Kunst als Widerstand Anmerkungen zu einer schwierigen Debatte

Von Jennifer Ramme

Der Zusammenhang zwischen Kunst und politischem Widerstand ist ein umstrittenes Thema. Insbesondere, wenn damit die Frage einhergeht, ob künstlerische Praktiken direkt in Gesellschaft gestaltende Prozesse eingreifen können, ohne dabei ihre für die Kunst spezifischen Eigenschaften zu verlieren. Schließlich werden Kunst und Politik häufig als getrennte, gar entgegengesetzte Sphären betrachtet. Auf der Ebene der Praxis könnte diese Aufteilung von Zuständigkeits- und Wirkungsbereichen im Kontext von Widerstand folgendermaßen beschrieben werden: Während künstlerische Praktiken meist daran arbeiten, Wahrnehmungsschemata zu durchbrechen und neue sinnliche Erfahrungswelten zu eröffnen, stehen im Fokus der Politik die Gesellschaft und ihre Organisationsformen. Gemäß dieser Differenzierung betrifft Politik jenen Bereich, in dem auch soziale Bewegungen agieren: das reale gesellschaftliche Zusammenleben – wohingegen die Kunst sich im Bereich des Fiktionalen und Symbolischen bewegt. Bei näherer Betrachtung stellt sich jedoch heraus, dass Grenzziehungen zwischen Kunst und Politik sowohl variieren als auch überschrittenen werden. So sind künstlerische Praktiken häufig Teil einer Ausdrucksform sozialer Bewegungen oder stellen in sich selbst schon eine gesellschaftspolitische Form von Widerstand dar. Nicht selten reklamieren Kunstschaffende für sich, die Welt aktiv mitzugestalten, und positionieren sich dabei häufig explizit als politisch oder gar als revolutionäre Avantgarde. […]

Seite ausdrucken Beitrag bestellen

Quelle: INDES. Zeitschrift für Politik und Gesellschaft, H. 4-2017 | © Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen, 2018