Image eines antifaschistischen Widerstandskämpfers Die Aktivitäten des Paul Dickopf (1910-1973) und das BKA

Von Imanuel Baumann

Die außerordentliche Karriere des Kriminalisten Paul Dickopf bis an die Spitze des Bundeskriminalamts und der Internationalen Kriminalpolizeilichen Kommission (Interpol) nahm im Juni 1937 ihren Anfang. Der Sohn eines Lehrers hatte als Gasthörer zunächst einige Semester an den Univer­sitäten Frankfurt am Main und Wien verbracht, ehe er in Frankfurt im Jahr 1932 ein reguläres Jurastudium aufnahm. Paul Dickopf schloss sich 1933, bevor er sein Studium abbrach, dem Nationalsozialistischen Deutschen Stu­dentenbund an, um sich für ein Jahr zum Militär zu melden. Dann bewarb er sich als Kriminalkommissar-Anwärter und trat 1937 in den Dienst der Kri­minalpolizei in Frankfurt am Main.[1]

Dickopf absolvierte den 13. Kriminalkommissar-Anwärterlehrgang an der Führerschule der Sicherheitspolizei in Berlin-Charlottenburg (1938/1939), wurde in die SS aufgenommen und nach bestandener Abschlussprüfung zum SS-Untersturmführer ernannt.[2] Als Kriminalkommissar-Anwärter be­gleitete er 1938 einmal »einen der Transporte nach dem damals neu errich­teten Konzentrationslager in Buchenwald«, wie er 1949 in einem Lebenslauf unbefangen darlegte.[3] Seit Juli 1939 arbeitete Dickopf zunächst als Kriminalkommissar auf Probe bei der Kriminalpolizeistelle in Karlsruhe, bis er im Oktober des gleichen Jahres zur Abwehrstelle beim Generalkommando des V. Armeekorps in Stuttgart abgeordnet wurde.

Agent für Schweizer, Amerikaner und Deutsche?

Seit Juli 1943 hielt sich Paul Dickopf in der Schweiz auf. Die Gründe für die­sen Schritt sind mythenumweht. Er selbst will vor dem Sicherheitsdienst der SS (SD) geflohen sein, der ihn seit Mai 1942 genauer unter die Lupe genom­men habe.[4] Nach den detaillierten Studien von Dieter Schenk ist er hingegen im Auftrag der Abwehr in die Schweiz gegangen, um dort für »NS-Dienst­stellen« Informationen zu beschaffen; als Doppelagent habe er aber auch mit dem Schweizer Nachrichtendienst kooperiert.[5] [...]

 

Anmerkungen

[1] Dieser Aufsatz beruht auf meinen Abschnitt: Paul Dickopf (1910–1973): Geheimagent, Spin Doctor und BKA-Präsident, in: Imanuel Baumann u. a., Schatten der Vergangenheit. Das BKA und seine Gründungsgeneration in der frühen Bundesrepublik, hg. v. Bundeskriminalamt, Köln 2011, S. 69–78.

[2] BArch (ehem. BDC), SSO, Dickopf, Paul (09.06.1919); SS-Nr. 337259.

[3] Paul Dickopf, Lebenslauf vom 23. November 1949, in: BArchN1265/11.

[4] Vgl. den ausführlichen Lebenslauf von Paul Dickopf vom 21. Februar 1945, in: National Archives and Records Administration (NARA), RG 263, Entry ZZ18, Box 24, File »Paul Dickopf«, vol. 1 (1 of 2), Bl. 28; oder das Memorandum vom 29. Juni 1948, in: NARA, RG 263, Entry ZZ18, Box 24, File »Paul Dickopf«, Vol. 2 (1 of 2).

[5] Dieter Schenk, Die braunen Wurzeln des BKA, Frankfurt a. M. 2003, S. 84.

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Quelle: INDES. Zeitschrift für Politik und Gesellschaft, H. 4-2019 | © Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen, 2019