Tusk, der Jugendführer Tragisches Idol des Heroismus der Verlorenen
Eberhard Koebel. Genannt tusk. Geboren 1907. Er war ein ganz typischer Zugehöriger, dann Repräsentant der literarisch oft porträtierten »verlorenen Generation« aus den Schlussjahren der Weimarer Republik.[1] Doch war er in dieser Zeit der republikanischen Agonie nicht nur nicht verloren. Er war vielmehr ein Held, blieb über Jahrzehnte in der Geschichte der Jugendbewegung ein Mythos. Die »verlorenen Jahre« waren für Jugendliche und junge Leute wie tusk die besten Jahre in ihrem Leben. Aus der Verzweiflung und Zukunftstristesse der späten 1920er und frühen 1930er Jahre formten sie ihre eigene Rolle als Anführer, Fahnenträger des Aufstands, Missionare eines leuchtenden Morgens. Diese Jahre waren für sie nicht leer und nicht dumpf. Von Apathie oder Resignation kann bei ihnen keine Rede sein. Die »verlorene Generation« lechzte nach Aktion. Sie suchte nach Bewegung, wohin auch immer, verfiel nicht in Erstarrung. Allein die militante Unruhe der »verlorenen Generation« trug Gestalten wie tusk für einen historischen Moment nach oben, bot ihnen das Fundament und den Resonanzraum für gesellschaftliche Erweckungsträume und persönliche Führungsambitionen. Erst mit dem hermetisch fixierten politischen System, mit der despotischen Kalmierung und Unterdrückung von innergesellschaftlichen Spannungen, mit der Zwangsintegration oder Eliminierung von Grenzkulturen, erlosch die Kraft der »verlorenen Generation« als eigenständige, eigensinnige soziale Strömung. Und ihr legendärer Zugführer, der Schwabe Eberhard Koebel, verlor alle Aura. Er klammerte sich gleichwohl auch im Weiteren an seine alte Rolle, wollte sie um nichts in der Welt verlieren. Doch jetzt und dadurch verlor er alles. […]
Anmerkungen:
[1] Hierzu und im Folgenden vgl. Ute Kopshoff, Eberhard Koebel und die dj. 1.11. Im Spannungsfeld der politischen Ideologien der späten Weimarer Republik, Hausarbeit zur Erlangung des Magistergrades der Philosophischen Fakultät zu Münster (Westfalen) 2000 (unveröffentlichte Examensarbeit), S. 20 ff.
Quelle: INDES. Zeitschrift für Politik und Gesellschaft, H. 4-2013 | © Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen, 2013