Demokratie in Österreich unter Druck Instabilität durch Einbindung oder Ausgrenzung des Rechtspopulismus?

Von Klaus Poier

Die Zustimmung zur Aussage »Das politische System in Österreich funktioniert sehr / ziemlich gut« ist in den letzten Jahren dramatisch gesunken: Waren es im Jahr 2018 noch 64 Prozent, die diese Aussage bejahten, taten dies 2023 nur mehr 39 Prozent (nach einem noch niedrigeren Wert von 34 Prozent im Jahr 2022).[1] Gleichzeitig findet in Österreich die Aussage, es brauche einen starken Führer an der Spitze, »der sich nicht um Parlament und Wahlen kümmern muss«, über die Jahre mehr Zustimmung (auch wenn diese Präferenz noch weit von einer Mehrheit entfernt ist).[2] Sicherlich fallen bei diesen aktuellen Umfragen die Jahre der COVID-19-andemie besonders ins Gewicht, mit Freiheits- und Grundrechtseinschränkungen, wie sie die meisten Menschen in ihrem Leben bisher nicht erlebt hatten. Fast jede:r war mit der einen oder anderen Entscheidung der Regierenden nicht zufrieden, was die allgemeine Verdrossenheit verstärkte. Aber die Probleme im politischen System, die Unzufriedenheit, die Proteststimmung, insbesondere gegen Regierende, die verstärkte Zustimmung zu Parteien an den politischen Rändern – all dies ist nicht erst durch die Pandemie verursacht worden oder neu entstanden; vielmehr wurden die bereits ausgeprägten Repräsentations- und Legitimationsprobleme im politischen System  in vielen Ländern katalysatorhaft noch weiter verstärkt, so auch in Österreich. Nicht nur, wenn man sich die mannigfachen innen- und außenpolitischen Krisenherde in der Welt vor Augen führt, spürt man, dass die Demokratie an vielen Orten unter Druck gerät.[3] Eine der dabei besonders häufig thematisierten Entwicklungen stellt der Aufstieg des Rechtspopulismus dar, mit dessen österreichischem Beispiel als einem der »Vorreiter« in Europa sich Frank Decker schon früh beschäftigte.[4] Im vorliegenden Beitrag soll anhand der jüngeren österreichischen Geschichte die Frage untersucht werden, ob eine Einbindung der Rechtspopulisten in Regierungsverantwortung eine Stabilisierung oder gerade noch  mehr Instabilität im politischen System mit sich bringt.
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[1] Vgl. SORA, Österreichischer Demokratie Monitor, 28.11.2023,  S. 3, tinyurl.com/indes24115a.[2] 2023 stimmten dieser Aussage 19 Prozent, 2022 sogar 26 Prozent in Österreich »sehr« oder »ziemlich« zu; vgl.  ebd., S. 5. Vgl. zu früheren diesbezüglichen Umfragen, allerdings mit einer etwas anderen Frageformulierung, SORA, NS-Geschichtsbewusstsein und autoritäre Einstellungen in Österreich, April 2017, S. 9, tinyurl.com/indes24115b.

[3] Vgl. Klaus Poier, Aufgabe des Rechts in Krise: in der Demokratie, in: Österreichische Jurist:innenzeitung, H. 12/2023, S. 704–709.

[4] Vgl. Frank Decker, Die FPÖ unter Jörg Haider. Erfolgsbedingungen einer rechtspopulistischen Partei, in: Zeitschrift für Parlamentsfragen, H. 4/1997, S. 649–664.

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Quelle: INDES. Zeitschrift für Politik und Gesellschaft, H.1-2-2024 | © Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen, 2024