Im Käfig der eigenen Mitglieder Europäische Parteiorganisationen im Klammergriff nationaler Beharrungskräfte

Von Enrico Liedtke

Es war der britische Politiker und Politikwissenschaftler David Marquand, der bereits vor über vierzig Jahren bemerkte, dass die Zukunft der Europäischen Integration weniger in einem Europa der Vaterländer als vielmehr in einem Europa der Parteien zu finden sei.[1] Er spielte damit auf die zunehmende technokratische Überlagerung der europäischen Politikgestaltung an, die die seinerzeit neun EG-Staaten zusammenhielt und damit gleichzeitig die politische Dimension dieser bemerkenswerten Zusammenarbeit zum Verschwinden brachte. Heute tritt die Politisierung der Europapolitik mit geballter Wucht auf den Plan zurück – und es sind die Parteien, die die damit einhergehenden sachbezogenen Konflikte in eine gewinnbringende und fruchtbare Form der politischen Auseinandersetzung transformieren können. Doch damals wie heute steht es um eine funktionsfähige Parteienstruktur auf europäischer Ebene nicht zum Besten. Bei allen Fortschritten, die die Weiterentwicklung der Europäischen Union sowohl in institutioneller als auch demokratischer Hinsicht gemacht hat, sind die Parteien hinter ihren Möglichkeiten zurückgeblieben. Dabei begann die parteipolitische Einbettung europäischer Politik zunächst vielversprechend.
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[1] Vgl. David Marquand, Towards a Europe of the Parties, in: Political Quarterly, H. 4/1978, S. 425–445.

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Quelle: INDES. Zeitschrift für Politik und Gesellschaft, H.1-2-2024 | © Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen, 2024