Selbstwerden durch Scheitern Grenzsituationen als Bildungsanlass bei Karl Jaspers

Von Judith Lutz

Scheitern, so zeigen es einige aktuelle Gesellschaftsanalysen, wird in der gegenwärtigen Zeit als persönliches Versagen wahrgenommen und vor allem negativ bewertet. Dem Gescheiterten wird die alleinige Verantwortung zugeschrieben.

Der Soziologe Hartmut Rosa stellt fest, dass sich die moderne Gesellschaft dynamisch stabilisiert, d.h., um sich zu erhalten, ist sie auf Beschleunigung und Wachstum angewiesen. Diese „dynamische Stabilisierung“[1] und ihr forderndes „höher, schneller, weiter“ führe dazu, dass die Angst vor dem Scheitern allgegenwärtig werde. Rosa bezeichnet dieses Gefühl, permanent vor dem rutschigen Abhang zu stehen und Kraft investieren zu müssen, nicht herunterzurutschen, als „Slippery-Slope-Phänomen“.[2]

[1] Hartmut Rosa, Resonanz, Berlin 2016, S. 459.
[2] Vgl. Hartmut Rosa, Beschleunigung. Die Veränderung der Zeitstrukturen in der Moderne, Frankfurt am Main 2016, S. 190.

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Quelle: INDES. Zeitschrift für Politik und Gesellschaft, H.  2-2023 | © Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen, 2023