Der Umgang mit leiblichen Eltern Von der lokalen Praxis zu globalen Standards früher internationaler Adoptionen

Von Heide Fehrenbach

Internationale Adoptionen sind ein Nachkriegsphänomen. Zwischen 1948 und 1960 wurde nicht nur die soziale und rechtliche Innovation der Auslandsadoption aus der Taufe gehoben, sondern es entstanden auch eine Reihe internationaler Standards für grenzüberschreitende Adoptionen, die bis heute Gültigkeit haben.[1] Anhand von Archivquellen betrachte ich im Folgenden Fälle aus drei der wichtigsten Entsendeländer jener Ära – Bundesrepublik Deutschland, Japan und Griechenland –, um zu untersuchen, welche Rolle die leiblichen Eltern in der Anfangszeit internationaler Adoptionen spielten, warum sie oftmals als Problem angesehen wurden und welche politischen Lösungen vorgeschlagen wurden, um aufkommenden Bedenken in Bezug auf den Umgang mit ihnen zu begegnen.

Die Etablierung internationaler Adoptionen beinhaltet eine Verschiebung vom »Lokalen« zum »Globalen«, da internationale Sozialarbeiter:innen versuchten, rechtliche Verfahren der Überführung von Kindern aus ihren ursprünglichen Familien und Heimatländern in ihre Adoptivfamilien zu erleichtern. Mein Ziel ist es, eine historisch fundierte Analyse der Bedingungen vorzulegen, unter denen Auslandsadoptionen als notwendig erachtet wurden und warum hierbei die vollständige Trennung der Kinder von ihren leiblichen Eltern befürwortet wurde.[2] Ihre Erfahrungen vor Ort prägten die Einstellungen international tätiger Sozialarbeiter:innen und gipfelten Anfang der 1960er Jahre in einem Vorstoß zur Formalisierung rechtlicher Definitionen, ethischer Standards und professioneller Praktiken der grenzüberschreitenden Kindesadoption.

[...]

[1] Vgl. Hague Conference on Private International Law, 1993 Hague Convention on Protection of Children and Co-operation in Respect of Intercountry Adoption: 25 Years of Protecting Children, tinyurl.com/indes244k1.

[2] Vgl. United Nations Technical Assistance Office, Special European Social Welfare Programme. »European Seminar on Inter-Country Adoption« (1960), S. 92.

Seite ausdrucken

Quelle: INDES. Zeitschrift für Politik und Gesellschaft, H. 3-4-2024 | © Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen, 2024