Denkerfrust, Denkerlust Nicolaus Sombarts intimes Tagebuch

Von Katharina Rahlf

Zugegeben: Zum Vorlesen eignet sich dieses Buch nicht. Und wer sich von den Aufzeichnungen des Kultursoziologen Nicolaus Sombart über sein Jahr im Berliner Wissenschaftskolleg 1982/83 allein ein Stück anspruchsvoller Geistesgeschichte erhofft, wird auch enttäuscht sein. Natürlich, es handelt sich hierbei um die Memoiren eines Intellektuellen, der im Westberlin der achtziger Jahre mit seinesgleichen zusammenkommt, um im intellektuellen Austausch tiefschürfende Gedankengänge zu verfeinern, geniale Ideen zu entwickeln, gemeinsame Erörterungen zu wohldurchdachten Theorien reifen zu lassen und durch die Atmosphäre intellektueller Konzentration eigenes Können zu vollenden.

Es sind aber auch die anschaulichen Schilderungen eines nicht mehr jungen Mannes, der, fernab von Familie und eingefahrenen Bahnen, erneut seine Virilität unter Beweis stellt, die Abende in Bars oder dem Bordell nebenan verbringt, ausgiebig das Nachtleben erkundet und die Morgende verschläft – und diese unzähligen amourösen Erlebnisse detailliert in seinem Tagebuch festhält. […]

Nicolaus Sombart: Journal Intime 1982/83. Rückkehr nach Berlin, Berlin 2003.

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Quelle: INDES. Zeitschrift für Politik und Gesellschaft, H. 0-2011 | © Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen, 2011