Demokratie heißt nicht Gleichberechtigung Politische Pionierinnen der Linken zwischen Kaiserreich und Republik

Von Margret Karsch

Der Sexismus, die Denunziationen, der beleidigende Ton, den der im November 2016 gewählte US-Präsident Donald Trump gegenüber seiner Konkurrentin Hillary Clinton im Wahlkampf anschlug: All das ist nichts Neues für politische Akteurinnen, heute wie damals. Und immer noch gelten für Frauen und Männer unterschiedliche Regeln – wäre Clinton so aufgetreten wie Trump: Es hätte ihr geschadet, nicht genutzt. Politics is still a man’s game. Dennoch besitzt die Tatsache, dass mit Clinton zum ersten Mal beinahe eine Frau US-Präsidentin geworden wäre, emanzipatorische Wirkung.[1] Geschlecht ist eine Konstruktion; aber so weit, dass wir die zweigeschlechtliche Ordnung und die unterschiedlichen Lebenswirklichkeiten von Frauen und Männernignorieren könnten, ist die Welt noch nicht.

Widerstandsvorbilder

Die Politikerinnen der Weimarer Republik waren allesamt Pionierinnen. Wohl kaum eine von ihnen bezeichnete sich als »Feministin«. Aber als Pionierinnen sind sie feministische Vorbilder – für alle, die Räume betreten wollen, die ihnen aufgrund ihres Geschlechts, ihrer Nationalität, ihrer Hautfarbe, ihrer Religion, ihrer Sexualität, ihres sozialen Milieus oder anderer Kategorisierungen verschlossen sind. Unabhängig von ihrer Parteizugehörigkeit und den von ihnen vertretenen Auffassungen zeigten die Frauen im Deutschen Reichstag und in anderen politischen Institutionen, dass sie verstanden, als Interessenvertreterinnen zu denken und zu handeln. Allein dadurch ermutigten sie andere, sich politisch zu engagieren. Nach der nahezu vollständigen Entmündigung von Frauen noch im Deutschen Kaiserreich musste allein das schon revolutionär wirken und auf den Widerstand der herrschenden Kräfte stoßen, die ihre Pfründen verteidigten. […]

Anmerkungen:

[1] Vgl. Jeffrey A. Karp u. Susan A. Banducci, When politics is not just a man’s game: Women’s representation and political engagement, in: Electoral Studies, Jg. 27 (2008), H. 1, S. 105–115.

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Quelle: INDES. Zeitschrift für Politik und Gesellschaft, H. 2-2017 | © Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen, 2017