Europäische Staatsbildung oder Untergang? Die Europäische Union muss demokratisiert werden, wenn sie ein Staat werden soll

Von Jerzy Maćków

Es sind Eliten und die ihnen gewohnheitsmäßig folgende Mehrheit der Bürger, die im Kommunikationschaos, das das soziale Bewusstsein der westlichen Gesellschaften entscheidend prägt, immer tiefer in die riesige utopische Vorstellungsblase einer diskriminierungsfreien Gesellschaft einsinken, deren Wohlstand mit »umweltneutraler« Energie erzeugt werden soll. Beide übersehen sowohl die Tatsache, dass es keine Gesellschaft ohne Ungleichheiten gibt, als auch den Umstand, dass Energie immer Einfluss auf Umwelt nimmt. Auch die Europäische Union ist diesem utopischen Realitätsverlust ausgesetzt. Er trägt dazu bei, dass sich der Blick ihrer Repräsentanten auf alles – vor allem den eigenen Machterhalt –, nur nicht auf die längst fälligen, notwendigen Reformen der Union richtet. Zwar ist die EU kein Staat, aber sie hat ein politisches System im grundsätzlichen Sinne entscheidungsbefugter Institutionen. Dieses System ist bekanntlich nicht demokratisch. Wie in jedem autoritären System werden auch in der EU die demokratischen Grundsätze politischer Gleichheit, Rechtsstaatlichkeit, Repräsentation, Partizipation, Transparenz und Rechenschaftspflicht nicht oder nur im unzureichenden Maß geachtet.

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Quelle: INDES. Zeitschrift für Politik und Gesellschaft, H.1-2-2024 | © Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen, 2024