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Call for Abstracts: Heft 2-3/2025 „Der Osten“
„Der Osten“ ist weit mehr als bloß eine Himmelsrichtung. Mit diesem vielschichtigen und oft schillernden Begriff verbinden sich ganz unterschiedliche Vorstellungen, Räume, Bilder und Stereotype, die von Faszination über Befremdung bis zu tiefer Feindschaft reichen.
Orient und Okzident etwa bilden schon seit Jahrhunderten vermeintliche Gegensatzpaare in politischer, kultureller und religiöser Hinsicht. Wir interessieren uns unter anderem für die Ursprünge solcher Narrative – und inwiefern Sie bis heute Wirkmacht entfalten. In welcher Weise begegneten sich das (politische) Denken „des“ Ostens und „des“ Westens, welche Kommunikations- und Handelswege existierten zu verschiedenen Zeiten zwischen diesen nicht nur in politischer Hinsicht oft konstruierten (Distinktions-)Räumen? Und welche daraus folgenden Konsequenzen und (Dis-)Kontinuitäten lassen sich für unsere Gegenwart beobachten und beschreiben?
Nach 1945 wurden „Ost“ und „West“ dann zu regelrechten Chiffren einer Selbst- oder Fremdpositionierung in einem Jahrzehnte währenden Systemkonflikt. Seit dem Ende dieser bipolaren Blockkonfrontation und dem Verschwinden des sogenannten „Ostblocks“ schien die Ost-West-Unterscheidung indes an (geopolitischer) Bedeutung verloren zu haben und von einer neuen gedanklichen Trennlinie zwischen globalem Norden und Süden abgelöst worden zu sein – um jüngst, spätestens mit dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine, wieder an Relevanz zu gewinnen.
Dabei hängt die Frage, welche Länder und Regionen „dem Osten“ in seinen unterschiedlichen Variationen (man denke an den Nahen, den Fernen Osten oder an den vor allem im Englischen geläufigen Middle East) zuzuordnen sind, nicht zuletzt vom eigenen Standpunkt ab. Rein geographisch reicht der Osten von Mitteleuropa aus betrachtet von Krakau über Tiflis und Islamabad bis Peking, von Moldau über Jordanien und Kasachstan bis Japan. Aus (west)deutscher Perspektive schwingen beim „Osten“ allerdings auch ein regionalspezifischer, lokaler und identitätsbildender Blick auf die DDR und in deren Nachfolge die fünf ostdeutschen Bundesländer mit; das können Gedanken an Erfurt, Görlitz und Rostock, an FKK, SED und LPG sein.
Natürlich sind dies allesamt nur Anregungen – wir sind sicher, dass es noch zahlreiche weitere interessante Facetten aus den unterschiedlichsten wissenschaftlichen Disziplinen zum Thema „Der Osten“ im weitesten Sinne gibt. Daher freuen wir uns nicht nur über politologische oder historische, sondern auch (urban)geographische, philosophische oder ideengeschichtliche Beitragsvorschläge.
Außerdem bietet jedes Heft mit den „Perspektiven“ einen „freien Teil“; auch thematisch anders gelagerte Einreichungen sind also stets willkommen.
INDES wird nach zehn Jahrgängen an der Universität Göttingen unter der Herausgeberschaft von Prof. Franz Walter seit 2022 von Prof. Frank Decker an der Universität Bonn herausgegeben. Die interdisziplinär ausgerichtete „Zeitschrift für Politik und Gesellschaft“ möchte Forschungsergebnisse nachvollziehbar und interessant präsentieren sowie politisch-gesellschaftliche Debatten anstoßen und mit originellen Beiträgen bereichern. Idealerweise gehen dabei Inhalt und Form Hand in Hand: Wichtig ist uns der „gute Stil“; die Beiträge sollen möglichst verständlich und anregend formuliert sein, ihre Lektüre sowohl Erkenntnis als auch Freude bereiten. Neben der klassischen Analyse eröffnet INDES auch andere Formate wie Porträts, Inspektionen, Interviews, Kommentare und Kontroversen. Insbesondere für Wissenschaftler:innen in der Qualifikationsphase bietet INDES zudem die neue Rubrik „Abhandlung“ mit einem Double-Blind-Peer-Review-Verfahren an (sowohl für Beiträge zum Schwerpunkt als auch zum „freien Teil“). Alle Beiträge durchlaufen zudem ein doppeltes Redigat durch die INDES-Redaktion.
Beitragsvorschläge (max. 300 Wörter) bitte bis zum 28. Februar an: indes@uni-bonn.de. Wir teilen unsere Entscheidung bis zum 07. März mit. Die Einreichungsfrist der Beiträge (rund 20.000 Zeichen) wäre dann der 31. Mai; das Heft soll im Sommer 2025 erscheinen.