Marsch durch die Betriebe? Rechtspopulistische Orientierungen in der Arbeitswelt
Mit der Bundestagswahl vom September 2017 ist mit der Alternative für Deutschland (AfD) erstmals eine rechtspopulistische Partei, noch dazu als stärkste Oppositionskraft, in das Parlament eingezogen. Die populistische Rechte findet in allen Bevölkerungsgruppen Gehör. Bei Arbeitern, Erwerbslosen und Gewerkschaftsmitgliedern stößt sie indes auf überdurchschnittliche Resonanz. Mit 12,6 Prozent der Stimmen ist sie in den Bundestag gelangt; 19 Prozent der Arbeiter und 15 Prozent der Gewerkschaftsmitglieder (14 Prozent West, 22 Prozent Ost) votierten für die populistische Formation. Die meisten AfD-Wähler haben die mittlere Reife oder den Hauptschulabschluss, lediglich sieben Prozent der Akademiker wählen AfD. Frauen sind in der Wählerschaft der Partei deutlich unterrepräsentiert; dafür sind die Anteile in ländlichen und strukturschwachen Regionen besonders hoch. Betrachtet man anstelle des von taktischen Kalkülen beeinflussten Wahlverhaltens die aussagekräftigeren Parteipräferenzen, ergibt sich ein ähnliches Bild. Im Vergleich zu allen anderen Parteien weist die AfD die größte Einkommensspreizung, aber auch die höchsten Anteile an Arbeitern sowie abhängig Beschäftigten mit einfachen Arbeitstätigkeiten auf. Das Sozialprofil der ebenfalls rechtspopulistischen »PEGIDA«-Bewegung, die in Dresden zeitweilig Zehntausende auf die Straße brachte und Ableger in der gesamten Republik fand, ist ebenfalls von Arbeitern und Angestellten mit niedrigem bis mittlerem Einkommen geprägt. In Selbstdarstellungen präsentiert sich die Bewegung als Bündnis aus Mittelstand und Arbeiterklasse. Ähnlich agiert die AfD, wenn sie die »kleinen Leute« als wichtige Zielgruppen ihrer Wahlkämpfe adressiert.
Mittlerweile geht die radikal-populistische Rechte noch einen Schritt weiter. Bei den zurückliegenden Betriebsratswahlen hat sie – teils mit oppositionellen Listen, teils mit Infiltration gewerkschaftlicher Listen – versucht, auch betriebliche Positionen zu erringen. Rechtsoppositionelle Gruppen wie das Zentrum Automobil geben sich im Betrieb globalisierungskritisch und kämpferisch, sie vermeiden rassistische Töne. […]
Quelle: INDES. Zeitschrift für Politik und Gesellschaft, H. 4-2018 | © Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen, 2018