Am Ende der großen Kämpfe? Phasen und Konjunkturen der DDR-Historiografie
Die Demission von Hubertus Knabe sei das Ende der DDR-Geschichtsaufarbeitung aus der Perspektive der Opfer – das behauptete der Bundestagsabgeordnete Arnold Vaatz in seiner Presseerklärung vom 14. Dezember 2018.[1] Welch eine groteske, aber vielleicht auch symptomatische Überbewertung der Rolle Knabes in der geschichtspolitischen Auseinandersetzung! Anlass war Ilko-Sascha Kowalczuks zugespitzte Bilanz einiger grundsätzlicher Fragen zum Umgang mit der DDR-Geschichte in der Süddeutschen Zeitung.[2] Kowalczuk hatte dabei die These formuliert, die bisherige Aufarbeitung sei gescheitert, und als Symptom dafür den Konflikt um Knabe und die Stasi-Gedenkstätte erörtert. Offensichtlich ist DDR-Geschichte auch fast dreißig Jahre nach dem Ende der Teilung Deutschlands noch ein vermintes Gelände.
DDR-Geschichte und ihre Aufarbeitung – noch ein aktuelles Thema?
Im Jahr 2016 erschien unter dem Titel »Die DDR als Chance«[3] ein von der Bundesstiftung Aufarbeitung der SED-Diktatur initiierter Sammelband. Ohne Fragezeichen wurde nach »neuen Perspektiven auf ein altes Thema« gesucht. In diesem Band waren weder Hubertus Knabe noch der Berliner Forschungsverbund SED-Staat vertreten, allerdings auch nicht Kowalczuk oder der frühere Unabhängige Historikerverband (UHV). Ich selber habe mich trotz nachdrücklicher Aufforderung verweigert, weil mir nichts Neues zu diesem alten Thema einfallen wollte.
War die DDR mehr als eine »Randnotiz der Geschichte«? […]
Anmerkungen
[1] Siehe Arnold Vaatz, Neues in Sachen Hohenschönhausen, Pressemitteilung, 14.12.2018, URL: https://www.arnold-vaatz.de/service/pressemitteilungen/ [eingesehen am 01.03.2019].
[2] Siehe Ilko-Sascha Kowalczuk, »Und was hast du bis 1989 getan?«, in: Süddeutsche Zeitung, 23.10.2018.
[3] Ulrich Mählert (Hg.), Die DDR als Chance. Neue Perspektiven auf ein altes Thema, Berlin 2016.
Quelle: INDES. Zeitschrift für Politik und Gesellschaft, H. 1-2019 | © Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen, 2019