Zweifel, Kritik und Dialog Die Demokratie als Revolte

Von Markus Pausch

In Zeiten der Krise und des Vertrauensverlusts in die Institutionen und Akteure der repräsentativen Demokratie ist es nötig, an den Kern des demokratischen Gedankens zu  erinnern. Denn die Demokratie ist nicht nur eine Staats- oder Regierungsform, sondern auch eine Lebens- und Interaktionsform. Sie ist untrennbar mit der Idee des Widerstands und der gewaltfreien Revolte verbunden und beginnt dort, wo sich Menschen gegen Ungerechtigkeit und Zwang auflehnen. Nein sagen zu können, ohne sanktioniert zu werden, ist eines ihrer Grundprinzipien. In der öffentlichen Wahrnehmung wird der Begriff der Demokratie trotz vieler gegenteiliger Beteuerungen meist jedoch auf jene mehrheitsorientierte Staatsform reduziert, in der Parteien in möglichst freien und gleichen Wahlen in regelmäßigen Abständen um die Gunst der Bürgerinnen und Bürger buhlen. Dieses kompetitive Verständnis von Demokratie, das der Ökonom Joseph Schumpeter mit den Prozessen des freien Marktes verglich, betont den Wettbewerbscharakter und die Marketing-Orientierung der Parteiendemokratie. Es unterschlägt allerdings, dass die Demokratie viel mehr ist als das: nämlich die Verwirklichung eines menschlichen Grundbedürfnisses nach Individualität und Freiheit, die stets einer Revolte bedarf – und zwar nicht nur im Politischen, sondern in allen Lebensbelangen. […]

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Quelle: INDES. Zeitschrift für Politik und Gesellschaft, H. 4-2017 | © Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen, 2018