Wie umgehen mit der AfD? Strategien, Dilemmata und Auswege[1]

Von Fedor Ruhose

Dieser Text erscheint in einer Zeit der Unsicherheit. Im Superwahljahr 2024 mit zahlreichen Kommunalwahlen, drei Landtagswahlen und der Europawahl steht die Frage des Umgangs mit der Alternative für Deutschland (AfD) im Zentrum vieler politischer Debatten. Dabei stellt sich auch die Frage, wie mit dieser Kraft am rechten Rand umzugehen ist. Dazu hat Frank Decker in vielen Publikationen wichtige Hinweise gegeben. Er war einer der ersten, der sich mit dem Phänomen des neuen Rechtspopulismus befasst und viele Entwicklungen nicht nur scharf analysiert, sondern oftmals auch präzise vorhergesehen hat. Seitdem können wir in Deutschland eine Anpassung an das europäische Parteiensystem beobachten: Nicht nur ist der deutsche Adelstitel »Volkspartei« verschwunden, das deutsche Parteiensystem nähert sich in seiner Gänze dem Vorbild multipolarer Fragmentierung in anderen Ländern Europas an.

Robert Heinrich zeigt auf, wo die AfD-Stammwählerschaft herkommt.[2] Die Partei hat, so der Meinungsforscher, von Personengruppen profitiert, »die offenkundig dem traditionellen Parteiangebot bereits länger distanziert gegenüberstanden, indem sie bisherige Nichtwählende sowie Wählende politisch randständiger Kleinstparteien erfolgreich (mobilisiert)«.[3]

Die Untersuchungen von Knut Bergmann u.a. zeigen, dass die AfD bei den Wahlen der jüngsten Vergangenheit vor allem dort überdurchschnittliche Ergebnisse erzielte, wo Menschen von besonderen Herausforderungen betroffen waren, in so genannten Transformationsregionen.[4]

Gleichzeitig zeichnet sich die AfD durch eine immer stärker werdende Radikalisierung aus. Nach Recherchen des Netzwerks Correctiv zu einer Konferenz in Potsdam, auf der der rechte Vordenker Martin Sellner seine Pläne zur Remigration vorstellte, gingen viele Menschen in Deutschland auf die Straße. Sie demonstrierten für demokratische Werte und damit gegen die Pläne der Rechtsradikalen. In diesem Kontext nahm auch die Diskussion über den Umgang mit der AfD wieder an Fahrt auf.
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[1] Dieser Aufsatz folgt den Überlegungen aus Fedor Ruhose, Rechtspopulismus in der Opposition, Die AfD-Fraktion im Bundestag (2017-2021), Frankfurt am Main 2023, S. 293–328. Er übernimmt dabei Passagen und aktualisiert die dort vorgenommenen Überlegungen.

[2] Vgl. Robert Heinrich, AfD-Wähler: Herkunft, Profil und Motivation, in: Marktforschung.de, 24.02.2024, tinyurl.com/indes24138a.

[3] Vgl. ebd.

[4] Vgl. Knut Bergmann u.a., AfD in von Transformation betroffenen Industrieregionen am stärksten, in: IW-Kurzbericht 71/2023, tinyurl.com/indes24138b.

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Quelle: INDES. Zeitschrift für Politik und Gesellschaft, H.1-2-2024 | © Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen, 2024