Cyberwar Die digitale Arena des Ukrainekriegs

Von Philipp von Wussow

Folgt man der durchschnittlich informierten deutschen Presse, so zeichnet sich der gegenwärtige Krieg zwischen Russland und der Ukraine durch einen zunehmenden Gebrauch von Cyberwaffen und digitalen Desinformationstechniken aus.[1] Die Erwartung, dass Kriege immer mehr Cyberkriege sein werden, kursiert bereits seit vielen Jahren. Doch bislang hat es keinen Krieg gegeben, bei dem die Cyberkomponente tatsächlich eine mehr als unterstützende Rolle gespielt hätte. Der Ukrainekrieg macht vollends erkennbar, was in strategischen Analysen schon seit einiger Zeit als Szenario diskutiert wird und jetzt möglicherweise Realität gewinnt: das nahezu völlige Fehlen einer ernsthaften Cyberkomponente. Russland hat auch nach mehreren Monaten der Kampfhandlungen keine großen Cyberangriffe unternommen. Schon Anfang März stellte ein Artikel im Economist fest: »It is the dog that has yet to bark«.[2] Solche Diagnosen wurden anfangs noch vorsichtig geäußert, da jederzeit zu befürchten war, dass sie von der Realität eingeholt werden konnten. Doch inzwischen zeichnet sich ab, dass sie genau richtig lagen. Der Ukrainekrieg ist kein Cyberkrieg; er markiert vielmehr die Rückkehr zum »alten« Krieg, wie Europa ihn seit dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr gesehen hat. [...]

[1] Vgl. bspw. Lara Kirschbaum, »Alle Abteilungen zum Kampf!«, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 01.07.2022, tiny.one/ indes221i1.
[2] O. A., Cyber-attacks on Ukraine are conspicuous by their absence, in: The Economist, 01.03.2022, tiny.one/indes221i2.

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Quelle: INDES. Zeitschrift für Politik und Gesellschaft, H. 1-2-2022 | © Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen, 2022