Die Untiefen der Genügsamkeit Beobachtungen zu einem komplexen gesellschaftlichen Wandel

Von Frank Vogelsang

Die aktuellen Debatten um die Klimakrise deuten es an: Die Transformation hin zu einer treibhausgasneutralen Gesellschaft kann nicht allein über technologische Innovationen bewerkstelligt werden. Sie liefern ohne Zweifel einen sehr wichtigen und notwendigen Beitrag. Aber sie sind nicht hinreichend. Vor allem ist es nicht möglich, regenerative Energien in relativ kurzer Zeit und in einem solch großen Umfang bereitzustellen, dass der Energieverbrauch der Gesellschaft unverändert bleiben könnte. Die Konsequenz lautet deshalb: Um das Ziel der Treibhausgasneutralität in relativ kurzer Frist zu erreichen, müssen die technischen Maßnahmen, Effizienzsteigerungen und der Ausbau regenerativer Energiequellen durch weitreichende kulturelle Veränderungen ergänzt werden, durch ein verändertes Verhalten, durch einen energieärmeren Lebensstil. Neben dem Ausbau erneuerbarer Energien und der Erhöhung ihrer Effizienz steht die Forderung nach mehr Suffizienz, nach Konsumverzicht, nach Selbstbegrenzung. Uwe Schneidewind spricht von einer doppelten Entkoppelung vom immer höheren CO2-Verbrauch – einer technischen und einer kulturellen.[1] Es geht um eine Ethik des »Genug«, um einen Konsumstil des »Weniger«.

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[1] Vgl. Uwe Schneidewind, Die Große Transformation. Eine Einführung in die Kunst gesellschaftlichen Wandels, Frankfurt a. M. 2018, S. 59.

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Quelle: INDES. Zeitschrift für Politik und Gesellschaft, H. 3-2023 | © Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen, 2023