Überall Masken! Die subversive Macht des Theaterspiels und die Krise der Repräsentation

Von Viola Köster

»Wenn die Pest in einem Gemeinwesen herrscht, gerät die Ordnung aus den Fugen. […] Wichtig vor allem ist das Zugeständnis, daß das theatralische Spiel wie die Pest eine Raserei ist und daß es ansteckend wirkt.«[1]

Folgende Szene: Eine Zuschauerin stürmt nach der Vorstellung erbost aus dem Saal auf mich zu. Sie habe sich gar nicht konzentrieren können, überall Masken, auf der Bühne, vor der Bühne, hinter der Bühne vermutlich auch, sonst hätte sich das Theater den Coronamaßnahmen doch widersetzt, wie es denn sein könne, dass innerhalb weniger Wochen alle zu Repräsentant:innen der Regierungsmeinung geworden seien…
Ich starre sie an und habe keine Antwort. Zu viele Begriffe auf einmal. Die muss ich erst einmal sortieren. Nicht, um Querdenker:innen ernster zu nehmen, als sie es verdienen, sondern um Begriffe, die in der öffentlichen Diskussion lange und immer wieder sowohl der theatralen als auch der politischen Sphäre zugeschrieben werden, genauer unter die Lupe zu nehmen, gerade, wenn ihnen dabei eine negative Konnotation anhängt. Vor allem meine ich die Begriffe Maske und Repräsentation. Die Maske lässt sich zunächst scheinbar dem theatralen und Repräsentation dem politischen Kontext zuordnen. Doch bei genauem Hinsehen liegen die Dinge etwas komplizierter, stammt der Begriff der Maske als das andere Gesicht bzw. das Andere als das Gesicht[2] doch ebenso aus der gesellschaftlichen Sphäre mit ihren Riten, Kulten und Festen, während der Begriff der politischen Repräsentation neben Vertretung auch als »Darstellung des eigenen Amtes«[3] beschrieben worden ist und somit der symbolischen Sphäre des Theaters anverwandt scheint.
Hier geht es jedoch weniger um die Begriffs- oder Kulturgeschichte von Maske und Repräsentation als vielmehr um die Verquickung von Theater und politischer Realität und den Versuch, diese Gemengelage anhand des Gebrauchs beider Begriffe sichtbar zu machen. Genauer: Zum einen geht es um die Tradition der Angst vor den Masken, die während der Corona-Zeit erneuten Aufschwung bekommen zu haben scheint, und zum anderen um die Illusion authentischer Repräsentation im gesellschaftlichen sowie im politischen Feld. Den folgenden Betrachtungen liegt die These zugrunde, dass die unreflektierte Verbindung theatraler und politischer Mechanismen zur Verfolgung bestimmter Zwecke auf politischer Ebene einen Verlust an Glaubwürdigkeit nach sich ziehen kann. Zudem geht es mir auf der Ebene des Theaters um die Verteidigung der Freiheit des Schauspielens und des subversiven Potenzials der Maske gegen die Vereinnahmung für politische oder ökonomische Ziele.

Das Theatrum Mundi

Der Gebrauch von Theatermetaphern zur Beschreibung gesellschaftlicher Realität hat eine lange Geschichte. Der Begriff Theatrum Mundi geht zurück auf das antike Griechenland, wo er sich kurz nach der Etablierung der Institution Theater herausbildete.[4] Seitdem hat er eine ansehnliche Karriere hingelegt. Im frühen Christentum bezeichnete er zum einen die Erde als göttliches »Himmeltheater«, in dem Gott die Rolle des Regisseurs und VIP-Zuschauers Nummer eins einnahm, und zum anderen das eitle Treiben auf der Erde im Gegensatz zum unsterblichen, wahren Leben im Himmelreich Gottes. Die Inschrift über dem Eingang von Shakespeares Globe Theatre lautete übersetzt »Die ganze Welt spielt Theater«.[5] Das sich an die Shakespeare’sche Zeit anschließende Barockzeitalter gilt als die theatrale Epoche in Europa, nicht zuletzt wegen der Machtinszenierungen und prunkvollen Feste in Versailles und an anderen Herrschaftssitzen.[6] Im 20. Jahrhundert wiederum hatte der Begriff der Inszenierung von Wirklichkeit Konjunktur – nicht zuletzt durch theatrale Mittel und in den unterschiedlichsten gesellschaftlichen Bereichen wie der Unternehmens- und Personalführung, der Machtpräsentation von Politik und Politiker:innen in den Medien, der Selbstdarstellung im Alltag sowie der Darstellung bestimmter kultureller Praktiken.[7] Und Erving Goffmans These, dass »wir alle Theater spielen«, indem wir in unterschiedlichen gesellschaftlichen Funktionen unterschiedliche Rollen annehmen, um in den unterschiedlichsten gesellschaftlichen Bereichen zu bestehen beziehungsweise um den Eindruck, den die anderen von uns in einer bestimmten Situation bekommen, unter Kontrolle zu bringen, wurde zum Ausgangspunkt eines Denkens in theatralen Kategorien sowie eines gesellschaftlichen Handelns nach Methoden des Rollenspiels.[8]

Die Maske als Einheit des Unterschiedenen[9]

Auch das Spiel mit den unterschiedlichsten Formen von Masken hat eine lange Tradition in vielen verschiedenen Kulturen der Welt. Seien es die Masken der antiken Tragödie, jene des Nô-Theaters in Japan, Balinesische Masken oder die Masken der venezianischen Commedia dell’Arte – immer handelt es sich um Formen des expressiven Spiels, das seinen Reiz daraus entwickelt, dass der wohl persönlichste Teil des Körpers, das Gesicht, verdeckt wird und so ein neues Wesen, eine Mischung aus Maske und Spieler:in, Dargestelltem und Darstellenden entsteht. Im Laufe eines Theaterstückes können die Spieler:innen zudem völlig unterschiedliche Masken tragen und damit verschiedene Rollen an- und übernehmen. Die Masken versinnbildlichen die Vielgesichtigkeit eines jeden Menschen. Sie tragen nach außen, welche Facetten in einer Persönlichkeit stecken oder auch schlummern – nicht ohne Grund leitet sich das Wort Person vom lateinischen persona ab, was ursprünglich die Schauspielermaske bezeichnete.[10] Indem die Maske das eine Gesicht, das wir alle besitzen, von seinem begrenzten Ausdrucksvermögen befreit, ermöglicht sie den Spieler:innen, verschiedenste Charaktere auszuprobieren. Als »Paradoxie der Einheit des Unterschiedenen« bzw. als »Zwei-Seiten-Form« schafft sie es, zugleich zu verbergen und zu ent-decken und zudem etwas Neues, drittes, nämlich die Figur entstehen zu lassen, die weder gleichzusetzen ist mit der Maske noch im Spieler selbst aufgeht.[11]
Nicht umsonst werden Masken auch in der Theaterpädagogik und in der Therapie verwendet, beispielsweise in der Arbeit mit psychisch kranken Menschen, Geflüchteten oder Gefängnisinsassen, wie es etwa Prof. Christian Bohdal von der Hochschule der Künste im Sozialen in Ottersberg praktiziert.[12] Und das vor allem mit dem Zweck, andere, neue Seiten an sich selbst kennenzulernen, die die vielleicht von Vorurteilen, Traumata oder eingefahrenen Selbstbildern begrenzte Selbstwahrnehmung für andere, bisher unentdeckte Facetten der eigenen Person öffnen. Die alte (psychische) Ordnung wird damit infrage gestellt, um sie eventuell auch verlassen oder umstrukturieren zu können. Demnach bieten Masken ihren Träger:innen die Chance, sich durch sie zu schützen und zu zeigen, sich zu verstecken und über sich selbst hinauszuwachsen.

Theaterfeindlichkeit, Spielverbot und Angst vor den Masken

Doch die Tradition des Maskenspiels und der verbreitete Gebrauch von Theatermetaphern bedeuten nicht, dass das Theater als kulturelle Praxis zu allen Zeiten gesellschaftlich anerkannt und geschätzt wurde, häufen sich in der Geschichte doch die Fälle von (Fest-)Spielverboten, Maskenverboten und sogar der Verfolgung von Schauspieler:innen – gerade in Zeiten totalitärer Herrschaft. Allen voran versuchten Kirchenoberhäupter das ausgelassene Treiben an Karneval, aber auch während anderer Volksfeste als sittenwidrig zu brandmarken. Jene Festivitäten »geißeln die Bürger, die sich mit bizarren Kostümen herausputzen und sich unter Masken verbergen; geduldet sind einzig ernsthafte Darstellungen.«[13] Solche Veranstaltungen wurden von den Herrschenden in den allermeisten Fällen zwar geduldet, jedoch nur deshalb, weil sie zeitlich klar begrenzt blieben. Niccolò Machiavelli wird sogar mit dem Satz zitiert: »Zu bestimmten Zeiten des Jahres muß der Fürst dem Volk Feste und Spiele bieten.«[14] Sinn und Zweck dieser öffentlichen Veranstaltungen bestand also vor allem darin, die Kritik an den Herrschenden und die scheinbar destruktive Energie des Volkes, die in den Rollenspielen und Perspektivverschiebungen der satirischen Darstellungen zum Vorschein kamen, im von oben vorgegebenen Rahmen zu kanalisieren und so besser kontrollieren und entschärfen zu können; gleichzeitig trachtete der Thron danach, sich mit den Festen und Spielen beliebt zu machen und möglichen Aufständen entgegenzuwirken.[15]
Mit der Ständeklausel wurde weitergehend dafür gesorgt, dass die gesellschaftliche Machtordnung auch auf der Bühne nicht infrage gestellt wurde, besagte diese Klausel doch, dass Adelige auch auf der Bühne die Geschichten Adeliger vorgeführt bekommen sollten. Das Volk hatte indes den Kämpfen und Komödien seinesgleichen zu folgen. Der Theatermann Johann-Christoph Gottsched propagierte im 18. Jahrhundert diesen Ideen entsprechend ein bildungsbürgerliches Theater, das die Figuren als Stellvertreter der Bessergestellten begriff, die die Menschen zu feineren Charakteren und sittsamerer Moral zu erziehen hätten, als es die Stehgreif-Komödianten des Volkstheaters mit ihrem deftigen Realismus leisten könnten. In einem symbolischen Akt ließ Gottsched zu diesem Zweck sogar den Possenreißer Hans Wurst von der deutschen Bühne verbannen.[16]
Wäre die Macht der Masken gering eingeschätzt worden, wären solcherlei Vorgaben und Vorgänge nicht nötig gewesen, um das Gemeinwesen im Sinne der Machthaber zu disziplinieren und abzusichern. Neben den Aspekten des Anstandes und der Angemessenheit des Guckerlebnisses spricht also einiges dafür, dass von der Bühne bzw. von den Masken eine Kraft zur Veränderung und der Infragestellung der Realität, so wie sie sich zu einem bestimmten Zeitpunkt darstellt, ausgeht, die es nötig macht, eingedämmt zu werden, um unterhaltsam, aber nicht revolutionär zu werden. Auch heute noch lässt sich in autoritären Regimen wie beispielsweise in Ungarn und Russland beobachten, wie die Führung das, was in den Theatern produziert und aufgeführt wird, überwacht und im Zweifelsfall zensiert. Käme in Deutschland die AfD an die Macht, wäre mit ähnlichen Zuständen zu rechnen, wie gewisse Anfragen und Anträge der Partei in Stadträten, Parlamenten und Kulturausschüssen nahelegen.[17]

Der Irrglaube an eine authentische Selbstdarstellung

Eine andere Form theaterfeindlicher Einstellung lässt sich immer dort ausmachen, wo darauf gepocht wird, dass die Darstellung von öffentlichen Personen oder eben auch Bühnenfiguren im Theater authentisch zu sein habe.[18] Auch hier offenbart sich eine Angst vor den Masken, ist mit authentisch doch gemeint, eine Darstellung habe echt im Vergleich zu unecht, wahr im Vergleich zu unwahr und ehrlich im Vergleich zu verlogen zu sein – wobei das Spielen auf der Seite der Lüge und des Scheins verortet und gegen das wahre Sein ausgespielt wird. Interessant dabei ist, dass bei dieser Forderung oft vergessen wird, dass eine authentische Selbstdarstellung auch bedeutet, dass die Person, die sich öffentlich darstellt, dadurch besser einzuschätzen, besser zu durchleuchten und damit auch staatlich besser zu kontrollieren ist, dass es sich bei dieser Forderung also um eine politisch brisante und nicht nur um eine ästhetische oder moralische Frage handelt. Im ersten Akt von Georg Büchners Revolutionsdrama Dantons Tod, geschrieben 1835, wird die Ideologie der Authentizität bereits in folgendem Dialog als Wurzel des Staatsterrors gekennzeichnet:

- LACROIX. Höre, Danton, ich komme von den Jakobinern.
- DANTON. Was macht Robespierre?
- LACROIX. Fingerte auf der Tribüne und sagte: die Tugend muß durch den Schrecken herrschen. Die Phrase machte mir Halsweh.
- DANTON. Sie hobelt Bretter für die Guillotine.
- LACROIX. Und Collot schrie wie besessen, man müsse die Masken abreißen.
- DANTON. Da werden die Gesichter mitgehen.

In eben diese Zeit des 18. Jahrhunderts fällt sodann auch die umgekehrte Idee, man könne den Charakter eines Menschen aus dessen Gesicht sowie aus seiner gesamten Physiognomie ablesen. Als Vater dieser pervertierten Form des Glaubens an ein wahres Sein, dass es den Menschen nur aus den Gesichtern herauszulesen gelte, gilt der reformierte Pfarrer, Philosoph und Schriftsteller Johann Casper Lavater, auf dessen Schrift Von der Physiognomik[19] die Nationalsozialisten ihre Rassenideologie aufbauten. Aber auch Friedrich Schiller, der den meisten heute eher als Aufrührer, Freiheitsphilosoph und Kritiker menschenunwürdiger Staatsführung gelten mag, schrieb seine medizinische Dissertation über die Frage, wie sich der Charakter eines Menschen aus seiner Körperform herauslesen lasse.
Und auch heute noch hält sich das Diktum einer authentischen Selbstdarstellung, die es zu erlernen oder zu entdecken gelte, um erfolgreich im Beruf, beliebt im Netz oder auch angesehen bei den Wähler:innen zu sein. Ebenso lassen sich die Diskussionen um Vermummungsverbote bei Demonstrationen oder die Debatten um das Tragen von Kopftüchern als religiöse Symbole aus dieser Perspektive als Wunsch verstehen, den Mitbürger:innen in ein vermeintlich unverstelltes, unkaschiertes Gesicht schauen zu können, um den anderen mit einem Blick lesen, durchschauen und einordnen zu können.[20]
Im Theater bekam die Idee der Authentizität in den vergangenen Jahren durch Theaterformen Konjunktur, die Expert:innen des Alltags anstelle von Schauspieler:innen auf die Bühne holten, wie beispielsweise die Gruppe Rimini Protokoll[21], oder auch durch die Vorstellung, dass bestimmte Figuren nur von solchen Schauspieler:innen gespielt werden könnten, die eine ähnliche Biografie und Lebenserfahrungen gesammelt hätten wie die von ihnen Verkörperten. Beispielsweise wurden Inszenierungen kritisiert, in denen weiße Schauspieler:innen schwarze Figuren, europäische Schauspieler:innen asiatische Figuren oder auch männliche Schauspieler Frauenrollen spielten. Inzwischen wurde innerhalb dieses so genannten identitätspolitischen Diskurses jedoch festgestellt, dass es sich bei der ästhetischen Forderung nach authentischer Darstellung im Grunde vielmehr um die machtpolitische Forderung handelt, dass die Theaterensembles und -teams im Sinne einer diversen Gesellschaft auch divers besetzt werden sollten, um mit einer bisher weiter bestehenden weißen und männlichen Vorherrschaft zu brechen, Jobgerechtigkeit herzustellen und die Geschichten erzählen zu können, die eine plurale Gesellschaft beschäftigen und nicht nur einige wenige, die versuchen, an ihrer Vormachtstellung festzuhalten. Die ästhetische Debatte um authentische, also echte Darstellung, die man als theaterfeindlich bezeichnen könnte, wurde also von einer machtpolitischen Diskussion abgelöst. Aus einer theatralen Frage wurde eine politische Forderung, die dem Inhalt der Auseinandersetzung – nämlich Chancengerechtigkeit zu erreichen, Einkommen anzugleichen, Anerkennung und Sichtbarkeit von marginalisierten Gruppen zu erhöhen – deutlich angemessener ist als das Verharren bei der Frage nach Wahrheit vs. Unwahrheit. Dass bei dieser Diskursverschiebung auch theaterinterne Stimmen gegen den Irrglauben an die Möglichkeit einer wahren Selbstdarstellung erhoben wurden, ist eine erfreuliche Entwicklung.[22]
Dennoch zeigt sich durch die beschriebenen theaterfeindlichen Diskurse, dass die Angst vor den Masken Tradition und immer wieder Konjunktur hat. Diejenigen, die an der Macht waren und sind, fürchte(te)n den von der Undurchschaubarkeit der Gesichtsverdeckung provozierten Perspektivwechsel und den vom Rollenspiel verursachten Furor von Darsteller:innen und Zuschauer:innen. Dass die Verteidigung des wahren Gesichts in Zeiten von Instagram und Photoshop sich nun im Grunde aber endgültig als eine Farce selbst entlarvt hat, scheint der Angst vor den Masken keinen Abbruch zu tun. Vielleicht sogar ganz im Gegenteil.

Die Illusion authentischer Repräsentation

Wenn die erboste Zuschauerin vom Anfang dieses Textes behauptet, dass Träger:innen der Coronamasken die Regierungsmeinung repräsentieren würden, meint sie damit indes etwas anderes, als dass diese den Kanzler, den Gesundheitsminister oder einen Regierungsberater des Robert-Koch-Instituts spielen würden, um die in Kraft gesetzten Maßnahmen oder auch den Entscheidungsfindungsprozess für oder gegen die Maskenpflicht anschaulich zu machen, zu reflektieren oder infrage zu stellen. Mit repräsentieren meint sie jedoch auch nicht, dass die Maskenträger:innen als »elektoral legitimierte Personen im öffentlichen Raum« fungierten, die die »Vertretung und Bündelung von Interessen« der Bürger:innen übernehmen würden,[23] was einer engen Definition von politischer Repräsentation in der repräsentativen Demokratie entspräche.[24] Sie unterstellt vielmehr, dass die Träger:innen der Masken die Coronapolitik promoten wollten. Die Zuschauerin verortet Repräsentation also vielmehr – und vermutlich unbewusst – auf der symbolischen Ebene der Darstellung anstatt auf der Sach- bzw. instrumentellen Ebene.[25] Sie betrachtet die Träger:innen der Coronamasken nicht als Vertreter:innen – im Sinne des »making present again« von Hanna F. Pitkin – einer bestimmten Interessensgemeinschaft, beispielsweise der gesundheitlich gefährdeten Personen, die das Maskentragen zum eigenen Schutz fordern, sondern vielmehr als Schaulaufende der Regierungsmacht, die durch das äußere Symbol der Maske ihre Zugehörigkeit zur Gruppe der Unterstützer:innen der Regierung ausstellen. Ebenso wie das, was wir anziehen, und die Art, wie wir uns kleiden, in der Gegenwart vielfach als Meinungsäußerung, als politisches Statement und präsentierte Identität eingesetzt wird und damit mehr bedeutet als pure Geschmackssache, ordnet die Zuschauerin die Träger:innen der Coronamasken als Anhänger:innen der sogenannten Mehrheitsgesellschaft ein.
Damit jedoch, und das ist ein interessanter Twist, wird die beschriebene Zuschauerin selbst zu einer Repräsentantin – oder besser und um die Verwirrung über die Menge theatraler Begriffe komplett zu machen: zu einer Sozialfigur[26] – der vielfach beschriebenen »Krise der Repräsentation«.[27] Diese Krise entstehe unter anderem durch einen Mangel an Vertrauen gegenüber den Repräsentant:innen, da die Repräsentierten sich mit ihren speziellen Interessen, Bedürfnissen, Lebensweisen oder Herkunftsgeschichten eben nicht ausreichend repräsentiert fühlten. Oft wird die Ursache hierfür in der zunehmenden Komplexität und Pluralisierung der gesellschaftlichen Realität gesucht, in der die begrenzte Anzahl von Parteien die Vielzahl der gesellschaftlichen Stimmen nicht mehr vertreten könne und darüber hinaus auch die Besetzung des Parlaments nicht die Pluralität der Gegenwartsgesellschaft widerspiegele.[28]
Der lange Jahre anhaltende Trend zur Individualisierung sowie der Anspruch, als Ich im Wir zu erscheinen, anstatt in einen aufwendigen Prozess der Kompromissfindung, der Suche nach Gemeinsamkeiten und der gegenseitigen Unterstützung bei politischen Kämpfen um Anerkennung oder Arbeitsbedingungen einzusteigen, was die Bündelung von Interessen in einer deliberativen Demokratie erst möglich macht, hat zudem dazu geführt, dass Einzelne überhaupt nicht mehr repräsentiert werden wollen. In beiden Trends, im Sich-nicht-repräsentiert-Fühlen und im Nicht-repräsentiert-werden-Wollen, äußert sich die Krise der Repräsentation als Folge eines möglicherweise falsch verstandenen Verständnisses von politischer Repräsentation selbst.[29]
Wer meint, sie oder er müsse als authentisches Selbst mit der eigenen Identität im politischen System repräsentiert werden, kann nur enttäuscht werden. Dieser persönliche, ja psychologisch verständliche Anspruch ist politisch nicht einzulösen, bleibt komplexes gesellschaftliches Zusammenleben selbst in einer Idealvorstellung doch immer auf die Bündelung von Interessen und Kompromissfindung[30] angewiesen. Die von Richard Sennett bereits 1974 angesprochene »Tyrannei der Intimität« verunmöglicht Gesellschaft, die auf ein öffentliches Verhalten angewiesen ist, das sich vom Versuch der Darstellung eigener Innerlichkeit unterscheidet:

»So gelangen wir zu der Hypothese, daß Theatralität [man könnte auch sagen Repräsentation] in einem spezifischen, und zwar feindlichen Verhältnis zur Intimität steht und in einem nicht minder spezifischen, aber freundschaftlichen Verhältnis zu einem entfalteten öffentlichen Leben.«[31]

Das Problem für die politische Glaubwürdigkeit besteht daher auch nicht in der symbolischen Handlung der Politik an sich, sondern in der Unkenntlichmachung der politischen Strategie zugunsten der Behauptung der Authentizität, wenn eine »Handlungsepisode […] so gespielt [wird], als wäre sie die Realhandlung, und […] die Zeichen des Spiels [verwischt]«.[32]

Krise der Repräsentation als Ent-täuschung?

Der Vertrauensverlust der Zuschauerin vom Anfang scheint weitergehend also daher zu rühren, dass sie den politischen Repräsentant:innen unterstellt, dass sich hinter dem von ihnen symbolisch und medial aufwendig und ausschweifend Kommunizierten (dem gegenseitigen Schutz vor dem Virus durch zum Beispiel das Tragen von Coronamasken) noch etwas anderes verbirgt. Sie scheint sich darüber zu beklagen, Teil eines größeren politischen Schauspiels zu sein, das sie nicht durchschauen kann, dessen Spielregeln sie nicht versteht und bei dem sie dennoch dazu gezwungen wird, mitzuspielen. »Politik als Theater treibt politische Urteilskraft und Teilhabebereitschaft bei denen aus, die sie nicht durchschauen.«[33] Sie glaubt also nicht, was man ihr zu vermitteln versucht, und offenbart so eine Enttäuschung über die Diskrepanz zwischen öffentlicher Darstellung und der hinter verschlossenen Türen stattfindenden politischen Sachdiskussion. In einem Moment, in dem auf der Sachebene aufgrund der Neuheit des Coronavirus und der Notwendigkeit schnellen Handelns zu dessen Eindämmung besonders wenig kommuniziert werden kann und stattdessen immer das Gleiche wiederholt und symbolisch präsentiert wird, empfindet sie das Auseinanderfallen der Sachebene und der Symbolebene als besonders virulent. Damit reagiert sie auf das, was Thomas Meyer bereits 1998 als den »Zwang zur Scheinhandlung« beschrieben hat:

»Da der Zwang zur Legitimation politischen Handelns oder eben auch Nicht-Handelns für den Nationalstaat in der Krise wächst, […], werden die politischen Akteure zum Beispiel stärker verführt, die offenkundigen Erfolgsdefizite durch medienwirksames Scheinhandeln zu verschleiern.«[34]

So gesehen könnte man sagen, dass der performative turn in der Politik dem Aufkommen der Querdenker:innenbewegung sowie dem Anstieg von Fake News und als Wahrheit verkündeter Halbinformationen den Grundstein gelegt hat. Denn wenn alles, was empfunden, gedacht und spekuliert werden kann, auch als Wahrheit, authentische Selbstdarstellung und persönliche Überzeugung kommuniziert, dargestellt und verbreitet werden kann, wie lässt sich dann noch unterscheiden, ob das, was gesagt und performt wird, tatsächlich der Wahrheit entspricht?
Die Coronapolitik erscheint somit als Paradebeispiel für einen Trend, der lange vor der Pandemie eingesetzt hat. Der bereits zuvor beklagte Vertrauensverlust hat sich seit März 2020 noch einmal potenziert. Die Reaktion einzelner Menschen auf die nur scheinbar aufgehobene Grenze zwischen öffentlichem Auftreten und privater Überzeugung, zwischen public persona und Privatmensch, wird damit nachvollziehbar, auch wenn die Schlussfolgerungen unverständlich bleiben und als verquer bezeichnet werden müssen.

Das Spiel mit den Masken

Aber was hat das alles nun mit dem Maskenspiel als Bühnenkunst zu tun? Tatsächlich reichlich wenig. Dient das Maskenspiel auf der Bühne doch gerade nicht der Darstellung irgendeiner Wirklichkeit, sondern – im Gegenteil – ihrer Reflektion und Infragestellung. Theatermasken besaßen schon immer ein subversives Potenzial, das die herrschenden Meinungen ebenso wie die politische Ordnung durcheinanderbringen konnte. Die, die an der Macht sind, fürchten die Maskenspieler:innen. Denn Letztere lassen die falschen Spiele auffliegen, indem sie sie in einem fiktiven Szenario öffentlich zur Schau stellen. Die Masken auf der Bühne sind keine Masken der manifesten Machtstrukturen, ebenso wenig sichern sie den Machthabern ihre Position. Ihre Macht besteht im Gegenteil im Aufdecken von Machtstrukturen, indem sich die Darsteller:innen die sozialen Rollen aus der gesellschaftlichen Realität aneignen und mit ihnen spielen, als ob sie die wären, die sie darstellen. Niemals würde ein:e Maskenspieler:in der Annahme verfallen, sie:er sei das, was sie:er darstellt. Dies scheint eher ein Phänomen aus der gesellschaftlichen sowie politischen Wirklichkeit zu sein. Auf der Bühne besteht das Ziel gerade darin, jemanden oder auch etwas darzustellen, der:die:das man selbst nicht ist. Die:der Spieler:in versucht so glaubwürdig wie möglich als jemand anderes wahrgenommen zu werden als im realen Leben. Selbstverständlich greift jede:r Spieler:in dabei immer auf die eigenen Möglichkeiten, Erfahrungen, Erlebnisse und Charaktereigenschaften zurück, jedoch immer, um diese für die Figur neu zu verwenden. Dies setzt eine erhebliche Selbstreflexion voraus. Wer sich seiner eigenen Eigenschaften und Wirkungen nicht bewusst ist, wird diese auch nicht einsetzen können. Ähnlich wie ein Maler seine Farben oder ein Handwerker seine Werkzeuge kennen muss, um sie für seine neuen Kreationen zu benutzen, arbeitet die:der Schauspieler:in mit inneren Farben und Werkzeugen. Diese Reflexion und dieses Handwerk wird Politiker:innen sowie anderen Personen, die in der Öffentlichkeit agieren, zwar beizubringen versucht – nicht zuletzt durch professionelle Schauspieler:innen, die ebenfalls als Coaches arbeiten. Doch selbst dann, wenn die öffentlich auftretende Person über schauspielerisches Talent verfügt, lässt sich ihr öffentliches Handeln und Auftreten nicht als Spielen bezeichnen. Der entscheidende Unterschied liegt darin, dass die öffentliche Person mit ihrem scheinbaren Spiel einen Zweck in der gesellschaftlichen Wirklichkeit verfolgt, sie möchte etwas erreichen, eine Reform umsetzen, einen Gesetzestext verändern, Gelder umverteilen, die öffentliche Meinung im Sinne ihres Programms beeinflussen. Sie möchte die Realität gestalten und versucht dazu, ihre Wähler:innen, Kund:innen und Kolleg:innen etc. von ihren Vorschlägen zu überzeugen.
Als Parteipolitiker:in wird man dabei versuchen, diejenigen zu repräsentieren, die den eigenen potenziellen Wählergruppen entsprechen. Das ist, wie oben beschrieben, die ursprüngliche Idee der Repräsentation in der repräsentativen Demokratie. Und dafür wenden die Politiker:innen ihr Spiel an. Sie tun nicht so, als ob sie jemand anderes wären, um ein Gedankenexperiment zu wagen oder die Realität aus einer unbekannten Perspektive betrachten zu können. Sie bleiben nicht auf der Ebene des bloßen Spiels als Spiel. Das Spiel wird in dieser politischen Sphäre der Repräsentation zu einem Mittel, um einen bestimmten Zweck zu erreichen. Und damit wird das Spiel von einer Handlung des als ob zu etwas anderem, nämlich zu einem Werkzeug des um zu. Denn das Spiel des als ob ist notwendig eine

»freie Handlung […], die als ›nicht so gemeint‹ und außerhalb des gewöhnlichen Lebens stehend empfunden wird und trotzdem den Spieler völlig in Beschlag nehmen kann, an die kein materielles Interesse geknüpft ist und mit der kein Nutzen erworben wird.«[35]

Die scheinbar oder angeblich um einen realen Zweck spielende Person spielt nicht. Sie performt bloß sich selbst.

»Ich ist ein Anderer«

Man könnte insgesamt nun also zu der These gelangen, dass immer dort, wo das Diktum von Authentizität und wahrer Selbstdarstellung vorherrschen und ihre Inszeniertheit aus dem Blick gerät, die Angst vor den Masken wächst. Das Schwinden des privaten Raums, die Überwachung und der Handel mit persönlichen Daten scheinen weniger zu stören als das Undurchschaubare, das Verhüllte und das Verborgene zum Schutz derer und ihrer Gegenüber, die sich maskieren. Das Nicht-Wissen verängstigt; das Offenlegen, so wird behauptet, beruhigt und schafft Vertrauen und Akzeptanz in eine durch die politischen Repräsentant:innen umgesetzten Ordnung. Doch das Vertrauen gegenüber den Repräsentant:innen sowie deren Akzeptanz, die auf einer scheinbar wahren Darstellung scheinbar authentisch auftretender und sprechender Personen beruhen, sitzen einem Missverständnis von politischer Repräsentation, zwischenmenschlicher Kommunikation und sogar menschlicher Identitätskonstruktion auf: Niemand wird jemals ein wahres Auftreten erreichen.
Alle sind – in abgewandelter Form des Rimbaud’schen Satzes »je est un autre«[36] – immer andere, jede Person hat mehrere Gesichter, performt unterschiedliche Rollen, je nach Kontext und je nach Zielsetzung. Selbst in der kuscheligsten, innigsten Gemeinschaft, in deren Einzelteile oder »Singularitäten« die Gesellschaft laut Reckwitz derzeit zerfallen ist, wird es niemals dazu kommen, dass alle Karten aller immer sichtbar auf dem Tisch liegen.[37] Dies ist noch nicht einmal in einer Familie der Fall, geschweige denn in einer Paarbeziehung, der kleinsten vorstellbaren Gemeinschaft. Diese Erkenntnis wiederum, ob sie einen nun in Traurigkeit versetzt oder Humor und Lust entdecken lässt, ist die Basis des Theaters ebenso wie die eines gesellschaftlichen Zusammenlebens in einer Demokratie der Vielen. Es gilt, den anderen und sich selbst die Freiheit zuzugestehen, sich so weit hinter den eigenen zur Verfügung stehenden Masken zu verstecken, wie es die Spielvereinbarung erlaubt. Vor allem aber darf die Grenze zwischen Darstellung und Realität nicht verwischt, unkenntlich gemacht oder verschwiegen werden. Die auf der symbolischen politischen Ebene implizit vertretene Behauptung, die Darstellung einer politischen Person sei identisch mit dieser Person, sie entspreche ihrer Identität, ist fatal. Sie macht das ohnehin durch verschiedene Fehlentwicklungen und -entscheidungen beschädigte Vertrauen in politische Repräsentant:innen zunichte. Den Fake von der tatsächlichen Information, das Symbol von seinem Inhalt und die politische Repräsentanz von ihrem authentischem Selbst unterscheiden zu können, das ist es, was als Kompetenz erlernt werden und in das kollektive Bewusstsein der Gegenwart zurückkehren muss.
Das Maskenspiel auf der Theaterbühne als offen-sichtliches Spiel mit den unterschiedlichen Gesichtern und Facetten einer Figur – und das ist die Pointe – steht allerdings viel mehr mit dem Virus selbst in Verbindung als mit irgendeiner Form von politischer Kommunikation und erst recht nicht mit den politischen Maßnahmen dagegen. Die Pandemie bringt die gewohnte Ordnung ins Wanken. Sie zerstört Ordnung; aber sie setzt weder eine Ordnung durch noch repräsentiert sie diese. Das kann weder Corona noch irgendein Maskenspiel der Welt. Das können nur die Menschen, die die Ordnung gemeinsam neu bestimmen und beispielsweise aufs Neue damit beginnen, sich eine kollektive Identität abseits von biografischen oder scheinbar authentischen Merkmalen zu geben. Die Masken als Schutzmasken hingegen sind keine Masken im eigentlichen Sinn. Wir sollten ihnen einen anderen Namen geben. Vielleicht den, der in Hamburg für die schützenden Stofffetzen bereits seit Pandemiebeginn existiert: Snutenpulli.

[1] Antonin Artaud, Das Theater und die Pest, Frankfurt a.M. 1964.
[2] Vgl. zur Maske Richard Weihe, Die Paradoxie der Maske. Geschichte einer Form, München 2004, S. 50f.
[3] Vgl. Thomas Meyer, Politik als Theater, Berlin 1998, S. 122; zur Inszenierung von Politik vgl. außerdem Paula Diehl & Gertrud Koch (Hg.), Inszenierung der Politik. Der Körper als Medium, Paderborn 2007.
[4] Vgl. z.B. Björn Quiring, Theatrum Mundi. Die Metapher des Welttheaters von Shakespeare bis Beckett, Berlin 2013.
[5] Ebd., S. 14f.
[6] Vgl. z.B. Joachim Fiebach, Inszenierte Wirklichkeit. Kapitel einer Kulturgeschichte des Theatralen, Berlin 2007.
[7] Vgl. z.B. Erika Fischer-Lichte, Theatralität und Inszenierung, in: Dies. u.a. (Hg.), Inszenierung von Authentizität, Tübingen & Basel 2000.
[8] Erving Goffman, Wir alle spielen Theater, München 1969.
[9] Vgl. Weihe, S. 47.
[10] Ebd., S. 27f. u. S. 179ff.
[11] Ebd., S. 47; vgl. darüber hinaus auch Reinhard Olschanski, Maske und Person. Zur Wirklichkeit des Darstellens und Verhüllens, Göttingen 2001.
[12] Vgl. Website von Christian Bohdal an der Hochschule für Künste im Sozialen Ottersberg, https://tiny.one/indes223o1.
[13] Jacques Heers, Vom Mummenschanz zum Machttheater. Europäische Festkultur im Mittelalter, Frankfurt a.M. 1986, S. 297.
[14] Zit. nach ebd., S. 23.
[15] Vgl. Fiebach.
[16] Vgl. hierzu weiterführend Hugo Aust u.a., Volksstück. Vom Hanswurstspiel zum sozialen Drama der Gegenwart, München 1989.
[17] Vgl. z.B. Peter Laudenbach & John Goetz, Druck von Rechts, in: Süddeutsche Zeitung, 27.08.2019, https://tiny.one/indes223o2.
[18] Vgl. z.B. Bernd Stegemann, Kritik des Theaters, Berlin 2013 oder Fischer-Lichte u.a.
[19] Vgl. Johann Caspar Lavater, Physiognomische Fragmente zur Beförderung der Menschenkenntnis und Menschenliebe, Leipzig & Winterthur 1775.
[20] Vgl. zum Versammlungsgesetz NRW vom Dezember 2017 z.B. https://tiny.one/indes223o3; zur Diskussion darüber Felicitas von Boeselager, Warum das geplante Versammlungsgesetz in NRW so umstritten ist, in: Deutschlandfunk, 08.12.2022, https://tiny.one/indes223o4; zur Kopftuchdebatte in Deutschland z.B. Anna C. Korteweg & Gökce Yurdakul, Kopftuchdebatten in Europa. Konflikte um Zugehörigkeit in Nationalen Narrativen, Bielefeld 2016.
[21] Die Gruppe Rimini Protokoll wurde bekannt durch Inszenierungen, in die sie sogenannte »Expert:innen des Alltags« einbezog, um bestimmte Probleme sichtbar zu machen, z.B. in Qualitätskontrolle von 2013, https://tiny.one/indes223o5.
[22] Ein gutes Beispiel für das Richtigrücken des Diskurses um authentische Spielweisen ist das Act-Out-Manifest von 2021, das von über 185 queeren und homosexuellen Schauspieler:innen und Theatermenschen unterschrieben wurde, die fordern, alle Rollen spielen zu können, da sie Schauspieler:innen sind, und nicht nur solche, die ihrem sexuellen Selbstverständnis entsprechen. Vgl. https://act-out.org.
[23] Maik Bohne u.a., Wieviel Ich im Wir? Wandel der Repräsentation in Deutschland, in: Das Progressive Zentrum (Hg.), Discussion Paper, Berlin 2017, S. 1.
[24] Vgl. weiterführend z.B. Gerhard Göhler, Institution – Macht – Repräsentation. Wofür politische Institutionen stehen und wie sie wirken, Baden-Baden 1997; Paula Diehl & Felix Steilen, Politische Repräsentation und das Symbolische. Historische, politische und soziologische Perspektiven, Berlin 2015.
[25] Vgl. z.B. Thomas Meyer, Die Theatralität der Politik in der Mediendemokratie, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, H. 53/2003, S. 12–19.
[26] Stefan Moebius & Markus Schroer, Diven, Hacker, Spekulanten. Sozialfiguren der Gegenwart, Berlin 2010.
[27] Vgl. z.B. Paula Diehl, Demokratische Repräsentation und ihre Krise, in: Aus Politik und Zeitgeschichte 40–42/2016, S. 12–17.
[28] Vgl. z.B. Bohne u.a., S. 4; Jessica Fortin-Rittberger & Corinna Kröber, Der neu gewählte Deutsche Bundestag. Ein Schritt in Richtung eines »repräsentativen« Parlaments?, in: Aus Politik und Zeitgeschichte 47–49/2021, S. 34–40; Markus Linden & Winfried Thaa (Hg.), Krise und Reform politischer Repräsentation, Baden-Baden 2011.
[29] Vgl. Bohne u.a.
[30] Vgl. hierzu auch Eva Menasses eindringlichen Appell an den Kompromiss: Gedankenspiele über den Kompromiss, Graz 2020.
[31] Richard Sennett, Verfall und Ende des öffentlichen Lebens. Die Tyrannei der Intimität, Frankfurt a.M. 1974, S. 58.
[32] Meyer, S. 85.
[33] Ebd., S. 127.
[34] Ebd., S. 65.
[35] Johan Huizinga, Homo Ludens. Vom Ursprung der Kultur im Spiel, Reinbek bei Hamburg 1956.
[36] Das Zitat stammt aus einem Brief Rimbauds an Georges Izambard vom 13. Mai 1971 und bedeutet übersetzt etwa »Ich ist ein anderer«. Rimbaud meinte damit, dass es ihm beim Schreiben so vorkomme, als sei er selbst nur das Medium, durch das die Sprache hindurchfließe, als schrieben sich die Gedichte selbst und bloß durch ihn.
[37] Andreas Reckwitz, Die Gesellschaft der Singularitäten. Zum Strukturwandel der Moderne, Berlin 2017.

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Quelle: INDES. Zeitschrift für Politik und Gesellschaft, H. 3-4-2022 | © Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen, 2022