Quo Vadis, Schuldenbremse? Wie Debatten über die Schuldenbremse seit Jahrzehnten verschleppte Strukturreformen kaschieren
Im vergangenen Jahr hat sie ihr 15-jähriges Bestehen gefeiert: Am 12. Juni 2009 stimmte der Bundesrat einer Grundgesetzänderung zu und machte so den Weg frei für die Einführung der Schuldenbremse. Ziel dieses Instruments ist es, die Finanzlage von Bund und Ländern langfristig zu stabilisieren, nachdem sich Deutschlands Staatsverschuldung in den vergangenen Jahrzehnten um ein Vielfaches potenziert hatte.[1] In den vergangenen Jahren hat die Kritik an der Schuldenbremse zugenommen, wobei sich eine Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger in Umfragen für die Beibehaltung der bestehenden Regelung ausspricht.[2] Dieser Artikel ist ein Versuch, die Sinnhaftigkeit der Schuldenbremse einzuordnen und dabei insbesondere auf falsche Annahmen über vermeintliche Kausalitäten zwischen Schuldenbremse und Investitionen aufmerksam zu machen.
Warum Generationengerechtigkeit auch bei den Finanzen unabdingbar ist
Zum Einstieg möchte ich mit einem kleinen Gedankenexperiment beginnen: Stellen Sie sich eine Familie vor, die aus den Eltern und zwei Kindern besteht. Die Eltern geben permanent mehr Geld aus, als sie eigentlich auf dem Konto haben. Sie nehmen daher immer wieder Kredite für teure Reisen, neue Smartphones oder andere, nicht zwingend notwendige Anschaffungen auf. Die Schulden der Familie wachsen immer weiter an. Bereits zu Lebzeiten der Eltern herrscht finanzielle Not, was wichtige Dinge betrifft, beispielsweise eine gute Bildung für die Kinder. Ein großer Teil des Geldes muss zur Tilgung der bestehenden Schulden aufgewendet werden. Nach dem Ableben der Eltern finden die Kinder einen riesigen Schuldenberg vor – der nicht von ihnen selbst verursacht worden ist. Dennoch werden sie nun in Haftung genommen für die wirtschaftlich schlechten Entscheidungen der Eltern.
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Quelle: INDES. Zeitschrift für Politik und Gesellschaft, H. 1-2025 | © Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen, 2025