Wissenschaft in der Krise Prekäre Arbeitsbedingungen in Corona-Zeiten
Selten hat Wissenschaft in der öffentlichen Wahrnehmung so viel Aufmerksamkeit erhalten wie in der Corona-Pandemie: Urplötzlich waren insbesondere virologische und epidemiologische Erkenntnisse gefragt und in aller Munde. Dies hatte einerseits eine Zunahme von Angriffen aus einem wissenschaftsfeindlichen Milieu zur Folge, andererseits erhielt eine breite Öffentlichkeit so zumindest einen ersten Eindruck vom wissenschaftlichen Erkenntnisprozess einiger Disziplinen. Zum Wissen über wissenschaftliche Arbeitsweisen gehört indes auch eine gewisse Kenntnis der Rahmenbedingungen, innerhalb derer in Deutschland geforscht (und gelehrt) wird – diese waren gemeinhin ähnlich unbekannt wie das konkrete methodische Vorgehen der einzelnen wissenschaftlichen Disziplinen.
Was sich in den Diskussionen um virologische Forschung punktuell erahnen ließ, aber nicht im Zentrum der Debatte stand: Wissenschaft ist in Deutschland inzwischen größtenteils projektorientiert. Das heißt, dass verschiedene Institutionen – die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG), das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und andere öffentliche oder private Geldgeber – für einen kurzen Zeitraum Mittel zur Erforschung bestimmter Fragestellungen zur Verfügung stellen. So war die Wissenschaftslandschaft 2020/21 etwa von einer ganzen Reihe von Programmen zur Erforschung der Pandemie und ihrer Folgen geprägt, von denen einige inzwischen wohl schon wieder ausgelaufen sind.[1] Jetzt muss man wieder sparen – bis die nächste Krise kommt, für die die Wissenschaft schnell Antworten bereitstellen soll. Aber ist das wirklich ein zielführender Ansatz zum Umgang mit Krisen? [...]
Quelle: INDES. Zeitschrift für Politik und Gesellschaft, H. 3-4-2022 | © Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen, 2022