Meister der Begriffsdrachen Die sprachlichen Untugenden der Geschlechterforschung

Von Andrea Roedig

Ein Faltblatt des Graduierten-Kollegs »Geschlecht als Wissenskategorie« der Humboldt Universität hat es kürzlich zu einer kleinen, traurigen Berühmtheit gebracht. Michael Angele, Kulturchef der Wochenzeitung Freitag, nahm die darauf abgedruckte Ankündigung einer Ringvorlesung zum Anlass für eine generelle Polemik gegen die Spracheigentümlichkeiten der Genderstudies. Deren Jargon sei unverständlich, unsinnig und mitunter unfreiwillig komisch, schreibt Angele und belegt das mit schlagkräftigen Zitaten aus dem Faltblatt. Es fängt an beim gespreizten Titel der Veranstaltung »Wissenskörper und Körperwissen« und setzt sich fort in kryptischen Fragestellungen, etwa: »Wie wird der vergeschlechtlichte Körper (Materie oder Metapher) durch historische/gegenwärtige, wirtschaftliche und soziokulturelle Bedingungen begrifflich gedacht?« oder Formulierungen, die auch für schlüpfrige Pointen gut wären: »Wie wird der Körper durch Geschlechter- und Sexualpolitiken mobilisiert, etwa in Bezug auf Fortpflanzung oder Sexismen?« – Angele versucht, das zu übersetzen: »Könnte gemeint sein, dass seine Schritte beschleunigt, wer auf der Straße blöd angemacht wird?« und fragt sich, wer um Himmels Willen das »breite Publikum« sein soll, das diese Ringvorlesung selbsternanntermaßen ansprechen will.

Man weiß, wie solche Tagungskonzepte und Floskel-Flyer zustande kommen, aber das entschuldigt nichts. […]

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Quelle: INDES. Zeitschrift für Politik und Gesellschaft, H. 1-2013 | © Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen, 2013