X-MEN: Days of Future Past (1981) Eine Comicbook-Referenz der Fernsehserie HOLOCAUST (1978)
Heute zählen die X-MEN zu den progressivsten Superheld:innen. Sie repräsentieren das Streben nach Gleichberechtigung von unterdrückten Minderheiten, schließlich bilden die Mutant:innen in ihrer Welt eine von der »normalen« Bevölkerung im besten Falle skeptisch beäugte, im schlimmsten Szenario mit allen Mitteln verfolgte Randgruppe der Gesellschaft. Beispielsweise war mit Northstar bereits 1992 ein Mutant im Comicbook als homosexuell zu erkennen und die X-MEN-Filmreihe der 2000er Jahre gilt aufgrund einiger offen queerer Crew-Mitglieder (Bryan Singer, Ian McKellen und Elliot Page) sowie u.a der sogenannten outing-scene im zweiten Teil als explizite Analogie zu den Lebensumständen der LGBTQI-Community. Dass die Mutant:innen stellvertretend für alle in der Welt ausgegrenzten Bevölkerungsgruppen stehen, war jedoch nicht von Anfang an ersichtlich. Von Stan Lee und Jack Kirby konzipiert, bestand die Gruppe in der ersten Ausgabe von 1963 noch aus ausschließlich weißen Mittelschicht- und Upper-Class-Sprösslingen, die der Rest der Gesellschaft aufgrund ihrer individuellen Begabungen als Bedrohung ansieht. Seit der ersten Ausgabe bildet der Metall manipulierende Magneto den Antagonisten des X-MEN-Universums. Mit seiner Brotherhood of Evil Mutants versucht dieser Erzschurke immer wieder, die Herrschaft über die Welt zu erlangen, auch wenn dies die vollkommen rechtlose Unterordnung der Menschheit unter den Homo Superior, also die Mutant:innen, zur Folge haben sollte. Anfänglich wird er dabei auch von den Geschwistern Piotr und Wanda Maximoff unterstützt, die als osteuropäische »Zigeuner« beschrieben werden. Deshalb spricht Terrence R. Wandtke dem ersten Run der X-MEN-Comics unter Federführung von Lee und Kirby auch ab, bereits als eine Parabel auf in der Gesellschaft herrschenden Antisemitismus und anderweitige rassistische Intoleranz lesbar zu sein. Für seine Argumentation zieht Wandtke auch die jüdische Identität des Erzfeindes Magneto als Beleg heran.[1] Dies erscheint jedoch ungerechtfertigt, da Magnetos jüdische Herkunft erstmals im Jahr 1981, in UNCANNY X-MAN #150, enthüllt wurde.
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[1] Vgl. Terrence R. Wandtke, Introduction: Once Upon a Time Once Again, in: Ders. (Hg.), The Amazing Transforming Superhero! Essays on the Revision of Characters in Comic Books, Film and Television, Jefferson, S. 5–32, hier S. 18.
Quelle: INDES. Zeitschrift für Politik und Gesellschaft, H.4-2023 | © Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen, 2024