Im Alltag geboren Heldenbilder postheroischer Gesellschaften in Zeiten des Krieges

Von Anna Kavvadias

Der völkerrechtswidrige Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine stellt die bis dato in Europa als verbindlich aufgefasste Regelordnung, den Glauben vieler an die Möglichkeit der Lösung von Konflikten mit politischen Mitteln – in Aushandlungsprozessen, aufbauend auf der Kompromissbereitschaft aller Beteiligten – infrage. Auch die Werteordnung wird erschüttert. Welche Folgen hat der Ukrainekrieg für das Selbstverständnis einer Gesellschaft, die sich als »postheroisch« definiert, Heldentum nur jenseits kriegerischer Handlungen anerkennt und gleichzeitig die Ukraine durch Waffenlieferungen unterstützt? Wird sich die Bedeutung dessen, was als heroisch angesehen wird, mit Verlauf des Ukrainekriegs wandeln?

Was als heroisch galt oder eben nicht, war seit jeher stark von gesellschaftlichen und politischen Entwicklungen abhängig und prägte wiederum diese. Den letzten bedeutenden Einschnitt stellt das Ende des Zweiten Weltkriegs dar. Das Heroische schien abgedankt zu haben, völlig verbraucht und nicht mehr gesellschaftsfähig zu sein. Einige bedauerten diese Entwicklung und suchten nach den Gründen für die Ablehnung jeglichen Heldentums. [...]

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Quelle: INDES. Zeitschrift für Politik und Gesellschaft, H. 1-2-2022 | © Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen, 2022