Der Populismus an der Macht in Italien Innen- und Außenpolitik der Regierung Meloni

Von Luca Argenta  /  Michael Braun

Als Giorgia Meloni am 25. September 2022 an der Spitze einer Rechtsallianz die italienischen Parlamentswahlen gewann, und im Anschluss das Amt des Ministerpräsidenten übernahm, war ihr die europäische, die internationale Aufmerksamkeit gewiss. Und es handelte sich vor allem um eine besorgte Aufmerksamkeit.

Denn zum ersten Mal seit 1945 wurde mit Meloni eine Politikerin in Westeuropa Regierungschefin, die an der Spitze einer postfaschistischen Partei steht. Fratelli d’Italia (FdI – Brüder Italiens) führt nicht umsonst auch heute noch die Fiamma tricolore, die Flamme in den Farben der Trikolore, in ihrem Parteiwappen: ein Symbol, das auf die 1946 gegründete neofaschistische Partei Movimento Sociale Italiano (MSI) zurückgeht, in deren Traditionslinie auch FdI erklärtermaßen steht.

FdI selbst wurde bei den Wahlen 2022 mit 26 Prozent zur stärksten Partei, während ihre Koalitionspartner, die rechtspopulistisch-fremdenfeindliche Lega unter Matteo Salvini sowie Silvio Berlusconis Partei Forza Italia (FI) 8,8 beziehungsweise 8,1 Prozent erhielten. Diese Zahlen verdeutlichen zweierlei. Erstens hat die Rechte keineswegs einen Erdrutschsieg errungen. Die Mitte-Links-Kräfte erreichten insgesamt rund 48 Prozent. Ihre Niederlage erklärt sich daraus, dass sie gespalten antraten, während die Rechte sich in einer Allianz präsentierte und dank des italienischen Wahlrechts so mit 45 Prozent der Stimmen rund 60 Prozent der Parlamentsmandate erobern konnte. Zweitens aber gewann da ein Bündnis, in der mit FdI und Lega die hart rechtspopulistischen und postfaschistischen Kräfte eindeutig dominieren.

Eben dies erklärt die Sorgen um Italien, die nach dem rechten Sieg international Raum griffen. Im Frühjahr 2024 scheint von diesen Sorgen wenig geblieben. Melonis Italien ist nicht nur aus den internationalen Schlagzeilen verschwunden, auch die Finanzmärkte haben Entwarnung gegeben. Hatte der Spread – der Zinsabstand italienischer gegenüber deutschen Staatsanleihen – nach Melonis Wahlsieg noch bei 2,5 Prozent gelegen, so war er im März 2024 auf 1,3 Prozent gefallen.

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Quelle: INDES. Zeitschrift für Politik und Gesellschaft, H.1-2-2024 | © Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen, 2024