Auf zu neuen Ufern? Die Labour Party unter Jeremy Corbyn

Von Klaus Detterbeck

Es ist eine höchst unwahrscheinliche Geschichte. Ein altlinker Hinterbänkler im Rentenalter, der seit mehr als dreißig Jahren im britischen Unterhaus sitzt, elektrisiert die Jugend des Landes, führt der schwächelnden Partei viele neue Mitglieder zu und mutiert so zum Hoffnungsträger einer darbenden europäischen Sozialdemokratie. Jeremy Corbyn (geb. 1949) wurde 2015 entgegen aller Erwartungen zum neuen Parteichef der Labour Party gewählt, verteidigte diese Position 2016 dank der Unterstützung der Parteibasis gegen die Abwahlversuche seiner eigenen Fraktion und erreichte, wiederum zur allgemeinen Überraschung, bei der vorgezogenen Unterhauswahl 2017 mit seiner Partei völlig unerwartete vierzig Prozent und stahl damit der konservativen Regierung unter Theresa May die sicher geglaubte absolute Mehrheit. Wir reden von einem Labour-Chef, der Verstaatlichungen und radikale soziale Umverteilungen fordert, der sich gegen das britische Atomwaffenprogramm stellt, der nie warm geworden ist mit der EU, dem Nähe zur palästinensischen Hamas oder der kurdischen PKK nachgesagt wird und der sehr kritisch zu Israel und den USA steht. Was steckt hinter seinem Erfolg, was bedeutet er für die Entwicklung der traditionsreichen Arbeiterpartei Großbritanniens und was lehrt er uns über die Chancen der Sozialdemokratie im 21. Jahrhundert?
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Quelle: INDES. Zeitschrift für Politik und Gesellschaft, H. -2018 | © Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen, 2018