Vom »Demonstrativbauvorhaben« zum »Prügelhügel« Eine (subjektive) Geschichte des Holtenser Bergs

Von Katharina Rahlf

Göttingen – die Universitätsstadt – verbinden Besucher für gewöhnlich mit ehrwürdigen akademischen Bauten, dem idyllischen »Ostviertel« mit seinen imposanten Villen oder den restaurierten Fachwerkhäusern der Innenstadt. Doch bereist man die Stadt aus nördlicher Richtung, mit dem Zug oder über die A7, erblickt man zunächst etwas ganz anderes: Auf einer Anhöhe lugt hinter Bäumen eine Ansammlung quaderförmiger Bauten unterschiedlicher Höhe und in roter Farbe hervor. Fast verspielt, niedlich, könnte man meinen, »Legoland«, so einer der netteren Spitznamen, trifft es aus der Distanz ganz gut. Das ist der Holtenser Berg. Eine Stadtrandsiedlung, in den 1960ern am Reißbrett entworfen.

»Was? Du wohnst im Ghetto?« – diese Frage hört man nicht selten, wenn man hier aufwächst. »Fass keine Spritzen an« ist einer der gängigen Warnsprüche, die einem die Mutter vor dem Spielplatzbesuch mit auf den Weg gibt. Auch vor im Sand herumliegenden Bierflaschenscherben sollte man sich in Acht nehmen. Doch als Kind wundert man sich ja nicht über so etwas, warum sollte das außergewöhnlich sein? Und schließlich wächst es sich hier nicht schlecht auf: verwinkelte Wege ohne Autos, große Parkplätze zum Ballspielen, mit dem Rad ist man in fünf Minuten weit draußen auf den Feldern, kann auf Bäume klettern, zur Leine radeln. […]

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Quelle: INDES. Zeitschrift für Politik und Gesellschaft, H. 2-2015 | © Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen, 2015