine Basis für die Entwicklung einer Infrastruktur, die ich für eine entsprechende Lebensweise brauche, dies gilt auch für unterschiedlichste Berufsrollen. Die Stadt als ein Ort des Fremden, wie ich Stadt definiere, ist deswegen auch bevorzugtes Ziel von Zuwanderung, weil die urbane Lebensweise den anderen leben lässt, wie er lebt. Welcher Religion er angehört, wie er sich kleidet, wie er ist – jeder kann nach seiner Façon selig werden, weil die anderen sich nicht um ihn kümmern. Das ist zugleich eine Voraussetzung für die hohe Integrationsfähigkeit von Städten. Ein Äquivalent zur Ambivalenz von Isolation und Freiheit, von Vereinsamung und Selbsterfindung, die wir in der urbanen Stadt beobachten, gibt es auch im ländlichen Leben. Dürkheim hat beschrieben, welchen vielfältigen sozialen Kontrollen das Leben im engen sozialen Geflecht der Kleinstadt oder des Dorfes unterworfen ist. Zugleich wird das Landleben vielfach verherrlicht – bisweilen zu Recht. Schließlich bedeutet Land auch ein Stück Heimat, in einem Ort gekannt und wiedererkannt zu werden, vertraute Menschen zu treffen und sich geborgen zu fühlen in einer überschaubaren, ungefährlichen Umwelt. Das ist das Versprechen des Dorfes.
Progressives Leben heißt also städtisches Leben?
Ich glaube, dass die Affinität zu reaktiven Ideologien häufig eine Form der Verarbeitung von Verlusterfahrung ist. Eine heile Welt geht verloren – und umso verzweifelter und unbeweglicher wird sich daran geklammert. Auch Formen der Dogmatisierung des muslimischen Glaubens und der Rückzug auf eine eigene Herkunftsidentität treten hier im Zuwanderungsland häufig als Reaktion auf versagte Integrationshoffnung auf. Und dass reaktionäre Bewegungen in ländlichen Regionen sehr erfolgreich sein können, lässt sich, someine ich, zu einem Großteil erklären durch diese Form von Abstiegserfahrung und das Gefühl, in seiner gewohnten Identität bedroht zu sein. Wenn diese nicht bedroht ist, gibt es nicht viel Anlass, dies gleichsam regressiv zu verarbeiten. Was aber schon hohl geworden ist, kann dogmatisiert, verhärtet und repressiv werden. Jedoch ist Land heute ebenso unterschiedlich wie Stadt. Es gibt hoch kompetitive ländliche Regionen mit vielen berühmten Hidden Champions. Weltmarktführer des deutschen Mittelstandes sitzen sehr oft in ländlichen Regionen, Klein- und Mittelstädten, keineswegs nur in den Großstädten.
In unseren bisherigen Betrachtungen herrscht ein deduktiver Zugang zum Wohnen vor: Die Art und Weise, wie gewohnt wird, lässt sich so im Lichte objektiver gesellschaftlicher Veränderungen beschreiben. Inwieweit ist aber das Wohnen selbst ein Ort, an dem andere Entwürfe des Lebens gedacht werden?
Es gibt ja den Spruch: Wenn du wissen willst, wer ich bin, musst du dir ansehen, wie ich wohne. Diese Hoffnung, sich in der eigenen Wohnung als eigenständiges autonomes Individuum zur Geltung bringen zu können, ist sicher ein ganz wesentliches Moment – gerade in dem Maße, in dem es in der beruflichen Arbeit nicht möglich ist. Doch Habermas hat schon Anfang der 1960er Jahre darauf hingewiesen, dass das Verhältnis von Arbeit und Freizeit empirisch leider nicht dahingehend gestaltet ist, in der freien Zeit gleichsam die Verluste an Autonomie und Qualifikation zu kompensieren. Würde dies zutreffen, müsste der Fließbandarbeiter eine besonders elaborierte Freizeit haben. Dem ist aber nicht so, wir haben es eher mit einem Spill-over-Effekt zu tun: Arbeit wiederholt sich auch in der Freizeit durch ähnlich repetitive Verhaltensweisen. Das ist ein empirisches Argument, was aber nicht dazu berechtigt, Menschen abzusprechen, in der eigenen Wohnung wirklich bei sich zu sein. Solange es diesen Anspruch gibt – und es gibt ihn, egal wie er sich ausdrückt –, liegt darin auch kritisches Potenzial, selbst wenn er aus ökonomischen Gründen, Erschöpfung oder anderen Gründen nicht realisierbar ist. An der Veränderung der Küche zeigt sich viel davon. Die Architektur- Avantgarde des Neuen Bauens hatte in den 1920er Jahren ein Feindbild: die Wohnküche. Das Gewusel, das Durcheinander galt als irrational und schmuddelig. Es sollte deshalb beseitigt werden zu Gunsten des rationalen, hoch produktiven und effizienten, zudem billigeren und professionelleren Gegenbildes der fordistischen Fabrik. Die Architektin Margarete Schütte-Lihotzky hat sich daran orientiert, als sie 1926 die berühmte Frankfurter Küche entworfen hat. Sie analysierte entsprechend den Prinzipien Taylors zur Rationalisierung der industriellen Arbeit mit Stoppuhr und Zentimetermaß die Bewegungsabläufe einer mittelgroßen Hausfrau, zerlegte diese in kleinste Handlungen und setzte sie neu zusammen, sodass sie zeit- und kraftsparender erledigt wurden. Daraus entwarf sie eine Küche von sechseinhalb Quadratmetern. Dort konnte das, was die Frau zu tun hatte, nämlich Kochen Waschen, Bügeln und andere Hausarbeiten viel effizienter erledigt werden, aber Wohnen als vermischtes, gekoppeltes Tun war hiermit nicht mehr möglich. In dieser Küche konnte sich kein Familienangehöriger aufhalten. Und zugleich wurde damit die Hausfrauenrolle festgeschrieben. Emanzipation fand – hoch eindimensional – durch Rationalisierung statt. Es war eine Befreiung von Arbeit bei gleichzeitiger Festschreibung der Hausfrauenrolle. Die Arbeitsküche wurde schließlich auch zum Standard im sozialen Wohnungsbau, wenn auch nicht in dieser extremen räumlichen Verknappung. Heute dagegen ist das Ideal wieder die Wohnküche: ein großer Raum, in dessen Mitte der Herd als eine Art Bühne steht, auf der Kochkunst inszeniert wird – mit einem Mal auch durch die Männer. Im Vordergrund steht nicht mehr Nahrungsmittelzubereitung als Arbeitsfunktion, sondern das Zelebrieren kreativer Kochkunst coram publico. In beiden Idealen, der industriellen Rationalisierung im Sinne der Erleichterung von Arbeitstätigkeiten ebenso wie in der inszenierten Befreiung von der Notwendigkeit, selbst zu kochen, drückt sich der Wunsch aus, Arbeitslast zu verringern – im ersten Fall durch eine stückweite Befreiung von Arbeit auf dem fordistischen Weg der Produktivitätssteigerung, im zweiten Fall durch eine objektive Befreiung von Notwendigkeiten, zumindest für Wohlhabende. In dieser doppelten Perspektive bietet der Wandel der von Grundrissen sprechendes Material: Was in den zwanziger Jahren Feindbild von Architekturavantgarde und Wohnungsreformern war, ist heute gleichsam ein Kernstück der Inszenierung von Wohnen geworden. Dasselbe räumliche Arrangement, die Wohnküche, hat im Zuge der Veränderung des sozialen und politischen Kontextes einen neuen sozialen Sinn erhalten.
In welchem Verhältnis befinden sich nun gebaute Umwelt und soziales Wohnen, architektonischer Gestaltungswille und der notwendige Anspruch gesellschaftlichen Miteinanders zueinander?
Wir haben ja am Beispiel der Wohnküche und ihrer heutigen Wiederauferstehung bemerkt, wie interpretationsfähig und -bedürftig räumliche Strukturen sind. Dasselbe können Sie sich auch bei der Umwertung des Wohnungsbaus aus dem 19. Jahrhunderts vorstellen. Es gab in den 1950er- und 1960er Jahren Zuschüsse dafür, Putten, Pilaster und Bänke von den Fassaden abzuschlagen, um Häusern der Jahrhundertwende durch diese Entstuckung etwas von der Kargheit des Neuen Bauens zu verleihen. Und dann, 1969 im Frankfurter Westend, hat eine Hauseigentümerin ein Haus aus dem 19. Jahrhundert rosa angestrichen. Und das wurde zu einer Ikone. Auf einmal galt die Wohnsubstanz des 19. Jahrhundert als attraktiv und aufwertbar. Und so wichen Flächensanierung und neuer Wohnungsbau am Stadtrand den Bemühungen um Erhalt und Aufwertung der innerstädtischen Wohnungen. Das sind gewiss auch modische Erscheinungen, aber auch die Grundrissqualität zeitigte Effekte. Die Grundrisse des sozialen Wohnungsbaus sind sehr stark hierarchisiert, der Wohnraum als Ort von Erholung und Freizeit dominiert Arbeits- und Individualräume. Und diese strikt hierarchisierten Räume sind z. B. für Wohngemeinschaften äußerst unpassend. Wie will ich die aufteilten? Dasselbe Problem stellt sich mit der Auflösung der strikten Arbeitsteilung zwischen Mann und Frau oder mit der Aufwertung der Rolle von Kindern. Die Hierarchisierung nach Lage, Größe, Ausstattung und anderen Qualitätsmerkmalen der einzelnen Räume ist immer weniger mit der modernen Lebensweise verträglich. Die Altbauwohnungen des 19. Jahrhunderts haben im Gegensatz dazu oft relativ neutrale Grundrisse. Und damit sind sie womöglich auch eine, wenngleich weiterhin begrenzte Antwort auf den Widerspruch zwischen der Immobilität der Wohnbausubstanz und der hohen Mobilität der Lebensweisen und deren Anforderungen. Wie lässt sich dieser Widerspruch auflösen? Es gibt einmal das liberale Ideal: ein Wohnungsmarkt, der für die verschiedensten Wohnformen jederzeit ein zugängliches, verfügbares, bezahlbares, entsprechend differenziertes Angebot bereithält. Das kann der Wohnungsmarkt aber nicht, jedenfalls nicht in einer für die Mehrheit bezahlbaren Weise. Dann gibt es die zweite, technische Lösung mittels zu verschiebender Wände. Das aber zeitigt der hohen Kosten wegen ebenso ökonomische wie auch soziale Grenzen. Schließlich müsste mein alleinlebender Nachbar gegebenenfalls bereit sein, mir im Falle des erhöhten Platzbedarfs, etwa weil ich für mein Home-Office ein Arbeitszimmer brauche, ein Zimmer abzugeben, indem wir die Wand zwischen uns verschieben. Eine dritte Antwort auf die Diskrepanz zwischen stabiler Bausubstanz und sich wandelnden Anforderungen hat ein befreundeter Architekt mir einmal gegeben: Das Wandlungsfähigste, was es gibt, sei eine große Wohnung mit nichttragenden Wänden und ein Vorschlaghammer. Dann habe ich Platz und kann, da mir alles gehört, machen was ich will. Das ist aber nur für die Wohlhabenden mit Eigenheim eine Lösung. Was bleibt dann eigentlich noch? Es bleibt, um auf die Frage zurückzukommen, dass wir eine große Distanz zwischen der gebauten Umwelt und dem sozialen Leben, das sich darin abspielt, akzeptieren und sogar fordern müssen. Das hieße z. B.: neutralere Grundrisse. Beim sozialen Wohnungsbau wurde ein zu statischer Zugang gewählt, man glaubte zu wissen, wie in den nächsten hundert Jahren richtiges Wohnen aussieht. Architektur aber sollte sich, gerade auch wegen der Veränderlichkeit der Anforderungen, nicht exakt an gegenwärtige Wohnideale anpassen. Vielmehr muss im Verhältnis von Architektur und Soziologie des Wohnens vor allem diese Distanz betont werden. Und natürlich braucht es auch leichtere Umbaubarkeit, um der Flexibilität von Wohnidealen Rechnung zu tragen – nichttragende Wände und keine fest eingebauten Leitungen, wie es etwa bei der berühmten Plattenbauweise WBS 70 der Fall ist. Eine größere Distanz, neutrale Grundrisse, Umbauvorkehrungen für späteres Umbauen – all das sind Forderungen an die Architektur gegenüber sich verändernden Wohnverhaltens.
In der jüngeren Vergangenheit sind verstärkt öffentliche Regulierungsansätze wie die Mietpreisbremse und gegenöffentliche Protest- und Mieter*inneninitiativen, etwa »Deutsche Wohnen enteignen« zu beobachten, die auf eine mehr als graduelle Verschiebung auf dem Wohnungsmarkt hinweisen. Ist in diesem Zusammenhang eine Renaissance sozialen Wohnungsbaus, staatlich wie genossenschaftlich, zu erwarten?
Wir haben bisher nur über die eine Seite der Wohnungsfrage gesprochen, die Gebrauchswertfrage, die öffentlich kaum diskutiert wurde, weil das Modell des modernen Wohnens unter der Hand als gültig angesehen wurde. Die lange politisch dominante, öffentliche Diskussion betrifft die jetzt hier angesprochene Seite der Wohnungsfrage. Die Frage nach der Gerechtigkeit der Wohnungsversorgung und die, wie die gesamte Bevölkerung mit wie auch immer definiertem menschenwürdigem Wohnraum versorgt werden kann. In der Bundesrepublik war es, wie gesagt, eine von der SPD geführte Regierung, die 1974 das Ende des sozialen Wohnungsbaus beschloss – mit dem Resultat, dass von den einst fünf Millionen Sozialwohnungen etwa 80 Prozent verschwunden sind. Das war so politisch gewollt wie grundsätzlich falsch. Denn in unserer demokratisch verfassten Gesellschaft, die sich als sozialstaatlich und wohlfahrtsstaatlich definiert, ist es unvermeidbar, in den Wohnungsmarkt zu intervenieren. Dafür gibt es zwei Gründe: Erstens entsteht Wohnungsknappheit immer wieder, selbst wenn wir statistisch gesehen einen Überhang an Wohnungen haben. Das liegt zum einen an der qualitativen Entwertung des Wohnungsbestandes durch veränderte Anforderungen. Bestimmte Standorte, Bauformen, Grundrisse sind schlicht nicht mehr gewollt. Noch wichtiger aber ist die enorme Ausweitung des Flächenbedarfs. Eine Stadt, die in den Fünfzigerjahren mit ihrer Bausubstanz eine Million Menschen beherbergen konnte, würde heute nur noch für 400.000 Menschen ausreichen. Das hängt nicht nur mit Luxusansprüchen zusammen, sondern auch mit der angesprochenen Veränderung der Lebensweisen, die mit einer Tendenz vom Mehrpersonen- zum Singlehaushalt einhergeht. Wenn wir vier Singlewohnungen anstelle eines klassischen Familienhaushalts haben, brauchen wir nicht mehr eine Küche, sondern vier, nicht mehr ein Bad, sondern vier Bäder. Das führt zu einer steigenden Nachfrage nach mehr und obendrein anderen Wohnungen, selbst wenn die Bevölkerungszahl zurückgehen sollte. Ein weiterer diesbezüglicher Faktor ist die Mobilität. Menschen sind mobil, Wohnungen sind immobil. Wenn jemand von Görlitz nach München zieht, steht in Görlitz eine Wohnung leer und in München entsteht eine zusätzliche Nachfrage. Damit haben wir Leerstand und Wohnungsknappheit zugleich, aber verteilt auf verschiedene regionale Märkte. Selbst bei statistischem Überangebot an Wohnungen in der Gesamtheit können wir regionale Wohnungsnot haben. Und da der Wohnungsmarkt sehr träge ist – von der Entscheidung, eine Wohnung zu bauen, über die Baugenehmigung bis zum Bau vergehen in der Regel mehrere Jahre –, braucht es ein Vorhalten von Wohnraum und das tut der freie Markt nicht. So entstehen immer wieder und unausweichlich Knappheiten. Das zweite und meiner Ansicht nach wichtigere Argument ist aber folgendes: Wohnungsversorgung ist in unserer Gesellschaft Teil einer moralischen Ökonomie, bei der nach kulturellen und politisch definierten Standards darüber entschieden wird, was noch als eine menschenwürdige Wohnung akzeptabel erscheint. Die Wohnungsversorgung überlassen wir eben nicht dem Spiel von Angebot und Nachfrage. In Amerika ist das eher so, aber hierzulande wird nicht als menschenwürdig akzeptiert, was der Markt für alle bezahlbar bereitstellt. Und was akzeptiert ist, wird vom Markt nur zu Preisen bereitgestellt, die ein großer Teil der Bevölkerung nicht bezahlen kann. Und das ist der gleichsam notwendige Grund dafür, dass der Staat diese Lücke zwischen gefordertem Gebrauchswert und Bezahlbarkeit schließen muss. Auf das unvermeidliche Auftreten von regionalen Knappheiten und unterversorgten sozialen Gruppen wird eine moralische Ökonomie, die Marktergebnisse nicht zu akzeptieren bereit ist, immer wieder mit wohnungspolitischen Interventionen reagieren müssen. Von daher ist es, zumindest in unserer Gesellschaft, eine Illusion, dass der Staat sich dauerhaft aus dem Wohnungsmarkt zurückziehen könnte.
Das Interview führte Tom Pflicke.
Quelle: INDES. Zeitschrift für Politik und Gesellschaft, H. -2020 | © Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen, 2020