Das Grundgesetz Eine Verfassung der Freiheit?

Von Peter Graf Kielmansegg

Wie denn nicht?, mag fragen, wer die Überschrift liest. Verfassungen sind in der europäischen Tradition per definitionem Kodifikationen der Freiheit – der Ruf nach einer Verfassung war im 19. Jahrhundert, dem Jahrhundert, in dem sich der Verfassungsgedanke, mit der Amerikanischen und der Französischen Revolution geschichtsmächtig geworden, durchsetzte, immer ein Ruf nach Freiheit – Freiheit stets in zweifacher Gestalt, als Schutz vor willkürlicher Ausübung der Staatsmacht und als Mitwirkung an den gemeinsamen Angelegenheiten, vor allem an der Gesetzgebung. Das Grundgesetz steht in dieser Tradition. Dass es, gemessen an den genannten Kriterien, eine Verfassung der Freiheit ist, steht außer Zweifel. Es gewährt die Schutz- und Beteiligungsrechte, die für jeden demokratischen Verfassungsstaat konstitutiv sind. Und es sichert sie besonders sorgfältig ab, etwa durch das Institut der Verfassungsbeschwerde. Worauf also zielt die Frage, die über diesem Text steht?
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Quelle: INDES. Zeitschrift für Politik und Gesellschaft, H.1-2-2024 | © Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen, 2024