Domestizierte Denker Führt die Universitätsreform zum Ende des »freien Intellektuellen«?

Von Alexander Košenina

Intellektuelle sind in den meisten Staaten ziemlich unbeliebt. Sie gelten als schwer regierbar, beanspruchen zu jedem Thema das letzte Wort und verstoßen gegen ein Grundprinzip aller Politik – die Einfachheit. Wer auf Genauigkeit und Wahrheit pocht, verleiht Sachverhalten eine Komplexität, die rasche Entscheidungen behindern und verzögern muss. Seit Platon stehen solche Leute unter Verdacht, im harmlosesten Fall weltfremd und umständlich zu sein – gefährlich aber im schlimmsten. Als zweiten Vorbehalt führt Platon die Kommerzialisierung der Wissensvermittlung in die Diskussion ein. Seine Kritik richtet sich gegen die Sophisten, eine Gruppe öffentlicher Lehrer, die sich ihre Leistung bezahlen ließ, statt den selbstlosen Dienst an der Seele des Menschen in den Mittelpunkt zu rücken. Die Bedeutung von Idealismus wird wohl nirgends greifbarer als in eben diesem Vorbild des reinen Denkers um der Sache willen, dem jede materielle Entschädigung für seine Aufwendung als Sakrileg erscheint. […]

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Quelle: INDES. Zeitschrift für Politik und Gesellschaft, H. 0-2011 | © Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen, 2011