Ist das Politische noch zu retten? Eine Bestandsaufnahme mit Hannah Arendt

Von Danny Michelsen

Klassiker der politischen Theorie finden eher selten den Weg auf die Kinoleinwand. Dass Hannah Arendt seit kurzem eine Ausnahme darstellt, dürfte indes kaum überraschen, beschäftigt ihr für akademische Verhältnisse unkonventionelles »Denken ohne Geländer« doch schon seit längerem eine ständig wachsende »publizistische Arendt-Industrie«[2]. Und das, obwohl ihr republikanisches Verständnis von Freiheit als kollektiver Selbstbestimmung in einer von Alterität und Kontingenz bestimmten Öffentlichkeit[3] doch augenscheinlich kaum in eine Zeit passt, in der »bürgerliche Teilhabe mit Konsum, die Wahl der Zahnpasta mit jener der Partei gleichgesetzt und diese Wahl als Freiheit deklariert«[4] wird, ja in der die Verlagerung öffentlicher Macht in die kaum responsiven Arenen supranationaler Exekutivgremien Arendts eigene Prognose vom »Absterben des politischen Bereiches, seine graduelle Transformation in eine Verwaltungsmaschinerie«[5] zu bestätigen scheint. Aber gerade weil ihr Denken im konformistischen Grau der Wahldemokratien so inspirierend wirkt, erlebt es seit über zwei Dekaden eine erstaunliche Renaissance.

Dabei ist Arendts Politikverständnis nie unumstritten gewesen […]

Anmerkungen:

[2] Oliver Marchart, Die Welt und die Revolution, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, Jg. 54 (2006) H. 39, S. 33–38, hier S. 33.

[3] Dazu ausführlich Winfried Thaa, Politisches Handeln. Demokratietheoretische Überlegungen im Anschluss an Hannah Arendt, Baden-Baden 2011, S. 154 ff.

[4] Dagmar Comtesse u. Katrin Meyer, »Plurale Perspektiven auf die Postdemokratie«, in: Zeitschrift für politische Theorie, Jg. 2 (2011) H. 1, S. 63–75, hier S. 70.

[5] Hannah Arendt, Über die Revolution, München 1963, S. 350.

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Quelle: INDES. Zeitschrift für Politik und Gesellschaft, H. 3-2013 | © Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen, 2013