»Tausche abgebüsste Haft gegen komplette Entschuldung« Aushandlungen um Schuld und Vergebung in Jean Hatzfelds Une saison de machettes über den Genozid in Ruanda

Von Anne D. Peiter

„Avec Dieu, les paroles sont moins
risquantes pour l’avenir, et plus soulageantes.“[1]

Der Tutsizid, der in den Monaten April bis Juni 1994 über eine Million Menschen das Leben kostete, hat Ruanda im »Danach« vor ein juristisches und organisatorisches Problem gestellt, das historisch beispiellos war. Die Beteiligungsrate an den Tötungen war aufseiten der Hutu derart hoch, dass bereits die Inhaftierung der Haupttäter:innen die Frage nach dem Weiterfunktionieren der ruandischen Gesellschaft aufwarf. Dieses Problem gewann an Brisanz, als die in Anrainerstaaten, zum Beispiel nach Zaire (in die heutige Demokratische Republik Kongo), geflohenen Täter:innen und ihre Familien ab 1996 nach und nach in ihr Land zurückkehrten. Die Frage nach den Möglichkeiten von Gerechtigkeit und gesellschaftlichem Zusammenhalt stellte sich nun mit neuer Dringlichkeit, was auch den Druck auf den juristischen Apparat erhöhte.

[...]

[1] Pancrace Hakizamungili, zit. nach Jean Hatzfeld, Une saison de machettes, Paris 2003, S. 229 (»Mit Gott sind die Worte in der Zukunft weniger risikobehaftet, und außerdem erleichternder.« [Übersetzung A.P.]). Zum Leben dieses Mannes vgl. ebd., S. 276.

 

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Quelle: INDES. Zeitschrift für Politik und Gesellschaft, H.4-2023 | © Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen, 2024