Trainieren für den Tag X Die extreme Rechte und der Kampfsport

Von Robert Claus

Martin Krause dominiert seinen Gegner sichtlich. Immer wieder misst er mit seiner Führhand die Entfernung zum Gegner aus, bewegt sich gut im hell ausgeleuchteten, achteckigen Käfig, täuscht an und schlägt überraschend zu. Er ist der deutlich bessere Boxer im neunten Mixed-Martial-Arts (MMA)- Kampf des Abends beim Event »Sprawl and Brawl« in Berlin. Sein Gegner – der Berliner Feuerwehrmann Andre Lenke – hat kaum eine Chance. Die rund 500 Zuschauer*innen sehen einen ungleichen Kampf.

Es ist das 4. MMA-Event am 12. November 2016 im Ostberliner Stadtteil Weißensee. Mehrere Wochen hat es der Veranstalter öffentlich beworben, vor der Halle einen Burger-Stand aufbauen lassen, drinnen gab es Motorräder zu bewundern. Lenke hatte seine Unterstützer mitgebracht, die ihn lautstark anfeuerten. Doch auch Krause kam nicht alleine. Kurz nachdem der Ringrichter den Kampf nach 1:56 Minuten zugunsten Krauses abbrach, rannten gut zwei Dutzend junge Männer von den Rängen in Richtung des Käfigs. Sie skandierten »HooNaRa«.

Die Abkürzung steht für »Hooligans Nazis Rassisten« und geht auf einen Zusammenschluss von sächsischen Hooligans in den 1990er und 2000er Jahren zurück, vorrangig aus Chemnitz und Zwickau. Seinerzeit galt die Gruppe in der Hooliganszene als sportlich führend in Deutschland, politisch als militant rechts. Zwar hat sie sich 2007 aufgelöst, doch die Netzwerke bestehen weiter, der Slogan hat sich in der Szene verselbstständigt. Und die Verbindung zu Krause kommt nicht von ungefähr. Er trägt den Leitspruch der Waffen-SS »Ruhm und Ehre« groß auf seinem Schlüsselbein. Zwar tritt er für das Leipziger »Bushido Free Fight Team« an, doch trainierte er zuvor im Boxclub Chemnitz 94 e.V. [...]

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Quelle: INDES. Zeitschrift für Politik und Gesellschaft, H. -2020 | © Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen, 2020