Das geheime Winogradow-Treffen im Februar 1933 Wie Moskau die Gegner Hitlers im Stich ließ

Von Bernhard H. Bayerlein

»Wir haben uns darin getäuscht und müssen (…) zu der Erkenntnis gelangen, dass die Regierung Stalins weniger Solidarität für die Männer in Deutsch­land gezeigt (hat), die für sie kämpften und litten, als z.B. die amerikanischen Juden für ihre in Deutschland verfolgten Glaubensgenossen.« (Victor Schiff, Anfang 1933)[1]

Eine globale historische Niederlage …

Der Machtantritt der Regierung Hitler am 30. Januar 1933 war als welthisto­rische Katastrophe ein Periodenwechsel der politischen Geschichte und, mit globalen Folgen, zugleich eine besondere Tragödie für die Arbeiterbewe­gung und die sozialen Bewegungen in Deutschland.[2] Sie beendete definitiv den historischen Zyklus des Arbeiterbewegungs-Marxismus seit der Mitte des 19. Jahrhunderts und war zugleich, nach den Ereignissen in Deutschland 1923 und in China 1926, die katastrophalste Niederlage von KPD, Komintern und der Sowjetunion.[3]

Mit ihren Fehlern und Unterlassungen und zugleich den Methoden zur Rechtfertigung hätten sich die beiden großen deutschen Arbeiterparteien, SPD und KPD, »[…] ihre Henker selbst groß [gezogen]«.[4] Dies schrieb ohne jeden Anflug von Schadenfreude der Katholik Werner Thormann, Zentrums­mitglied und späterer Chefredakteur der von Willi Münzenberg in Paris he­rausgegebenen Wochenzeitung Die Zukunft. Die kampflose Niederlage der größten, am besten organisierten und teilweise sogar bestbewaffneten Arbei­terbewegung der Welt sei entstanden aus »dem Bürokratismus der antifa­schistischen Parteien und Organisationen« sowie der »in ihnen ausgeübte[n] Apparatdiktatur […], die entgegen der Sehnsucht der Massen die Einheit der Aktion verhinderten und damit die letzte und entscheidende Ursache der Niederlage wurden«.[5]

Noch konsequenter urteilte der verstoßene Prophet Trotzki, der den 30. Ja­nuar 1933 – in Analogie zur Bewilligung der Kriegskredite durch die SPD und dem »Burgfrieden« der sozialistischen Parteien der Zweiten Internatio­nale vom August 1914 – zum historischen Wendedebakel des offiziellen Par­teikommunismus bzw. des Stalinismus erklärte. Nun sei der Aufbau einer neuen kommunistischen Partei und einer neuen revolutionären Internatio­nale erforderlich. Gar nicht so weit entfernt von dieser Einschätzung war der glühende Stalin-Anhänger, das KPD-Politbüromitglied Hermann Remmele, der die Parteiführung kollektiv für die »größte Niederlage des deutschen Proletariats seit 1914«[6] verantwortlich machte.

Das Winogradow-Treffen

Am 22.2.1933,[7] fünf Tage vor dem Reichstagsbrand, fand auf Bitten des Chefredakteurs des Vorwärts und Mitglieds des Parteivorstandes der SPD, Friedrich Stampfer, ein Gespräch mit Boris Winogradow statt, an dem auch der außenpolitische Redakteur des Zentralorgans der deutschen Sozialdemokratie und kosmopolitische linke Sozialdemokrat Victor Schiff teil­nahm. Winogradow war erster Sekretär und Leiter der Presseabteilung der Bevollmächtigten Vertretung der UdSSR in Berlin Unter den Linden.

Die beiden sozialdemokratischen Politiker und Journalisten wollten auf eigene Initiative sondieren, ob nicht doch noch ein gemeinsames Vorgehen von SPD und KPD bzw. der Komintern möglich wäre, um eine weitere Festi­gung der Hitlerregierung und den zu erwartenden Horror blutiger Zerschla­gung der Arbeiterbewegung und allgemeiner Repression zumindest abzu­mildern. Die wichtigste Vorbedingung war, dass nicht nur die SPD-Führung, sondern vor allem Stalin und die politische Führung der Sowjetunion dazu grünes Licht gaben.[8]

Im Verlauf des Gesprächs lehnte Winogradow alle Ansinnen der Sozial­demokraten strikt und prinzipiell ab,[9] für die es den »Zusammenbruch einer Welt« bedeutet haben muss,[10] dass der Vertreter der Sowjetunion eine sozial­demokratisch-kommunistische Einheitsfront in letzter Minute kategorisch aus­schloss. Als die Sozialdemokraten die negativen Folgen einer Ablehnung des von beiden vorgeschlagenen »Nichtangriffspakts« zwischen SPD und KPD deutlich machten, antwortete Winogradow, »dass das gewiss sehr bedauerlich sein würde, aber er müsse ehrlicherweise bestätigen, dass die Kommunis­ten bis zur Erreichung ihrer eigenen Ziele weiterkämpfen würden, eventuell allein.« Die KPD hielt er für fähig, »den von ihr angekündigten Kampf gegen den Faschismus allein […] zu führen.«

Schiff notierte den weiteren Gesprächsverlauf wie folgt: »Stampfer stellte mit Bedauern fest, dass das Gespräch bewiesen hätte, dass bei einer solchen Auffassung der Lage und der Ziele jede Unterstützung einer aufrichtigen Einheitsfront durch die Männer in Moskau, die der K.P.D.-Zentrale die ent­scheidenden Befehle zu geben hätten, aussichtslos sei. Z. [d. i. Boris Winogradow] bestätigte dies, fügte jedoch begütigend hinzu: ›Das, was ich Ihnen heute sage, ist die jetzige Meinung in Moskau. Es wäre immerhin denkbar, dass bei weiterer Zuspitzung der Lage, wenn die Gefahr noch größer wird, Moskau seine Haltung zu dieser Frage revidiere.‹« Darauf Schiff weiter: »Wir sagten, beide zu gleicher Zeit: ›Was? Noch größere Gefahr? Ist sie denn noch nicht gross genug? Was soll denn noch geschehen, damit man in Moskau der K.P.D. erlaube, sich mit uns ehrlich zu verständigen.‹«[11]

Sogar die von der SPD-Seite vorgetragene eindringliche Bitte, die Sow­jetunion möge doch den verfolgten deutschen Kommunisten, also den eige­nen Genossen, helfen, lehnte der Pressesprecher der Sowjetunion in Berlin, der zugleich als Agent Mitarbeiter der Residentur der Internationalen Abtei­lung der OGPU bzw. später des NKWD war, mit dem Hinweis auf die strikte Nichteinmischungspolitik der Sowjetunion in die inneren Verhältnisse NS-Deutschlands kategorisch ab. Die Verfolgung werde von sowjetischer Seite als innere Angelegenheit Deutschlands betrachtet, und überhaupt verspre­che sich die UdSSR von Hitlers Machtantritt den schnellen Untergang des deutschen Kapitalismus.

Hier der dramatische weitere Gesprächsverlauf: »Damit die Unterredung doch nicht völlig zwecklos gewesen sei, brachte ich noch das Gespräch auf folgenden Tatbestand. Das Verbot der K.P.D. und die Annullierung ihrer Mandate wurden damals in der Rechtspresse ganz ungeniert erörtert. Ge­rade in den Tagen zuvor hatten die ›Deutsche Allgemeine Zeitung‹ und die ›Börsen Zeitung‹ fast mit den gleichen Worten, also anscheinend von der Wilhelmstrasse inspiriert, zum Ausdruck gebracht, dass die Vernich­tung des Kommunismus in Deutschland keinerlei Rückwirkungen auf das deutsch-russische Verhältnis haben würde, dass die Sowjet-Regierung da­raus ›selbstverständlich‹ keinerlei aussenpolitische Konsequenzen ziehen würde, und dergleichen mehr. Ich machte nun Z. darauf aufmerksam, dass es doch dringend notwendig wäre, wenn von russischer Seite, mindestens von der ›Prawda‹ und der ›Iswestija‹ gegen diese zynische Behauptung Stel­lung genommen werde. Denn das Schweigen der russischen Blätter werde von der Reichsregierung als Bestätigung aufgefasst und förmlich als eine Aufmunterung zum Vorgehen gegen die K.P.D. empfunden werden. Ob er, Z., nicht schleunigst veranlassen könne, dass in der Moskauer Presse gewarnt werde, dann würde das Berliner Auswärtige Amt vielleicht das Schlimmste gegen die deutschen Kommunisten im Interesse der Rapallo-Politik verhindern. Zu meinem Erstaunen sagte mir Z. kategorisch, die Moskauer Presse werde bestimmt zu diesen Erklärungen der genannten Berliner Blätter keine Stellung nehmen. Sie müsse sich sehr davor in Acht nehmen, auch nur den Anschein der Einmischung in die innerdeutschen Verhältnisse zu erwecken.«[12]

Dass Winogradow damit auch die Unterdrückung der deutschen Brü­der und Schwestern adressierte, geht aus dem Disput hervor, der am Ende des Gesprächs entstand: »Darauf erklärte ich [Victor Schiff] innerlich em­pört: »Gut, dann werde ich im ›Vorwärts‹ schreiben, dass die ›D.A.Z.‹ und die ›Börsen-Zeitung‹ sehr wünschten, dass vielmehr eine Vernichtung der K.P.D. nicht ohne Wirkung auf die öffentliche Meinung in der Sowjetunion bleiben könnte und dass im Gegenteil eine gründliche Abkehr Moskaus von der Rapallo-Politik und damit eine weitere Isolierung Deutschlands un­vermeidlich werden würden.‹ Darauf erfolgte die kurze, aber phantastische Antwort des bolschewistischen Diplomaten Z: ›Ich bitte Sie dringend, nichts dergleichen im »Vorwärts« zu schreiben.‹«[13]

Eine zeitgeschichtliche Bombe

Dass es sich um eine historisch bemerkenswerte Initiative der beiden So­zialdemokraten handelte, hatte in den 1950er Jahren bereits Erich Matthias herausgestellt.[14] Henryk Skrzypczak griff das Thema Mitte der 1990er Jahre in einer großen Untersuchung wieder auf. Die spektakulären Äußerungen Winogradows über das Verhältnis der Sowjetunion zu Hitlerdeutschland, die bis heute eine zeitgeschichtliche Bombe darstellen, wurden jedoch nicht ausreichend fokussiert.[15]

Dabei zeitigte das Gespräch auch Reaktionen seitens der KPD-Führung. Dies schrieb Stampfer allerdings erst neun Monate später in einer gegenüber dem unveröffentlicht gebliebenen Artikel des außenpolitischen Vorwärts-Redakteurs Victor Schiff stark abgemilderten Darstellung: »Die letzte der Unterhaltungen der vorerwähnten Art hatte ich einige Tage vor dem Reichs­tagsbrand. In ihr wurde mir in unzweideutiger Weise zu verstehen gegeben, daß Moskau mit dem Faschismus in Deutschland als einem unvermeidlichen Entwicklungs-und Übergangsstadium rechne und daß ich darum von dort her – wenigstens zur Zeit – kein Verständnis für meine Gedankengänge zu erwarten hätte. […] Zu meiner großen Überraschung ließ mir Dr. Neubauer am Vormittag des Montag, den 27. Februar, mitteilen, daß die Schlüsse, die ich aus jener Unterredung gezogen hätte, irrig seien und daß er und seine Freunde den Wunsch hätten, sich mit mir über denselben Gegenstand zu unterhalten. Zu dieser Unterhaltung erklärte ich mich bereit, und man kam dahin überein, daß sie am Dienstag, dem 28. Februar, im Reichstag stattfin­den sollte. Lubbe und seine Drahtzieher haben es anders gewollt […]«[16] Das Gespräch sollte infolge des Reichstagsbrandes nicht mehr zustande kommen, auch der Artikel wurde nie veröffentlicht, höchstwahrscheinlich auf Betrei­ben Stampfers selbst.

Das Winogradow-Treffen ist eines der frühesten Anhaltspunkte für die offiziös zum Ausdruck gebrachte neutrale bis freundliche Haltung der Sow­jetunion gegenüber dem Nationalsozialismus. Stalin war am Schicksal der Arbeiterbewegung und aller Hitlergegner offensichtlich völlig desinteressiert. Bestätigt sich hier nicht, wie später von dem in Westeuropa tätigen Offizier der sowjetischen Militärspionage GRU Walter Kriwitzki angenommen, dass Stalin im Geheimen ein Bündnis mit NS-Deutschland verfolgte? Zu dessen 1939 in Buchform veröffentlichten Enthüllungen[17] schrieb Trotzki unter Anspielung auf die Phase der antifaschistischen Volksfront der Jahre 1935–1938: »Vom ersten Tag des nationalsozialistischen Regimes an zeigte Stalin systematisch und nachdrücklich seine Bereitschaft zur Freundschaft mit Hitler. Mitunter geschah dies in Form offener Erklärungen; häufiger aber in Andeutungen, in tendenziösem Schweigen oder – umgekehrt – in Form von Betonungen, die die eigenen Bürger nicht bemerken konnten, ihren Adressaten hingegen unfehlbar erreichten. […] Erst als Hitler mehrmals äußerst feindlich reagierte, setzte in der sowjetischen Politik ein Umschwung auf die Seite des Völker­bundes, der kollektiven Sicherheit und der Volksfront ein. Die neue diplo­matische Melodie, untermalt von den Trommeln, Pauken und Saxophonen der Komintern, wurde im Laufe des letzten Jahres für das Trommelfell immer gefährlicher. Aber in Momenten der Stille waren darunter jedesmal leisere, leicht melancholische, intimere Noten zu hören, die für die Ohren Berchtes­gadens bestimmt waren. In dieser scheinbaren Ambivalenz liegt fraglos ihre innere Einheitlichkeit.«[18]

Bereits vor Jahrzehnten äußerten Osteuropaforscher wie Georg von Rauch, noch ohne die heute vorliegenden Archivfunde, dass die deutschen Kommu­nisten auf dem Altar des Stalinschen good will mit Hitlerdeutschland geop­fert wurden: »Hitler ließ zwar Göring rüsten, doch für seine Person verließ er sich darauf, dass Stalin, der ein Sowjetdeutschland keinesfalls gewollt hatte, stillhielt und ihm freie Hand ließ gegen die deutschen Kommunisten, die ver­geblich auf den Startschuss zum Losschlagen warteten.«[19]

Als Ergebnis der Archivrevolution lässt sich heute nachweisen, dass das höchste Machtorgan der Sowjetunion zu den politischen Verfolgungen der Kommunisten, Sozialdemokraten und Linken, die durch die Reichstags­brandprovokation legitimiert wurden, schwieg.[20] Eine im Rahmen der Edition »Deutschland–Russland–Komintern, 1918–1943« durchgeführte Überprüfung der deutschlandrelevanten Beschlüsse ergab, dass in den Protokollen des so­wjetischen Politbüros in den Jahren 1932 und 1933, ja bis über 1934 hinaus keine grundsätzlich gegen das nationalsozialistische Deutschland gerichteten Entscheidungen ausgewiesen sind.[21] Nicht einmal gegen die Durchführung des Reichstagsbrandprozesses als solcher erfolgte ein Protest, obwohl die so­wjetische Führung von der NS-Täterschaft überzeugt war.[22]

Auch die völlige Geheimhaltung der deutschlandbezogenen Beschlüsse vermag an dieser Richtungsentscheidung grundsätzlich nichts zu verändern, sie konkretisiert sie bestenfalls. Neben den bis 1941 nie unterbrochenen Be­ziehungen durch informelle Kontakte diffamierte die Komintern bis Ende 1934 vielmehr – statt den NS-Terror gegen deutsche Kommunisten bedingungs­los anzuprangern und Initiativen für eine einheitliche Front aller Hitlergeg­ner zu ergreifen – die Sozialdemokratie weiterhin als »sozialfaschistischen« Hauptfeind. Trotz der verheerenden Folgen des Reichstagsbrandes lieferte der seinerzeit wichtigste Mann der Komintern, Dimitri Manuilski, auf einer außerordentlichen Sitzung des Komintern-Präsidiums über die sog. »Einheits­front in Deutschland« am 28.2.1933 eine scheinrevolutionäre Camouflage der sowjetischen Politik: Die Situation sei so günstig wie lange nicht mehr, ja sie sei ein Zeichen des »revolutionären Aufschwungs«.[23]

Gegen die Sozialdemokratie und den Teufel Trotzki

Ein interner Vermerk aus dem Archiv des russischen Außenministeriums vom 22.2.1933 bestätigt, dass die sowjetische Politik in erster Linie gegen die Sozialdemokratie und besonders gegen den Erzfeind Trotzki gerichtet war: »Aus dem Gespräch mit Stampfer und Schiff konnte man den Eindruck gewinnen [schrieb Winogradow], dass die Sozialdemokraten nichts dagegen hätten, wenn die UdSSR energisch irgendetwas zur Verteidigung der Kom­munistischen Partei unternähme, zumal das indirekt auch den Sozialdemo­kraten eine gewisse Erleichterung brächte.«[24] Und weiter: »Ich antwortete Schiff, wie auch anderen Journalisten, die mir diese Frage stellten, dass die UdSSR als Staat sich nicht in innerdeutsche Angelegenheiten einmischen kann, und dass die Rote Armee nicht nach dem Rezept Trotzkis mobilisiert wird. Dies heißt aber nicht, dass unsere Öffentlichkeit das [KPD-]Verbot und den weißen Terror unbemerkt läßt.«[25]

Tatsächlich hatte gegenüber dem in weltpolitischen Angelegenheiten grundsätzlich zögerlichen, ja ängstlichen Stalin sein schärfster Gegner Trotzki kategorisch die Forderung einer gemeinsamen Abwehr durch SPD und KPD erhoben. Über die Einheitsfrontforderung hinaus, die er u. a. in Artikeln in der Weltbühne und der Neuen Weltbühne untermauerte, hatte er bereits früh­zeitig eine Linie defensiver revolutionärer Staatspolitik der Sowjetunion für den Fall einer Machtübernahme Hitlers skizziert. Russland müsse bereit sein zu reagieren, forderte er 1931 und unterstrich, dass ein Sieg Hitlers Krieg gegen die UdSSR bedeuten würde: »Nimmt man die Versicherung der faschis­tischen Propheten, sie würden in der ersten Hälfte des Jahres 1932 an die Macht kommen, für bare Münze […], so ist es möglich, von vornherein eine Art politischen Kalender zu entwerfen. Einige Jahre werden mit der Faschi­sierung Deutschlands vergehen – der Zerschlagung der deutschen Arbeiter­klasse, der Schaffung einer faschistischen Miliz und der Wiederherstellung der Armee. Etwa 1933/34 wären die Voraussetzungen einer militärischen Intervention in der Sowjetunion geschaffen. Dieser Zeitplan geht natürlich von der Annahme aus, daß die Regierung der Sowjetunion unterdessen ge­duldig abwartet.«[26]

Für den Fall eines faschistischen Umsturzes in Deutschland entwarf Trotzki zugleich das folgende Szenario: »Sobald ich die telegraphische Nachricht von diesem Ereignis erhielte, [würde ich] eine Teilmobilmachung anordnen. Steht man einem Todfeind gegenüber und ergibt sich der Krieg mit Notwendig­keit aus der Logik der realen Situation, so wäre es unverzeihlicher Leicht­sinn, diesem Gegner Zeit zu lassen, sich festzusetzen und zu stärken, Bünd­nisse einzugehen, sich die nötige Hilfe zu verschaffen, einen umfassenden militärischen Angriffsplan – nicht nur für den Westen, sondern auch für den Osten – auszuarbeiten, und so eine ungeheure Gefahr wachsen zu lassen.«[27]

Es ist anzunehmen, dass bereits eine Androhung solcher oder ähnlicher Maßnahmen durchaus ein international vielbeachtetes Zeichen gesetzt hätte, das den weiteren Prozess der Faschisierung beeinflusst und vielleicht auch das Los der deutschen Kommunisten und der NS-Gegner insgesamt erträg­licher gestaltet hätte.

Einige Schlussfolgerungen

In so direkter, zynischer Weise wie durch den Sekretär der sowjetischen Bot­schaft wenige Tage vor dem Reichstagsbrand wurde das Zusammengehen mit NS-Deutschland auf Kosten der blutigen Unterdrückung zehntausender deutscher Kommunisten, der gesamten Linken und der Anti-Hitler-Oppo­sition insgesamt noch nicht formuliert. Die Veröffentlichung des Artikels darüber wäre weltpolitisch eine Bombe gewesen, die aber nicht gezündet wurde. Die wohl letzte Chance, um die Faschisierung Deutschlands zumin­dest aufzuhalten und eine Änderung der Moskauer Nichtinterventionspoli­tik gegenüber der Hitler-Regierung herbeizuführen, wurde vertan – und die Welt erfuhr nichts davon.

Tatsächlich zielte die Sowjetunion bereits zu Beginn der 1930er Jahre in erster Linie auf die Verbesserung der Beziehungen zu Deutschland und be­sonders zu den konservativen und deutschnationalen Kreisen. Die »antifa­schistische« Abwehr der nationalsozialistischen Bedrohung spielte nur eine untergeordnete Rolle. Im Januar/Februar 1933 fand man sich mit der für KPD, Komintern und KPdSU unerwarteten Machtergreifung Hitlers nicht nur ab, sondern versuchte alles, um seinen guten Willen zu zeigen. Die Sowjet­union war bis 1941 weder strategisch, noch ideologisch und propagandis­tisch gegen Hitlerdeutschland positioniert. Die Historiker, die die kurze tak­tische Wendung zur »antifaschistischen Volksfront« der Jahre 1935/1936 als Übernahme einer kollektiven Sicherheitspolitik interpretieren, ließen sich täuschen.[28] Augenscheinlich war man dabei, sich mit dem Hitlerregime nicht nur abzufinden, sondern eine längerfristige Vereinbarung anzustreben. Und dies nicht erst in der Periode der offen bekundeten »Freundschaft« zur Zeit des Stalin-Hitler-Paktes.

So räumt das Winogradow-Treffen gleich mit mehreren Geschichtslegen­den auf. Es zeigt zunächst erstens, dass Sozialdemokraten und nicht Kom­munisten das historische Verdienst zukommt, eine letzte Chance für ein ge­meinsames Vorgehen gegen Hitler ergriffen zu haben, was die parteioffizielle und in ihrem Gefolge die DDR-Historiographie bis zum Schluss ableugnete.

Globalhistorisch bedeutsam ist – zweitens – die definitive Demontage des antifaschistischen Ursprungsmythos der Sowjetunion, die aufgrund ihres spä­teren Sieges über Hitlerdeutschland im Zweiten Weltkrieg als konsequente Gegnerin des Nationalsozialismus erschien. Auch neuere Aktenveröffentli­chungen bestätigen, dass die Sowjetunion während der Errichtung der Hit­ler-Diktatur deutliche Zeichen des guten Willens aussandte und die blutige Verfolgung der deutschen Kommunisten und der Linken insgesamt passiv geschehen ließ. Weitere Dokumente aus dem Stalinarchiv, dem Komintern­archiv und dem Archiv des Außenministeriums der Russischen Föderation[29] liefern hierzu die empirische Untermauerung.

Während die Komintern die Verfolgungen von Regimegegnern nach dem Reichstagsbrand als bloß kurzzeitigen Rückzug bezeichnete, der den Sturz des Hitlerregimes noch beschleunigen würde,[30] verlangte Stalin auf außen­politischem Gebiet von Hitler ein Zeichen des guten Willens, das der Diktator auch aussandte.[31] Zeitgleich mit den Massenverhaftungen von KPD-Mitglie­dern und Anti-Hitler-Oppositionellen wurde 1933 beiderseitig das Verlän­gerungsprotokoll des Berliner Vertrags zwischen Deutschland und der Sow­jetunion von 1926 ratifiziert, der dem Vertrag von Rapallo gefolgt war. Die sowjetische Presse verhielt sich neutral, die Wirtschaftsbeziehungen wurden zunächst unvermindert fortgesetzt. Hitler bestätigte sogar am 28. April 1933 im Gespräch mit Sowjetbotschafter Chinčuk: »unsere beiden Staaten müs­sen sozusagen die Unverrückbarkeit des Faktums der gegenseitigen Existenz für lange Zeit anerkennen und in ihren Handlungen davon ausgehen […]«, dies »unabhängig von der unterschiedlichen Weltanschauung beider Staa­ten«. Und: Die Verbindung trage »einen dauerhaften Charakter« aufgrund »gemeinsamer Interessen«.[32]

Für das Kalkül eines dauerhaften Arrangements war Stalin – drittens – be­reit, über Leichen zu gehen, was die eigenen Leute anging. In rücksichtsloser Weise verfolgte er diese Perspektive gegen die größtenteils ahnungs-und orien­tierungslose KPD, gegen die Sozialdemokraten als Hauptkonkurrent und gegen den staatliche Präventivmaßnahmen einfordernden Todfeind Trotzki. So wur­den die von den Nationalsozialisten im Wissen um Stalins »Neutralität« erbar­mungslos gejagten und verfolgten deutschen Kommunisten in den KZ’s und Gefängnissen zusammen mit der Anti-Hitler-Opposition insgesamt und später die KPD-Emigranten in der Sowjetunion Opfer eines der bedeutendsten »Poli­tizide« – verstanden als kollektive Ermordung einer politischen Opposition.[33] Mittels der »Verordnung zu Schutz von Volk und Staat« (Reichstagsbrandver­ordnung) bzw. dem Brand als Fanal eines imaginären kommunistischen Um­sturzes wurden wenige Tage nach dem Winogradow-Treffen der Ausnahmezu­stand zum Dauerzustand und die blutige NS-Unterdrückung in Gang gesetzt.

Für diejenigen, die die Signale aufzufangen wussten und konnten, blieb die Moskauer Begleitmusik brutal eindeutig, doch selbst in oppositionel­len Kreisen nahm man die gesamte Dimension nicht recht wahr, was sich in der scientific community bis heute verstetigt zu haben scheint. So sprach Stalin-Intimus Awel Jenukidse der NS-Regierung sogar ein Kompliment für die Zerschlagung der KPD aus, die »innenpolitische Gleichschaltung« ver­schaffe der deutschen Regierung nun – so der Vorsitzende des sowjetischen Exekutivkomitees – »[…] die Aktionsfreiheit in der Außenpolitik, derer sich die sowjetische Regierung bereits seit einigen Jahren erfreu[e]«.[34] Erst mit dem Überfall der deutschen Wehrmacht im Juni 1941 erfolgte eine grundlegende Wandlung in der Politik der Sowjetunion – allerdings nicht entsprechend dem klassischen Antifaschismus, sondern in der Form einer neuartigen Symbiose von Antifaschismus und »Großem Vaterländischen Krieg«.

Was das Ende Weimars angeht, wird schließlich – viertens – nun deutlicher, dass KPD, Komintern und KPdSU maßgeblich zur Zerstörung der Republik beitrugen. Ansonsten behält die Diagnose von Josef Weber ihre Gültigkeit: »Der selbstmörderische Fehler der Weimarer Republik«, so der Herausgeber der Zeitschrift Dinge der Zeit, war nicht, »dass sie ihren Gegnern zu viel, son­dern dass sie ihren Anhängern zu wenig demokratische Rechte gewährte – von Ebert mit seiner direkten Telefonleitung zu Gröner über Noskes Freikorps und Gesslers Schwarze Reichswehr marschierte sie auf einer mit Sondergerichten und Ausnahmegesetzen gepflasterten Straße in Hitlers Konzentrationslager.«[35]

Ein ausgebliebener Diskurswandel

Das Winogradow-Treffen rückt die deutsch-russische bzw. russisch-deut­sche Verbindung, den »Russland-Komplex« (Gerd Koenen) als Signum der globalen Verflechtungsgeschichte des 20. Jahrhunderts in den Fokus. Doch Publizistik und akademische Forschung haben den fälligen Diskurswandel bisher nicht geschafft.[36] Während die Geschichte des Widerstands und der Aderlass der deutschen Kommunisten in der Literatur zu Recht hervorgeho­ben und engagiert aufgearbeitet wurden,[37] zeigte man sich an der Kernfrage des »Wieso?« der kampflosen Niederlage 1933[38] und vor allem an der Ver­antwortung der sowjetischen Politik hierfür deutlich weniger interessiert.[39] Neuere Ergebnisse besonders russischer Historiker zeigen jedoch die Not­wendigkeit einer grundsätzlichen Korrektur des Forschungsstandes.[40] In Deutschland meldeten bis dato indes nur wenige Historiker, wie etwa Gerd Koenen, kategorische Zweifel am Narrativ einer antifaschistischen Sowjet­union in der Zwischenkriegszeit an.[41]

Neben der Edition »Deutschland-Russland-Komintern« bestätigt eine eben­falls im Rahmen der Deutsch-Russischen Historikerkommission entstandene große Dokumentation sowjetischer Außenpolitik, dass von der Sowjetunion nicht nur keine hitlerfeindlichen Äußerungen zu erwarten waren, sondern sogar ein gewisses Verständnis für die Unterdrückungspolitik der NS-Dikta­tur beschrieben werden kann.[42] Die Gründe für die falsche Rezeption seitens der universitären Wissenschaft liegen, insofern es sich nicht um politische Russlandfreundschaft handelt, in der Annahme einer bruchlosen Kontinui­tät des Antifaschismus von der Lenin’schen Epoche und den ersten Jahren der Komintern bis zum »Großen Vaterländischen Krieg«.

Diese Kontinuitätsthese verdrängt aber die Realgeschichte der Annä­herung Stalins an Hitler, die im Stalin-Hitler Pakt des Jahres 1939 voll­endet wurde, seinem Charakter nach ein neoimperialistisches Rearrange­ment. Unterstützt wurde diese Form der »Zerstörung von Geschichte« in der Vergangenheit durch die gebetsmühlenartig wiederholten Manipulationen der offiziellen marxistisch-leninistischen Propaganda, die den verbrecheri­schen Stalinismus exkulpierte und die Kritik mit dem Sieg der Sowjetunion im Zweiten Weltkrieg abbügelte.

Es wird höchste Zeit, dass die Zeitgeschichtsforschung die Transformation der Sowjetunion und die noch unabgegoltene Rolle des Stalinismus histo­risch korrekt bestimmt und angemessen kontextualisiert. Narrative, Thema­tiken, Forschungsergebnisse und Hypothesen, die den Deutschland-Russ­land-Komplex – das Kräftedreieck Deutschland, Russland, Komintern – und seine Wirkungsweisen berühren, müssen erneut auf den Prüfstand gestellt werden. Es ist deswegen eher unverständlich, wenn Helmut Altrichter, einer der angesehensten deutschen Osteuropahistoriker, Herausgeber der Viertel­jahrshefte für Zeitgeschichte und zugleich ein Kenner der neuen Moskauer Archivfunde, die sowjetische Haltung gegenüber dem Nationalsozialismus mit dem Terminus »Zurückhaltung« und als»auf den ersten Blick überraschend« beschreibt.[43] Ein solch seichter Umgang mit der Verbindung von Nationalsozialismus und Stalinismus wird der traumatischen Geschichte der Nieder­lagen, die den blutigen Planeten im 20. Jahrhundert überspannt, nicht gerecht.

Das andauernde Scheitern des Mainstreams der akademischen deutschen Osteuropaforschung wurde bereits häufiger öffentlich konstatiert, doch grund­sätzlich hat sich nichts geändert. Dass nicht sein kann, was nicht sein darf, darf nicht zur Regel werden, gerade nicht im Zeitalter Wladimir Putins, der grassierenden Renationalisierung und der Schaffung neuer nationaler Mythen in Geschichte, Erinnerungskultur und Politik.

Anmerkungen:

[1] »Moskau und der deutsche Faschismus«: Manuskript über dasTreffen der Sozialdemokraten Friedrich Stampfer und Victor Schiff mit dem sowjetischen Botschaftssekretär Vinogradov in Berlin kurz vor dem Reichstagsbrand, 22.2.1933, zit. nach Hermann Weber (Hg.) Deutschland, Russland, Komintern. II. Nach der Archivrevolution: Neuerschlossene Quellen zu der Geschichte der KPD und den Deutsch-Sowjetischen Beziehungen, Berlin 2014, S. 928–937, hier S. 937.

[2] Mein besonderer Dank geht an Dr. Gleb Albert, Universität Zürich, für die Durchsicht und die weiterführenden Gedanken zur Präsentation des Textes, und ebenso an Dr. Jan Foitzik für die Ermunterungen, »weiterzubohren«.

[3] Ausführlicher zur Niederlage von 1933 und zu der Verantwortung der Komintern-und KPD-Politik siehe: Bernhard H. Bayerlein, German Communism, the Comintern and the Soviet Union in the Face of Hitler’s »Seizure of Power« 1933. New Empirical Insights and Theoretical Thoughts About a World-Historic Failure, in: Ralf Hofrogge u. Norman Laporte (Hg.), German Communism as Mass Movement, London 2017 (i.E.).

[4] Deutsche Nationalbibliothek Frankfurt a. M., Deutsches Exilarchiv, NL 114 (Werner Thormann), EB 97/145, 101.0029, Bl. 6.

[5] Ebd.

[6] Brandbrief von Hermann Remmele (Ps. Herzen) an die KPD-Führung, die er für die katastrophale Niederlage verantwortlich macht, 12.04.1933, zit. nach Weber, Archivrevolution, S. 998–1005, hier S. 1004.

[7] Nach Kirill K. Ŝirinja, Komintern v 1933 godu, Moskva, Ekslibris-Press, 2006, S. 152.

[8] Im Stampfer-Nachlass, Archiv der sozialen Demokratie der Friedrich-Ebert-Stiftung (AdSD) ist unter dem Titel »Moskau und der deutsche Faschismus« eine Darstellung des Gesprächs als Artikelmanuskript von Victor Schiff überliefert (Typoskript mit Anschreiben, Archiv der sozialen Demokratie, Friedrich-Ebert-Stiftung, Bonn, Nachlaß Friedrich Stampfer, Mappe 14, Bl. 738–739). Es wurde 2014 als eines von über 500 zumeist unveröffentlichten Dokumenten aus Moskauer und Berliner Archiven im Rahmen der zitierten dreibändigen Edition »Deutschland–Russland–Komintern, 1918–1943« veröffentlicht (Bd. II, 1, S. 928–938, siehe auch Bd. I: Hermann Weber u. a. (Hg.), Deutschland, Russland, Komintern. I. Überblicke, Analysen, Diskussionen. Neue Perspektiven auf die Geschichte der KPD und die Deutsch-Russischen Beziehungen (1918–1943), Berlin 2014, S. 262 ff.

[9] Vgl. hierzu: »Moskau und der deutsche Faschismus«, in Weber, Archivrevolution, S. 928–937.

[10] So Henryk Skrzypczak: »Vertrauliche 09 Verschlusssache«. Zur angeblichen Tagung des Zentralkomitees der KPD am 7. Februar 1933. Ein quellenkritischer Exkurs, in: Internationale Wissenschaftliche Korrespondenz zur Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung (IWK), Jg. 23 (1993), H. 3, S. 294–322.

[11] Weber, Archivrevolution, S. 934.

[12] Ebd., S. 934 f.

[13] Ebd., S. 935 f.

[14] Erich Matthias, Der Untergang der Alten Sozialdemokratie 1933, in: Vierteljahreshefte für Zeitgeschichte, Jg. 4 (1956), H. 3, S. 250–286, hier S. 262 f.

[15] Henryk Skrzypczak, Anspiel. Vorabdruck aus: Mission ohne Mandat. Der Fall Friedrich Stampfer, in: IWK, Jg. 26 (1996), H. 1, S. 47–75; Ders., Umfeld eines Brückenschlags. Vorabdruck 2 aus: Mission ohne Mandat. Der Fall Friedrich Stampfer, in: IWK Jg. 27 (1997), H. 1, S. 42–82; Ders., Schattenmänner im Quartett. Kurzprofile eines Übergangs. Vorabdruck 3 aus: Friedrich Stampfer. Mission ohne Mandat, in: IWK Jg. 31 (2001), H. 2, S. 141–200.

[16] Friedrich Stampfer: »Verpaßte Gelegenheiten«, in: Neuer Vorwärts, 05.11.1933.

[17] Walter G. Krivitsky: Ich war in Stalins Dienst, Amsterdam 1940.

[18] Leo Trotzki, Rätsel UdSSR, in: Ders., Schriften. Bd. 1.2, Sowjetgesellschaft und stalinistische Diktatur (1936–1940), hg. von Helmut Dahmer u. a., Hamburg 1988, S. 1209–1223, hier S. 1214 f.

[19] Georg von Rauch, Stalin und die Machtergreifung Hitlers, in: Werner Markert u. a. (Hg.), Deutsch-russische Beziehungen von Bismarck bis zur Gegenwart, Stuttgart, 1964, S. 117–140.

[20] So u. a. in: Sven Allard, Stalin und Hitler. Die sowjetische Außenpolitik 1930–1941, Bern 1974, S. 22.

[21] Hierzu Bayerlein, Abschied von einem Mythos. Dagegen als Apologie vom Mythos des sowjetischen Antifaschismus und der Politik der kollektiven Sicherheit bspw.: Alastair Kocho-Williams, Russia’s International Relations in the Twentieth Century, London 2013, S. 55–59. Die Beschlüsse zur Antikriegskampagne wurden expressis verbis nicht unmittelbar antifaschistisch begründet.

[22] Russisches Staatsarchiv für sozio-politische Geschichte (RGASPI), Moskau, 17/163/990, 208. Publ. in: Leonid V. Maksimenkov (Hg.), Bol’saja cenzura. Pisateli i žurnalisty v strane sovetov 1917–1956, Moskva 2005, S. 300–301.

[23] Der Bericht Manuilskis über die Einheitsfront und die »günstige Situation« in Deutschland vom 28.2.1933 in: Weber, Archivrevolution, S. 953–958.

[24] Arkhiv Vneshnei Politiki Rossiiskoi Federatsii [Foreign Policy Archive of the Russian Federation] (AVPRF), Moskau, 82/16/12/74, 49, zit. nach Maksimenkov, S. 237.

[25] AVPRF, Moskau, 082/17/78/9, zit. in Širinja, S. 152 f.

[26] Leo Trotzki, Hitlers Sieg bedeutet Krieg gegen USSR [28.12.1931], in: Permanente Revolution, Wochenschrift der Linken Opposition der KPD, II (1932), Nr. 17 u. Nr. 18.

[27] Ebd.

[28] Zum »Verharren« und der »Lethargie« der deutschen Osteuropawissenschaft nach der Zeitenwende siehe exemplarisch Dietrich Beyrau, Totgesagte leben länger. Die Osteuropa-Disziplinen im Dschungel der Wissenschaften, in: Stefan Creuzberger u. a. (Hg.), Wohin steuert die Osteuropaforschung? Eine Diskussion, Köln 2000, S. 43–51 sowie Susanne Schattenberg, Wider die »Schutzzonen«. Zur aktuellen Debatte über die Lage des Faches Osteuropäische Geschichte, in: ebd., S. 72–79. Zur Diskussion über die vermeintliche Übernahme der Politik der kollektiven Sicherheit durch die Sowjetunion siehe Teddy J. Uldricks, Soviet Security Policy in the 1930s, in: Gabriel Gorodetsky (Hg.), Soviet Foreign Policy, 1917–1992. A Retrospective, London 1994; Jonathan Haslam, The Soviet Union and the Struggle for Collective Security in Europe, 1933–39, London 1984, S. 230 f. Zur Darstellung der Argumente beider Seiten: Manfred Hildermeier, Geschichte der Sowjetunion 1917–1991. Entstehung und Niedergang des ersten sozialistischen Staates, München 1998, S. 585.

[29] Hierzu: Bayerlein, Abschied von einem Mythos.

[30] »Resolution des Präsidiums des EKKI zum Bericht des Gen. Heckert über die Lage in Deutschland«, 01.04.1933, in: RGASPI, Moskau, 495/2/203, 10–12.

[31] Sergej Slutsch, Deutschland und die UdSSR 1918–1939: Motive und Folgen außenpolitischer Entscheidungen. Eine neue russische Perspektive, in: Hans-Adolf Jacobsen (Hg.), Deutsch-russische Zeitenwende: Krieg und Frieden 1941–1945, Baden-Baden 1995. S. 28–90, bes. S. 62 ff.

[32] Dokumenty vnešnej politiki, Bd. 16, Moskva 1970, S. 271, Ebd.; vgl. dazu Wadim S. Rogowin, Weltrevolution und Weltkrieg, Essen 2002, S. 122.

[33] Zum Begriff des Politizids: Boris Barth, Genozid. Völkermord im 20. Jahrhundert. Geschichte, Theorien, Kontroversen, München 2006, S. 136 f.

[34] Lew Besymenski, Stalin und Hitler. Das Pokerspiel der Diktatoren, Berlin 2002, S. 74; hierzu auch: Weber, Neue Perspektiven, S. 295 ff.

[35] [Josef Weber]: Eine Stimme aus der Deutschen Emigration, in: Dinge der Zeit, H. 1–8, 1947–1950/51, S. 323.

[36] Zu den früheren grundlegenden Arbeiten siehe bspw. George F. Kennan, Sowjetische Außenpolitik unter Lenin und Stalin, Stuttgart 1961; Xenia Joukoff Eudin u. Robert M. Slusser, Soviet foreign policy 1928–1934. Documents and Materials, University Park 1967; Sven Allard, Stalin und Hitler. Die sowjetrussische Außenpolitik 1930–1941, Bern 1974; Robert C. Tucker: Stalin in Power. The Revolution From Above, 1928–1941, London 1990.

[37] Als jüngeres Beispiel: Hans Coppi u. Stefan Heinz (Hg.), Der vergessene Widerstand der Arbeiter. Gewerkschafter, Kommunisten, ozialdemokraten, rotzkisten, Anarchisten und Zwangsarbeiter, Berlin 2012.

[38] Die umfangreiche Literatur zu den deutsch-russischen/ deutsch-sowjetischen Beziehungen kann hier nicht ausführlicher dargestellt werden. Siehe zuletzt die Bände von Jürgen Zarusky, Bernd Bonwetsch, Sergej Kudrjascev, Günter Rosenfeld und anderen.

[39] Als differenzierte Ausnahmen siehe die Werke von Bianca Pietroff, Jürgen Zarusky und Bert Hoppe.

[40] Neben den erwähnten Forschungen von Sergei Slutsch siehe: Besymenski; Sergej Slutsch, Stalin und Hitler 1933–1941. Kalküle und Fehlkalkulationen des Kreml, in: Jürgen Zarusky (Hg.), Stalin und die Deutschen. Neue Beiträge der Forschung, München 2006, S. 59–88.

[41] Gerd Koenen, Was war der Kommunismus?, Göttingen 2010, S. 87 f.

[42] Sergej Slutsch u. Carola Tischler (Hg.): Deutschland und die Sowjetunion 1933–1941. Dokumente aus russischen und deutschen Archiven, 2 Bd., München 2014.

[43] Helmut Altrichter, Sowjetische Reaktionen auf die nationalsozialistische Machtübernahme, in: Forum für Osteuropäische Ideen-und Zeitgeschichte, Jg. 18 (2014), H. 1. S. 175–192.

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Quelle: INDES. Zeitschrift für Politik und Gesellschaft, H.&1nbsp;-2017 | © Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen, 2017