Die Verdrängung des historischen Jesus Ist die Katholische Kirche reformierbar?

Von Hubertus Halbfas

Mit der Krise der Katholischen Kirche haben sich in den letzten Jahrzehnten viele befasst. Unter den soziologischen Analysen ragt das Buch »Kirchenkrise. Wie überlebt das Christentum?«[1] von Franz-Xaver Kaufmann hervor. Es reflektiert auf hohem Niveau und bezieht einen großen geschichtlichen und gesellschaftlichen Horizont ein. Dennoch überrascht die Ausgangsposition mit sehr vagen Überlegungen »zur Entstehung der Urgemeinde«. Aus der lukanischen Kindheitserzählung will Kaufmann schließen, »dass Joseph in der Umgebung von Bethlehem Boden besaß und deshalb zum Steuerzensus dort persönlich zu erscheinen hatte«[2]. Dass er auch seine hochschwangere Frau Maria auf die Reise mitnahm, deute darauf hin, dass auch sie Landeigentümerin gewesen sei und dort zu erscheinen gehabt habe. »Möglicherweise befand sich die Geburtsstätte Jesu auf dem Grund und Boden seiner Eltern, was auch die spontane Zuwendung der Hirten zu dem Neugeborenen erklären würde.«[3]

Hier wird bereits das literarische Genus der Legende historisierend verkannt. Vor allem aber unterbleibt ein historisch-kritisches Interesse an der Frage, was Jesus mit dem Christentum verbindet. […]

Anmerkungen:

[1] Vgl. hierzu und im Folgenden: Franz-Xaver Kaufmann, Kirchenkrise. Wie überlebt das Christentum?, Freiburg 2011.

[2] Ebd., S. 23.

[3] Ebd., S. 24.

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Quelle: INDES. Zeitschrift für Politik und Gesellschaft, H.&1nbsp;-2017 | © Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen, 2017