Die Aufarbeitung der Aufarbeitung Welche Zukunft hat die DDR-Geschichte?

Von Ilko-Sascha Kowalczuk

Die Entlassung des Politikwissenschaftlers Hubertus Knabe aus Unna als Direktor der Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen, die an das frühere zentrale Untersuchungsgefängnis des MfS erinnert, schlug öffentlich hohe Wellen. Dabei dürfte, aus demokratietheoretischer Sicht, unstrittig sein: Wenn Menschen zu lange unhinterfragt auf Posten und Pöstchen sitzen, deformiert das oft die Posten, nicht selten aber auch die amtsausübenden Personen – nicht nur in Wahlämtern, sondern ebenso in Institutionen. Von diesem Phänomen blieb auch die Aufarbeitung der SED-Diktatur, ganz abseits von Hubertus Knabe, nicht verschont. Da ich bereits seit 1990, mit damals jungen 23 Jahren, in dieser Szene aktiv bin, kann ich aus eigener Erfahrung bspw. konstatieren: Noch heute bekomme ich Einladungen zu Veranstaltungen aus dem Bereich der gesellschaftlichen Aufarbeitung, die ich überwiegend auch so schon etwa 1995 erhalten habe oder wenigstens hätte erhalten können. Offenbart sich darin nicht ein Problem? Seit 1990 war ich Mitglied im Unabhängigen Historiker-Verband, war am Umbau der Humboldt-Universität zu Berlin beteiligt, war sachverständiges Mitglied der Enquete-Kommission des Deutschen Bundestages zur SED-Diktatur, war nach ihrer Gründung Mitarbeiter der Stiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur und habe nebenbei wissenschaftliche Arbeiten publiziert – alles in den 1990er Jahren. Als aktiver Zeitzeuge glaube ich daher, aus eigener Anschauung sagen zu können: Ja, es ist ein Problem, dass es bislang in der Aufarbeitungslandschaft keinen Typuswechsel des Aufarbeiters gegeben hat. […]

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Quelle: INDES. Zeitschrift für Politik und Gesellschaft, H. 1-2019 | © Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen, 2019