Männerbund Fußball Homosexualität als »tabuisierte Männlichkeit«[1]

Von Katja Sabisch

Seit Mitte der 1990er Jahre spekuliert die deutsche Medienlandschaft in schöner Regelmäßigkeit darüber, warum sich homosexuelle Fußballprofis nicht öffentlich zu ihrer sexuellen Orientierung bekennen: »In Deutschland gibt es 36 Bundesligavereine mit jeweils einem Kader von rund 30 Leuten. Das sind ungefähr tausend Profis, jeder elfte wären rund 90 schwule Spieler. Eine stattliche Anzahl«, findet der Stern und schlägt prompt ein kollektives Outing vor.[2]

Mit dieser Idee steht er keinesfalls allein da. Seien es die taz oder Die Welt, der Focus oder Der Spiegel – sie alle verbinden ihr Rätselraten über das andauernde Stay In zumeist mit Ratschlägen für ein erfolgversprechendes Coming-out. So findet es ein Kommentator »bedauerlich«, dass Thomas Hitzlsperger erst »nach Abpfiff« Mut bewiesen habe, und auch Michael Vesper als Generaldirektor des Deutschen Olympischen Sportbundes findet ein Outing nach Karriereende wenig sensationell.[3] Alles in allem, da ist sich nochmals der Stern sicher, blieb dem deutschen Fußball der Ernstfall vorerst erspart. [...]

Anmerkungen

[1] Redaktionell überarbeitet und erstmals erschienen unter dem Titel Tabuisierte Männlichkeiten: der öffentliche Diskurs über Homosexualität in der deutschen Fußballbundesliga, in: Soziale Probleme, Jg. 25 (2014), H. 1, S. 52–74.

[2] Katrin Buchner, »Ein Coming-out wäre zu riskant«, in: Stern, 23.11.2006.

[3] Malte Göbel, Wut, Trotz und Solidarität, in: taz.de, 10.01.2014 URL: https://taz.de/Reaktionauf- Hitzlsperger-Kritik/!5051055/ [eingesehen am 18.04.2020].

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Quelle: INDES. Zeitschrift für Politik und Gesellschaft, H. -2020 | © Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen, 2020