Umgang mit Krieg und Konflikt Anspruch, Strategiefähigkeit und Öffentlichkeit in der Außen- und Sicherheitspolitik

Von Sarah Brockmeier  /  Philipp Rotmann

Fünf Jahre ist es her, dass der damalige Bundespräsident Joachim Gauck in einer Rede auf der Münchner Sicherheitskonferenz von seinem Land einforderte, mehr internationale Verantwortung zu übernehmen.[1] »Engagieren wir uns schon ausreichend dort«, fragte Gauck, »wo die Bundesrepublik eigens Kompetenz entwickelt hat – nämlich bei der Prävention von Konflikten?« Der damalige Außenminister Frank-Walter Steinmeier und die Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen schlugen in dieselbe Kerbe: Deutschland müsse sich »früher, entschiedener und substantieller« als bisher für Sicherheit und Frieden einsetzen, sowohl im eigenen Interesse als auch als Ausdruck eigener Werte und Überzeugungen. Das war Ende Januar 2014 – wenige Wochen bevor die russische Aggression in der Ukraine und der mörderische Vormarsch des »Islamischen Staates« die Schlagzeilen bestimmten, aber bereits im zweiten Jahr des blutigen Krieges in Syrien, dem Europa schon damals nur weitgehend ohnmächtig zusah. Die sogenannte Flüchtlingskrise mit ihren tektonischen Verschiebungen in den politischen Systemen der EU-Länder war die Folge.

Wachsende Lücke zwischen Anspruch und Wirklichkeit

Heute, fünf Jahre später, scheint die deutsche Außenpolitik keinen Schritt weiter zu sein. Im Gegenteil: Die »Lücke zwischen hochgesteckten Ansprüchen und eigenem Handeln weitet sich langsam zur Schlucht«[2]. Mancher macht sogar den Begriff der »Verantwortung« dafür mitverantwortlich – er mache es Spitzenpolitikern zu leicht, »diffuse Wohligkeit inmitten weltpolitischer Turbulenzen« zu verbreiten.[3] In Syrien, Libyen oder Jemen (ganz zu schweigen von geopolitischen Herausforderungen im Verhältnis zu China oder Russland) spielt Europa trotz teilweise wachsender Bemühungen einzelner Regierungen weiterhin keine Rolle, die geeignet wäre, die gemeinsamen Interessen des Kontinents oder der EU entscheidend voranzutreiben.

Weniger relevant oder gefährlich sind die Kriege und Konflikte in Europas Nachbarschaft indes nicht geworden. […]

Anmerkungen

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Quelle: INDES. Zeitschrift für Politik und Gesellschaft, H. 2-2019 | © Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen, 2019