Die Hürden des Suchens und Findens Gedanken über die Heimat

Von Ulrike Guérot

I. Huch, überall Heimat?[1]

Lange wurde nicht mehr so viel über Heimat, Identität oder auch Nation geredet wie heute. Wo kommt das auf einmal her? 1964 im Rheinland geboren, kann ich mich nicht daran erinnern, dass es früher, als Deutschland noch Bundesrepublik hieß, wichtig war, seine Heimat zu betonen. Man hatte eine Heimat, klar; aber man redete nicht ständig darüber. Heimat war irgendwie selbstverständlich, im Sinne, dass jeder irgendwo herkommt, eine Familie, eine Herkunft hat. Schon gar nicht war die Nation die Heimat – allein schon, weil auch über die Nation als solche nicht geredet wurde.

Laut einer Umfrage zum Thema Heimat[2] ist das heute immer noch so: Die meisten Deutschen denken bei »Heimat« nicht an Nation. »Heimat« ist Kindheit (87 Prozent), Familie (87 Prozent), Freunde (84 Prozent) oder Geborgenheit (72 Prozent). Die Nation kommt in diesen Aufzählungen nicht einmal vor. Warum ist sie dann im aktuellen politischen Diskurs so präsent, wo die Nation auf einmal zu einem Inbegriff von Heimat stilisiert wird, die es zu schützen gelte? Die Antwort liegt auf der Hand: Heimat wird von einigen Parteien gezielt und mit verlegerischer Marktmacht unterlegt, gleichsam in den öffentlichen Diskurs gepresst wie ein Einlauf.[3] Der »identitäre Diskurs« bzw. das Gerede über die »konservative Revolution«, bei dem Heimat – schlimmer: die Nation als Heimat – auf einmal eine zentrale politische Rolle spielt, ist menmade, ist medial gemacht, ist herbeigeredet. Im Foucault’schen Sinne wird gezielt und intendiert eine Diskurshoheit geschaffen. Diese bereitet realiter den Boden für den aktuellen politischen Rechtsruck […]

Anmerkungen

[1] Aus Zeitgründen leider kein wissenschaftlicher Beitrag zum Begriff »Heimat«, sondern lediglich ein paar – hoffentlich inspirierende – Gedanken.

[2] Thomas Petersen, Das denken die Deutschen über Heimat, in: faz.net, 25.04.2018, URL: https://www.faz.net/aktuell/politik/inland/deutsche-sprechen-in-der-allensbach-umfrage-ueber-ihr-heimatgefuehl-15558259.html [eingesehen am 20.12.2018].

[3] Als Bespiel für die Zeitschriften der Neuen Rechten bspw. Junge Freiheit, Sezession, Cato oder die Publikationen des Antaios-Verlages.

 

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Quelle: INDES. Zeitschrift für Politik und Gesellschaft, H. 4-2018 | © Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen, 2018