Die neue alltagspolitische Opposition (APO)? Wie Parteien und Nischenbewegungen aufeinandertreffen

Von Felix Butzlaff  /  Michael Deflorian

Die Beziehungen zwischen politischen Parteien und sozialen Bewegungen sowie ihre wechselseitigen Vorstellungen davon, wie Gesellschaften regiert, reguliert und verändert werden, sind stets dynamisch, instabil und wechselhaft gewesen. Über einen Großteil der vergangenen gut 150 Jahre ist gesellschaftlicher Wandel aber oftmals als eine zusammenwirkende Organisation sozialer Lebenswelten und parlamentarischen Handelns entworfen worden. Die Arbeiterbewegung, die konservativen und katholischen Milieus bis in die 1930er Jahre hinein und darüber hinaus; die grün-ökologischen Bewegungen der 1980er Jahre: Für sie alle war selbstverständlich, dass es eines verlässlichen Ineinandergreifens parlamentarischer wie außerparlamentarischer Organisation bedurfte, um die eigenen Ziele zu erreichen. Wie genau dieses Ineinandergreifen jeweils funktionierte, unterschied sich von Milieu zu Milieu und zwischen Parteientypen sowie Jahrzehnten. Dass aber ein gesellschaftlicher Wandel oder das Erreichen bestimmter Gesellschaftsideen auf beides angewiesen war – auf Parlament und Vorfeld, auf Parteiorganisation und Lebenswelt –, war für soziale Bewegungen lange zentral. Dies ist seit einiger Zeit jedoch keineswegs mehr selbstverständlich.

Heutige Bewegungen und Initiativen, die sich einer alternativen Gesellschaft oder einem sozial-ökologischen Wandel verschrieben haben, entwerfen diesen immer öfter dezidiert ohne einen stabilen parlamentarischen Partner. […]

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Quelle: INDES. Zeitschrift für Politik und Gesellschaft, H. 3-2019 | © Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen, 2019