»Die politische Mission des olympischen Sports ist im Grunde der Kampf gegen den Rassismus« Ein Gespräch mit Gunter Gebauer über sich wandelnde Körperverständnisse, Sport als Selbstzweck, seine politische Dimension und die Notwendigkeit einer neuen Sportethik

Interview mit Gunter Gebauer

Dieser Typus des blinden Gefolgsmannes, der wenige grundlegende Befehle mechanisch ausführt, scheint aber doch in einem ziemlichen Kontrast zu jenem zu stehen, den Sie als modernen Sportler bezeichnen würden. Dieser braucht situative Intelligenz und einen gewissen Eigensinn, um komplexe Strukturen in Spielmomenten durchschauen zu können. Ist der soldatisch und blind Gehorsame dafür nicht absolut ungeeignet?

Richtig. Zum bloßen Gehorsam ist dieser Sportler-Typus wahrscheinlich ungeeignet, aber er könnte in eigenständigen kleinen Kampfverbänden agieren. Dafür braucht es dezentrale Intelligenz, das heißt, man muss auf spezielle Kampfsituationen reagieren, auch fern von einer Zentrale agieren und sich im Wesentlichen über elektronische Verbindungen mit anderen verständigen können. Das ist eine ganz andere Form des Kämpfens. Aber sie müssen, wenn sie im Feld eingesetzt werden, natürlich auch kämpfen können, also auch schweres Gerät tragen. Und auch heute müssen Kämpfer noch als Bodentruppen agieren. Die Amerikaner machen das ungern, sie bevorzugen Luftangriffe. Aber auch in modernen Kriegen bleibt ihnen nichts anderes übrig, als Entscheidungsschlachten auch am Boden zu suchen. Auch das sehen wir im Augenblick in Syrien. Dort werden im Bodeneinsatz lieber andere, die Kurdenverbände oder Iraker, vorgeschickt, man selbst greift aus der Luft an. Gegenüber Kampfverbänden, die blind gehorchen, sind Kollateralschäden in der Zivilbevölkerung einfacher zu rechtfertigen. Gleichwohl: Das Modell des Faschismus mit Massenarmeen, die im Gleichschritt antreten und abmarschieren, hat nichts mehr mit dem zu tun, was diese Verbände heute beherrschen und wie sie kriegerisch eingesetzt werden.

Wird also in der modernen Kriegsführung die Präsenz von körperlichen Kräften zunehmend entbehrlich? Erübrigt sich damit perspektivisch die politisch-militärische Bedeutung des durchtrainierten Körpers und des Sports? ?

Nicht völlig. Um schweres Material tragen zu können, braucht es weiterhin Ausdauer und Kraft. Dennoch stimmt schon, dass diese Eigenschaften zum Teil entbehrlich geworden sind, etwa in der Feinsteuerung von Drohnenangriffen, die interessanterweise häufig auch von Frauen gesteuert werden. Im Großen und Ganzen hat die reine Körperkraft also ihre Bedeutung eingebüßt. Das ist vielleicht zu vergleichen mit der menschlichen Arbeitskraft in der postindustriellen Produktion, in der die körperliche Arbeitskraft tendenziell überflüssig wird, sodass der Körper freigesetzt wird für andere Tätigkeiten: für einen Marathonlauf, für Boxen oder Sonstiges. Die Kräfte, die man dabei gewinnt – Ausdauer, Schlaghärte etc. – werden zwar nicht mehr in Kriegen gebraucht, diese Vorstellung wäre antiquiert. Aber gerade das Antiquierte macht die Sache natürlich wieder reizvoll. Wo braucht es noch die reine Körperkraft? Wo ließe sie sich noch einsetzen? In Prügeleien, die angeblich zumeist in Mittelschicht-Ehen passieren? Aber diese Dinge sind geächtet, als Überbleibsel in einer Gesellschaft, in der die Menschen am Computer sitzen, über soziale Medien kommunizieren und dort anonym ihre Beleidigungen oder Falschmeldungen in die Welt setzen. Wenn heute jemand vor seinem Computer sitzt und Sauereien verbreitet, wird man ihn nicht heroisieren. Wenn dagegen einer, wie in so manchen Filmen, als Einzelkämpfer durch die Welt geht und alle möglichen Dinge demoliert, sind das Reminiszenzen an das alte Heroentum, das jedoch absolut mythisiert wird. Das gibt es, abgesehen von Nah- und Bodenkämpfen, im Grunde nicht mehr. Sport ist in der Moderne in einer paradoxen Weise überhaupt eine antiquierte Sache. Schon als die Olympischen Spiele wiedererfunden wurden, war die Körperkraft derjenigen, die gegeneinander kämpften, nirgendwo mehr richtig einsetzbar – zumal es sich um Mittelschichtbürger und Angehörige der Oberschicht handelte. Die Wettkämpfe waren also eine körperliche Tätigkeit, die ihren Sinn in sich selbst hatte. Hier kommt der Sport in die Nähe von ästhetischen Formen. Pierre Bourdieu hat dies einmal – in Anlehnung an eine Kunstauffassung vom Ende des 19. Jahrhunderts, die die Essenz der künstlerischen Handlung im Kunstmachen um seiner selbst willen sah – als l’art pour l’art des Körpers bezeichnet. Der teilweise funktionslos gewordene Körper sucht sich also eigene ästhetische Funktionen. Das findet auch im Sport einen Ausdruck.

Wenn man sich andererseits die politischen Einflussnahmen auf sportliche Leistungen anschaut, fällt es schwer, von einem rein selbstzweckhaften Sport auszugehen. Zeigt uns nicht zum Beispiel das russische Staatsdoping, dass Sport und Politik heute kaum trennbar sind?

Es ist ja evident: Wenn ein Staat alles daransetzt, seine Sportler so fitzumachen, dass sie im Wettkampf besser abschneiden, als sie eigentlich sind – das ist ja, was Doping bezweckt –, wenn er die Mittel besorgt, Personal und Logistik bereitstellt und die Beteiligten dann auch noch deckt, wie es in Sotschi offenbar passiert ist, dann wird von staatlich organisiertem Doping zu sprechen sein. Das zeigte sich sehr deutlich beim jüngsten russischen Dopingskandal – wenn auch nicht sofort, denn die Russen haben alles getan, um das Spiel zu verwirren. Sie haben Listen vorgezeigt, auf denen einige Sportler als gedopt, die meisten aber als nicht gedopt gelistet waren. Diese stellten sich jedoch als falsch heraus und so wurden Labordokumente angefordert. Solange dies nicht geschah, sollte Russland nicht mehr für Olympische Spiele und Weltmeisterschaften zugelassen werden. Die Laborbefunde wurden schließlich ausgehändigt, doch auch diese stellten sich als gefälscht heraus. Hier offenbarte sich also eine regelrechte Kette von Fälschungen. Und jedes Mal kamen wieder neue Sportler dazu. Nach meinen letzten Informationen sind über tausend russische Sportler des Dopings überführt und etliche Medaillen aberkannt worden. Russland hat den ersten Platz der Nationenwertung bei den Olympischen Winterspielen in Sotschi verloren – das bedeutet einen unglaublichen Prestigeverlust für das Land. Und natürlich kann kein Mensch glauben, dass all das ohne Wissen des Sportministers passiert ist und dieser wiederum ohne Wissen der Staatspitze gehandelt hat. Vermutlich wollte Putin im Detail gar nicht wissen, was dort passierte, aber er wird deutlich gemacht haben, dass er damit einverstanden war, ein wenig an der Schraube zu drehen. Es wird also versucht, den Sport einzusetzen, um das nationale Prestige zu erhöhen, und zwar nicht nur dem Ausland gegenüber, sondern auch im Hinblick auf die eigene Bevölkerung. Gerade in Russland dient Doping vor allem innerpolitischen Zwecken. Sporterfolge haben die Russen immer mit viel Stolz erfüllt, ähnlich war es in der DDR. Es erschüttert den Nationalstolz, wenn sich im Nachhinein herausstellt, dass ein großer Teil dieser Erfolge auf Betrug basierte. Allerdings hatte die UdSSR, schon seitdem sie 1952 in Helsinki zum ersten Mal bei olympischenen Wettkämpfen angetreten war, das Ziel, durch Sporterfolge internationale Anerkennung, Prestige und Macht in internationalen Gremien zu erhalten. Die Russen haben aufgrund der Erfolge ihrer Sportler und ihrer intelligenten Sportinstitutionenpolitik wichtige Positionen im Weltsport besetzt, die sie auch immer noch innehaben. Es gibt noch immer bestimmte internationale Sportverbände, in denen der Präsident oder Vizepräsident ein Russe ist. Deshalb traut sich das IOC nicht, Russland – zumindest auf Zeit – auszuschließen.

Die Übertrumpfungslogik in internationalen Sportwettkämpfen leuchtet in Situationen wie dem Kalten Krieg, also der Systemkonkurrenz, unmittelbar ein. Hier steht sie im Dienste der Herrschaftslegitimation nach innen und des Prestigegewinns nach außen. Ob aber deutsche Sportler heute Medaillen gewinnen oder nicht, spielt doch aber für die Demokratiezufriedenheit in Deutschland und das internationale Prestige, die Stellung des Landes in der Welt, keine Rolle. Woher kommt dann die Medaillenorientierung auch der gegenwärtigen Sportpolitik?

Ihr Befund entspricht genau meinem eigenen. Ich sehe darin wenig Sinn. Das habe ich den Leuten vom Innenministerium und vom Deutschen Olympischen Sportbund auch gesagt. Die meisten Leute aber, die dort die Politik bestimmen, sind von der Zeit geprägt, als die Bundesrepublik von der DDR herausgefordert worden ist. Damals wurde es als Niederlage, als Demütigung empfunden, dass die DDR mit ihren 17 Millionen Einwohnern die 52 Millionen Einwohner zählende Bundesrepublik in der Medaillenbilanz glatt abgehängt hatte – und das, als die DDR zum ersten Mal mit einer eigenen Olympiamannschaft angetreten war, 1972 bei den Olympischen Spielen in München. Dabei hatte die Bundesrepublik in der Erwartung möglichst vieler Medaillen entsprechend viel investiert. Man war stolz auf seine Medaillengewinner und wollte zeigen, dass die Bundesrepublik im internationalen Sportwettkampf eine Rolle spielt, ein starker Sportstaat war und Sport hier sehr gefördert wurde. Dass die DDR der Bundesrepublik 1972 ganz klar den Rang ablief, kränkte viele Politiker und Sportfunktionäre so sehr, dass – im Wissen, dass in anderen Ländern auch Doping betrieben wird – ein Nachdenken darüber einsetzte, sich dieselben Vorteile zu verschaffen. Somit gab es eine Zeit lang ein unausgesprochenes Einverständnis des Innenministeriums Doping betreffend. Aber auch die Presse spielte hier eine Rolle. Die vielen Millionen Euro für den Spitzensport, das sind Steuergelder. Dafür wollen Steuerzahlende angeblich auch Medaillen sehen. Und natürlich lässt man sich zusammen mit den Olympiasiegern gerne feiern, der Verteidigungsminister etwa mit seinen Biathletinnen oder sonstigen Sportlern, die im Sportförderprogramm der Bundeswehr sind. Und so kam Thomas de Maizière in seiner Ministerzeit auf die törichte Forderung, eine stärkere finanzielle Förderung des Spitzensports müsse auch entsprechend mehr Medaillen zur Folge haben. Offensichtlich hat er sich den öffentlichen Diskurs zu eigen gemacht hat. Die Sportfunktionäre selbst sind Getriebene. Sie stehen als Vertreter eines deutschen Sportverbandes da, fordern mehr Fördergelder für ihre Trainer und müssen dann auch entsprechend liefern. Also machen sie Druck auf ihre Trainer. Hier wird es dann unfair, weil die Trainer zum großen Teil hauptamtlich arbeiten: Ihre oft kurzfristigen Verträge und ihre Bezahlung hängen von ihrer Erfolgsquote ab. Um aber jemanden oder eine ganze Sportart richtig aufzubauen, reichen die vertraglich zugesicherten ein oder zwei Jahre aber nicht. Die Trainer stehen also unter enormem Druck, haben auch keine Lobby. Deshalb sollte umso nachdrücklicher betonet werden, dass es auch im Sinne langfristiger Erfolge besser wäre, Nachwuchssportler langsam aufzubauen, anstatt sie – lapidar gesagt – zu verheizen, indem sie schnellstmöglich zu Medaillenkandidaten gemacht werden. In einem Vortrag bei einer Trainerakademie habe ich einmal gesagt, es braucht hier eine bestimmte Ethik: Der Trainer muss sich gegenüber seinen Schützlingen verantwortlich fühlen; und die Sportler müssen die Gelegenheit haben, sich zu überlegen, ob sie dabeibleiben wollen. Viele Sportler bei uns sind Studierende. Eine ganze Menge von ihnen sind bei der Bundeswehr und haben dort Sechs- oder Achtjahresverträge. Nach Ablauf der Verträge bekommen sie eine Abfindung und dann müssen sie schauen, wo sie bleiben. Sehr viele Athleten in den Sommersportarten sind ehrgeizige Leute, angehende Juristen, Geistes- und Ingenieurswissenschaftler. Für die ist der Sport nicht alles. Sie neigen bei Konflikten zwischen Sport- und Berufskarriere dazu, das Sportprojekt aufzugeben. Wenn Sport und Politik nicht voneinander zu trennen sind, müssten internationale Sportverbände nicht die Konsequenz ziehen, Wettkämpfe und Meisterschaften in Ländern, in denen Menschenrechte missachtet werden, zu boykottieren?

Wenn Sport und Politik nicht voneinander zu trennen sind, müssten internationale Sportverbände nicht die Konsequenz ziehen, Wettkämpfe und Meisterschaften in Ländern, in denen Menschenrechte missachtet werden, zu boykottieren?

Erstens müsste man dafür sorgen, dass Weltmeisterschaften oder Olympische Spiele gar nicht erst an solche Länder gegeben werden. Die Leichtathletik-WM 2019 hätte nicht in Katar stattfinden dürfen, doch Sebastian Coe, Präsident des Leichtathletik Dachverbandes, hat das Ganze so gesteuert, dass das Emirat die Weltmeisterschaft bekommen hat. Alles, was an negativen Dingen passiert ist, war absehbar. Es war auch absehbar, dass die Wettkämpfe vor leeren Rängen ausgetragen werden. Schließlich weiß man, dass Katarer keinen Leichtathletiksport betreiben. Zweitens sind Boykotte immer eine schwierige Angelegenheit. Dafür muss es schon sehr hart kommen, denn gegen Menschenrechte verstoßen viele Länder. Hiernach dürften zum Beispiel keine internationalen Meisterschaften in den USA stattfinden, man müsste eigentlich auch die Mannschaft der USA ausschließen – denn dort gibt es die Todesstrafe. Und sie führen Kriege, sie haben auch ungerechte Kriege geführt, ohne Kriegserklärung. Um internationale Ächtung scheren sie sich nicht. Dass Trump nun zum Beispiel Landminen zugelassen hat, wäre eigentlich ein Grund, amerikanische Mannschaften auszuschließen. Wenn man streng vorginge, würde man genügend Ausschlussgründe auch für zahlreiche andere Länder finden. Hierzulande werden Frauen schlechter bezahlt als Männer, Korruption ist recht weit verbreitet – damit könnten auch in Deutschland keine internationalen Meisterschaften stattfinden. Genau betrachtet, kämen dafür dann nur sehr wenige Länder überhaupt infrage. Das macht die Sache schwierig, bedeutet aber nicht, dass man Menschenrechte in diesem Zusammenhang unbeachtet lassen sollte. Ein erster Schritt wäre, zunächst die Länder zu ächten, in denen es gravierende Menschenrechtsbrüche gibt: Institutioneller Rassismus, die Todesstrafe oder fehlende Rechtsnormen müssten Ausschlusskriterien sein. Darüber hinaus sind Boykotte zweischneidige Angelegenheiten. Sie bedeuten den Abbruch allen Verkehrs, dessen Aufrechterhaltung womöglich auch etwas bewirken kann. So argumentiert der Präsident des IOC, Thomas Bach, bei jeder Gelegenheit. Derart pauschal finde ich aber auch diese Gegenposition wenig überzeugend. Ob eine Beteiligung etwas bewirken kann oder man auf diese Weise nur gutheißt, was die anderen machen, das kann nur von Fall zu Fall entschieden werden. Zum Beispiel hätte 1936 die US-amerikanische Mannschaft nicht nach Deutschland fahren sollen. Der Gedanke, dass die Teilnahme gegen den Faschismus wirken könne, war ein großer Irrtum. Das Gegenteil ist eingetreten: Innenpolitisch wurde der Nationalsozialismus durch die Spiele stabilisiert.

Sie haben Sport einmal als das Andere der Arbeit beschrieben, als die Utopie der Arbeitsgesellschaft, in der Genuss, Anerkennung, Gemeinschaft und Solidarität ihren Ort hätten. Wenn wir aber an die Fitnesswelle und den mit ihr verbundenen Leistungs- und Selbstoptimierungsimperativ denken, ist dann Sport nicht vielmehr, wenn man so will, Arbeit mit anderen Mitteln?

Nein, es ist eine andere Seite, wenngleich ähnliche Motive sichtbar werden. Sport ist keine Arbeit. Er ist anders organisiert, anders bezahlt, in der Regel leben Sporttreibende nicht davon und er ist freiwillig. Und doch unterliegt er zum Teil ähnlichen Normen. Die Selbstoptimierung und Selbstvermessung im Zusammenhang mit Sport haben inzwischen enorme Auswüchse angenommen. Wie Menschen sich derart selbst überwachen, bis zur letzten Kalorie und dergleichen, halte ich teilweise für problematischer als die Verhältnisse in der Arbeitswelt. Ich behaupte auch gar nicht, dass Sport in der Gesellschaft, wie sie ist, das Andere der Arbeitswelt darstellt. Sport wurde aber immer zu einer besseren Welt verklärt. Das ist es, was ich mit Sport als Utopie meine. Diese bessere Welt wurde nie realisiert, aber der Sport war lange Zeit – und das ist er vielleicht hier und da heute noch – eine Welt, in der viel Freude gewonnen werden kann. Natürlich variiert das mit der Art der sportlichen Betätigung, aber dass beispielsweise mit dem Fitnessboom keine Freude verbunden ist, würde ich auf keinen Fall behaupten. Diese Freude kann natürlich auch eine masochistische sein, aber es ist trotzdem eine Freude. Zudem ist Sport oft mit Freundschaft verbunden, was überhaupt erst den Gedanken hervorbringt, dass es eine solche Utopie im Kontrast zur Arbeitswelt geben kann. Arbeitsverhältnisse sind in der Regel keine Freundschaftsverhältnisse. Im Sport ist das anders, und zwar nicht nur in der eigenen Trainingsgruppe, sondern teilweise auch zwischen Konkurrenten. Die Sportwelt hat viele humane Züge, andernfalls würde man so etwas gar nicht durchhalten. Ebendas macht sie zu einer utopischen Welt. Man sieht all die schönen Dinge, die dem Sport anhaften und wünscht sich, die Welt wäre grundsätzlich so beschaffen …

… ein Paradies auf Erden …

… aber die Welt ist nie so beschaffen, und auch die positiven Elemente des Sports sind weniger allgemein denn punktuell. Konkurrenz im Sport bleibt Konkurrenz. Sie kann freundlicher sein als jene zwischen Geschäftsfeinden, die sich gegenseitig den Ruin wünschen. Ein Sportler wünscht sich in der Regel nicht, dass sein Gegner zusammenbricht. Aber dass man seinem Gegner nur das Beste wünscht, lässt sich nun auch nicht behaupten. Wer so denkt, ist für den Sport nicht geeignet. Denn trotz seiner humanen Züge geht es am Ende darum, zu gewinnen.

 

Das Gespräch führten Matthias Micus und Katharina Heise.

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Quelle: INDES. Zeitschrift für Politik und Gesellschaft, H. -2020 | © Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen, 2020