Soziale Bewegungen, Parteien und Bewegungsparteien Neue Herausforderer im Parteienwettbewerb?
Das Thema der sozialen Bewegungen ist in jüngerer Vergangenheit wieder vermehrt ins Blickfeld geraten. Denn immer mehr Bewegungen und aus ihnen hervorgehende oder mit ihnen sympathisierende sogenannte Bewegungsparteien sorgen für Furore und schaffen es innerhalb kürzester Zeit, nicht nur in Parlamente einzuziehen, sondern im Fall von La République en Marche (LReM) – der Partei des französischen Staatspräsidenten Emmanuel Macron – sogar in Regierungsverantwortung zu gelangen. Aufgrund dieses Aufkommens von Bewegungsparteien, veränderter Kommunikationsformen im Web 2.0 und einer höheren Relevanz der kulturellen Dimension im Parteienwettbewerb zeichnen sich zudem neue dynamische Interaktionsformen zwischen sozialen Bewegungen und Parteien ab, die im Folgenden näher betrachtet werden. Dieser Essay möchte schlaglichtartig einzelne Aspekte des Verhältnisses von sozialen Bewegungen und Parteien beleuchten und auf Eigenschaften aktueller Bewegungsparteien näher eingehen. Dazu soll im ersten Schritt das Gefüge von Parteien und sozialen Bewegungen breiter aufgefächert werden, um im Anschluss daran auf jüngere Veränderungen einzugehen. Daran schließt sich eine kurze Diskussion zu aktuellen Bewegungsparteien an, bevor abschließend deren Herausforderungen anzusprechen sind.
Grundlegende Beziehungen zwischen sozialen Bewegungen und Parteien
Das Beziehungsfüge zwischen sozialen Bewegungen und politischen Parteien ist komplex, facettenreich, vielgestaltig und blickt auf eine lange Historie zurück. Verwunderlich ist das nicht, da Parteien aus der Gesellschaft hervorgehen und gesellschaftliche Interessen repräsentieren sollen bzw. sich ihnen gegenüber responsiv verhalten sollten. Entsprechend geht die Entstehung moderner Massenparteien auf den Integrations- und Repräsentationsgedanken sozialer Bewegungen zurück. […]
Quelle: INDES. Zeitschrift für Politik und Gesellschaft, H. 3-2019 | © Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen, 2019