Angst essen Europa auf Der Einfluss Europas auf die Präsidentschaftswahlen 2017

Von Daniela Kallinich

Europa und die Europäische Integration standen im Mittelpunkt des französischen Präsidentschaftswahlkampfes 2017. Weit davon entfernt, reine Wahlkampfinszenierungen zu sein, verbanden sich mit diesen Themenkomplexen spezifische Weltbilder. Hatte bei den Wahlen 2012 noch die traditionelle Bipolarisierung zwischen linkem und rechtem Lager den politischen Wettbewerb bei dieser wichtigsten aller französischen Wahlen dominiert, stand in diesem Jahr die Auseinandersetzung zwischen der gemäßigten Mitte und den politischen Extremen im Vordergrund. Die Differenzen entzündeten sich dabei vor allem an den jeweiligen Haltungen zur Europäischen Integration, die gegensätzlicher nicht hätten sein können.

Während der parteilose Kandidat der Moderaten, Emmanuel Macron, mit einem flammenden Plädoyer für Europa die Europhilen der gemäßigten Linken und Rechten sowie die traditionellen Zentristen hinter sich vereinen konnte, versuchten extreme Linke und Rechte, mit einem äußerst integrationskritischen Programm Wählerinnen und Wähler für sich zu gewinnen. Marine Le Pen, die Kandidatin des Front National (FN), zielte dabei zunächst auf eine Rückverlagerung von Kompetenzen auf Frankreich und versprach, die EU-Zugehörigkeit, dem britischen Vorbild folgend, sechs Monate nach den Wahlen einem Referendum zu unterwerfen. Erst im Hinblick auf den zweiten Wahlgang milderte sie ihre Strategie etwas ab.

Auch Jean-Luc Mélenchon, der Gemeinschaftskandidat der extremen Linken, strebte einen Austritt aus der Europäischen Union (EU) an. Damit manifestierte sich im diesjährigen französischen Präsidentschaftswahlkampf ein politisch-gesellschaftlicher Graben, an dem holzschnittartig die urbanen, globalisierungsfreundlichen und postmateriell orientierten Bildungseliten auf der einen Seite den häufig prekär beschäftigten, in der »France rurbaine« angesiedelten und von starken Abstiegsängsten geplagten Modernisierungsverlierern auf der anderen Seite gegenüberstehen. […]

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Quelle: INDES. Zeitschrift für Politik und Gesellschaft, H. 2-2017 | © Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen, 2017