Cornelia Koppetsch untersucht in ihrem Text, wann soziale Schließung zu habitueller Anpassung und wann zu nonkonformistischem Widerspruch führt. Nonkonformismus erscheint dabei als eine Folge gescheiterter Anpassungsanstrengungen. Als eine weitere Bedingung für den neuerdings grassierenden Nonkonformismus wird – neben frustrierten Aufstiegserwartungen – zudem die Schwächung des kulturellen Überbaus der Gegenwartsgesellschaft, oder anders gesprochen: der Verlust emotionaler Identifikationsmöglichkeiten mit der gesellschaftlichen Ordnung identifiziert.
Literatur muss unbedingt nonkonformistisch sein, es gehört zu ihrem Wesen, sagt Heinrich Detering im Interview. Der Nonkonformismus löst Erstarrung und Beharrung auf, bewahrt vor dem Erstickungstod, wirkt gegen Automatisierungen. Dabei geht es nicht um den Einzelnen gegen die Vielen, sondern um die von einem einzelnen Autor, Interpreten oder Künstler ins Spiel gebrachte neue Wahrnehmungsweise gegenüber einer erstarrten alten. Was als Provokation beginnt, wirkt dann oft als Befreiung, sagt Detering – und verweist auf zahlreiche historische Beispiele aus der literarisch-künstlerischen Welt wie Goethe, Kafka, Elvis und Bob Dylan. Der deutschen Gegenwartsliteratur attestiert er eine erfreuliche Nonkonformität.
Martin Strickmann porträtiert eine französische Protestgeneration, die sich zwischen Erstem und Zweitem Weltkrieg gegen die Dritte Republik und diverse politische Strömungen wandte: Les non-conformistes des années 30 – mit einem Schwerpunkt auf Emmanuel Mounier, dem Exponenten des französischen Nonkonformismus. Entgegen der germanophoben Grundstimmung engagierte sich Mounier nach 1945 um Austausch und Verständigung zwischen Frankreich und dem Nachkriegsdeutschland.
Das Thema der vorliegenden Analyse von Anna Schober sind nicht-konformistische Geschlechterinszenierungen. Deren Nonkonformismus bestehe in der Zurückweisung vorherrschender Geschlechtervorstellungen und dem Versuch, alternativen Konzepten Raum zu schaffen. Indem sich nun in den letzten Jahrzehnten die mehrheitsgesellschaftlichen Normen in Bezug auf geschlechtsspezifische Rollenmodelle, auf Körperlichkeit und das ästhetische Erscheinen radikal gewandelt haben, indem infolgedessen regelrecht ein Mainstream des »colorful nonconformist« entstanden sei, habe sich auch die Stoßrichtung der Kritik nonkonformistischer Geschlechteraktivisten gewandelt. Mit der Folge, dass sie sich in die Gegenübersetzung »progressiv vs. konservativ« nicht mehr pauschal auf der progressiven Seite einsortieren ließen.
Am Beispiel des Skandals um die Münchner »Brettl«-Bühnen zu Beginn des 20. Jahrhunderts zeigt Christina Templin auf, wie das seit dem Ende des 19. Jahrhunderts verstärkende, mediale Grenzen überwindende Reden über Sexualmoral und Geschlechter sich in spezifischen Diskursen aktualisierte und dynamisierte und wie letztlich in Abwehr des Neuen dennoch neue diskursive Räume für das Sexuelle geschaffen worden sind.
Michael Corsten vergleicht die (rechte) »PEGIDA«-Bewegung mit den (linken) 68ern. Beide, so seine zentrale These, besäßen ihre Ursache in einer Krise des »Wir-Sinns«. Was man unter Wir-Sinn zu verstehen hat, worin seine Krise besteht und welche Unterschiede APOs von »PEGIDA« und Studentenbewegung neben wie gearteten weiteren Gemeinsamkeiten kennzeichnen – auf all diese Fragen versucht der vorliegende Beitrag Antworten zu geben.
Carina Jasmin Englert erläuert das Wesen und die Funktion von Smart- bzw. Flashmobs. Diese waren einst unkonventionelle Beteiligungsformen, haben jedoch mittlerweile sehr viel von ihrem früheren Potenzial der Aufmerksamkeitsgewinnung verloren. Die Autorin lotet aus, unter welchen Bedingungen Smart- und Flashmobs noch die ihnen zugedachte Funktion erfüllen können.
Was denken die Jugendlichen heute? Wie ticken sie? Wodurch unterscheiden sie sich von den Älteren? Diesen Fragen gehen Inga Borchard und Silke Borgstedt nach. Dabei zeigen sie, dass die gegenwärtige Jugend sich in der Tat stark von ihren Großeltern unterscheidet, deren Adoleszenz sich mit den rebellischen Jahren der alten Bundesrepublik deckt und die ihren Nachfahren daher gerne den Vorwurf machen, angepasst zu sein – dass dieser Vorwurf aber gerade deswegen in die Irre führt und von unkritischem Konformismus genaugenommen nicht gesprochen werden kann.
Wolfgang M. Schmitt nähert sich in seiner Analyse von Ernst Jüngers »Waldgänger« Werk und Autor aus unterschiedlichen Blickrichtungen und legt dabei einen Blick auf Jünger und seinen Waldgänger frei, der zeigt, wie der Nonkonformismus des Waldgängers sich zur Demokratie kritisch, ja auch, gefährlich ins Verhältnis setzen lässt und wo dieses Denken in aktuellen Diskursen anschlussfähig ist.
Die Kandidatur Donald Trumps für die Republikaner hat im amerikanischen Präsidentschaftswahlkampf ein verstärktes Interesse an der Grand Old Party geweckt. Erstaunt registrieren namentlich auch europäische Beobachter das Abgleiten der Republikaner in sektiererisch anmutendes Eiferertum. Vor diesem Hintergrund befasst sich Torben Lütjen mit einem markanten, gleichwohl wenig beachteten Phänomen insbesondere der jüngeren Geschichte des transatlantischen Konservativismus: der Figur des Konvertiten. Dieser Typus des Bekehrten sei mitverantwortlich für den zunehmend beobachtbaren verhärteten weltanschaulichen Rigorismus im Spektrum der politischen Rechten in den USA.
Susanne Martin nähert sich dem intellektuellen Nonkonformismus zunächst via eine grundlegende Kritik an Norbert Bolz’ Theorie des Intellektuellen, der laut Bolz heute notwendigerweise reaktionär sein müsse, um im Anschluss, unter Verweis auf Sloterdijks Invektiven der vergangenen Jahre, strukturelle Probleme der Figur des Medienintellektuellen herauszuarbeiten und schließlich die Rolle des nonkonformen intellektuellen Einspruchs wieder auf seine Füße zu stellen – weg von der Pose und wieder hin zur Hinterfragung des Status quo mit dem Ziel emanzipatorisch-politischer Veränderung.
Braucht es abweichendes Verhalten, um das »Normale« in einer Gesellschaft zu bestimmen; und wie steht es um rechtspopulistische Abweichung? Im Gespräch mit INDES befasst sich Helge Peters mit der gesellschaftlichen Rolle von Devianz.
In den vergangenen Jahren hat sich die Politikwissenschaft zunehmend in das von der Öffentlichkeit weitestgehend abgeschottete Terrain sozialwissenschaftlicher Spezialistendiskurse zurückgezogen. Was bedeutet das für die Disziplin? Wie ist es andernorts, etwa in den USA, um ihre öffentliche Wahrnehmung bestellt? Und schließlich: Wie war es früher? Klaus von Beyme und Eckhard Jesse diskutieren über Lob und Verklärung der ersten Generationen deutscher Politikwissenschaftler, den Wandel des Faches und, eng damit verbunden: persönliche Karrieren und Biografien in der Wissenschaft. Ein rückblickendes und zugleich aufmerkendes Gespräch.
»Downton Abbey« zählt zu den erfolgreichsten TV-Serien überhaupt. Jöran Klatt betrachtet das Format hinsichtlich Ästhetik und Konservatismus als dessen zentrale Elemente. Indem sich die Serie viel Zeit nehme, um ihre Geschichte zu erzählen, komme sie einem gestiegenen Bedürfnis nach Entschleunigung entgegen. Und es seien gerade die modernen Charaktere, die helfen würden, das Konservative zu bewahren und den Wandel zu moderieren.