Ralph Jessen
Ralph Jessen, Dr. phil., Professor für Neuere Geschichtean der Universität zu Köln seit 2002. Arbeitsgebiete: Deutsche Geschichte des 19. und 20. Jahrhunderts; Publikationen u.a.: Konkurrenz in der Geschichte. Praktiken – Werte – Institutionalisierungen, Frankfurt 2014; Transformations of Retailing in Europe after 1945, Farnham 2012 (hg. mit L. Langer); Voting for Hitler and Stalin. Elections under 20th Century Dictatorships, Frankfurt 2011 (hg. mit H. Richter).
Beiträge
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INDES H. 1-2019
Immer wieder montags Warum wir über eine populistische »Volks«-Erinnerung reden müssen
Der Beitrag analysiert die rechtspopulistische Referenz auf die friedlichen Proteste in der DDR vom Herbst 1989, die von Bewegungen wie »PEGIDA« als symbolische Ressource einer Fundamentalopposition gegen die liberale Demokratie der Bundesrepublik in Stellung gebracht werden. Ein Grund für den Erfolg dieses narrativen Musters ist die Bedeutungsvielfalt des Volksbegriffs, die bereits während der Friedlichen Revolution ihre mobilisierende Kraft entfaltete: Die Parole »Wir sind das Volk« bedient neben Einheitssehnsüchten auch antielitäre und anti-institutionalistische Gefühlslagen gleichermaßen und gibt damit einem populistischen Politikverständnis Raum. Die antielitäre Dimension des Protests bediente in den Transformationsjahren nach der Wiedervereinigung die Etablierung eines populären Opfernarrativs: Das ostdeutsche Volk, so die Erzählung, wurde zuerst von den kommunistischen Herrschern und danach von den »importierten« West-Eliten betrogen. Dieses in Ostdeutschland weitverbreitete Gefühl einer anhaltenden Benachteiligung wird von Rechtspopulisten derzeit erfolgreich ausgenutzt.
Schlagworte: DDR, Populismus, Friedliche Revolution, Wiedervereinigung, PEGIDA